Kinder, Eltern oder Geschwister mit Behinderungen können bei Vorliegen der Voraussetzungen diverse staatliche Leistungen in Anspruch nehmen.
1. Während der Anspruch auf Rehabilitation und Teilhabe einkommens- und vermögensunabhängig besteht, werden andere staatlichen Leistungen inklusive der Eingliederungshilfe bedarfsabhängig nur dann gewährt, wenn der Betroffene seinen notwendigen Lebensunterhalt nicht oder nicht ausreichend aus Einkommen und Vermögen bestreiten kann. Der Hilfeempfänger ist gehalten, sein Einkommen und das gesamte verwertbare Vermögen einzusetzen, bevor er staatliche Leistungen in Anspruch nehmen darf. Das kann auch für eine Erbschaft oder einen Pflichtteil gelten.
2. Der Sozialleistungsträger kann u.U. Ansprüche des Hilfeempfängers auf sich überleiten und damit selbst geltend machen.
3. Bei richtiger Abfassung eines Testamentes können Kinder / Eltern oder Geschwister als Erben / Vermächtnisnehmer eingesetzt werden, ohne dass die Sozialleistungen gekürzt werden. Hierfür wurde die Möglichkeit eines sog. Behindertentestamentes geschaffen. Die Vorgaben sind streng, aber die geliebten Menschen können bedacht und so für diese auch ein Stück Lebensqualität gesichert werden. Hier gibt es verschiedene Möglichkeiten: Das Vor- und Nacherbenmodell, die Vermächtnislösung, die umgekehrten Vermächtnislösung, die Kombinationslösung und die Trennungslösung. Alle Modelle haben Vor- und Nachteile. Um das für den Betroffenen und den zukünftigen Erblasser bestmögliche Modell herauszufinden, müssen die persönliche Situation, die persönlichen Wünsche Vorstellungen und Tatsachen besprochen werden. Wenn die Regelungen richtig aufgesetzt werden, erhält der Beeinträchtigte Schutz vor dem Zugriff von Sozialleistungserbringern auf den übertragenen Erb-/ Vermächtnisteil.
4. Wichtig ist, dass eine Enterbung der pflichtteilsberechtigten Kinder oder Eltern dazu führt, dass der Pflichtteilsanspruch entsteht und auf den Sozialleistungserbringer übergeleitet wird. In diesem Fall, ist das Vermögen des Erblassers für das betroffene Kind oder auch den pflichtteilsberechtigten Elternteil verloren. Dies ist z.B, dann der Fall, wenn Ehegatten das häufig anzutreffende Berliner Testament gewählt haben. Nach dem Tod des ersten Ehegatten wird das Kind enterbt und damit einher geht der Pflichtteilsanspruch. Ein Pflichtteilsanspruch sollte verhindert werden.
5. Selbstverständlich ist das sog. Behindertentestament auch für Beeinträchtigte anwendbar, die geschäftsfähig sind, also z.B. keiner Betreuung unterliegen, sondern ihre Angelegenheiten selbst regeln können.
6. Da jeder Fall bereits aufgrund der Familienzusammensetzung, Krankheitsgeschichte und Vermögensverhältnisse einzigartig ist, ist auch jedes Testament auf die persönlichen Verhältnisse abzustimmen.
Hierzu sollten Sie sich fachkundig beraten lassen.
Juliane Böhm