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Die Erbauseinandersetzung unter Berücksichtigung lebzeitiger Zuwendungen

Silke Schaffer-Nitschke Rechtsanwältin

15.02.2022

Hinterlässt der Erblasser mehrere Erben, sei es durch ein Testament oder bei der gesetzlichen Erbfolge, so hat jeder der Miterben das Recht, die Auseinandersetzung der Gemeinschaft zu verlangen.Im Grundsatz hat die Aufhebung der Gemeinschaft durch Teilung in natura zu erfolgen. Problematisch wird das schon dann, wenn gemeinschaftliche Gegenstände sich nicht in gleichartige Teile zerlegen lassen. Zudem darf durch eine Zerlegung auch keine Wertminderung eintreten. Bestes Beispiel für eine unproblematische Teilbarkeit ist die Teilung von Geld. Bei Münzen sieht das schon ganz anders aus.


Noch schwieriger wird es, wenn sich im Nachlass Grundstücke befinden. Können sich die Erben hier über eine Aufteilung, eventuell über einen Verkauf oder die Übernahme von Anteilen gegen Zahlung eines Ausgleichsbetrages nicht einigen, so bedarf es notfalls der Teilungsversteigerung, bei anderen beweglichen Gegenständen des Zwangsverkaufs zur Herbeiführung der Teilungsreife. Das ist ein langer, auch kostspieliger Weg. Dennoch bleibt im Einzelfall keine andere Möglichkeit, die Aufhebung der Gemeinschaft zu erreichen.

Erblasser können in Testamenten durch Teilungsanordnungen genau vorgeben, wie die Teilung des Nachlasses erfolgen soll, um derartige Streitigkeiten zu vermeiden. Bei der Auseinandersetzung im Übrigen sind jedoch auch lebzeitige Zuwendungen des Erblassers mit zu berücksichtigen. Dies betrifft Vorempfänge wie Ausstattungen, übermäßige Zuschüsse, Beteiligung an Berufsausbildungskosten und Schenkungen, soweit eine Ausgleichung bei der Zuwendung angeordnet wurde. Besonders Schenkungen sind immer wieder Gegenstand von Streitigkeit bei der Auseinandersetzung. So wird schon darum gestritten, ob es sich bei den Zuwendungen tatsächlich um Schenkungen oder möglicherweise Gegenleistungen für erbrachte pflegerische Maßnahmen o. ä. handelt und ob diese später Anrechnung zu finden haben. Manch einer hat auch vergessen, dass er vom Erblasser überhaupt einmal etwas geschenkt bekommen hat.

Erfahrungsgemäß haben viele Eheleute verdrängt, dass sie z. B. das hälftige Familienheim vor unzähligen Jahren einmal vom anderen Partner überschrieben bekamen. Viele berichten erst auf Nachfrage davon, dass sie „sich haben eintragen lassen“.

Dass das womöglich eine Schenkung darstellte, ist den meisten nicht bewusst, hat man doch gemeinsam in die Immobilie investiert. Erst recht nicht erinnern können sich viele Beschenkte, ob in dem dazumal geschlossenen Vertrag vereinbart wurde, dass die Zuwendung schon als vorzeitiges Erbe gelten soll. Die Verträge sind teilweise nicht einmal mehr vorhanden. Die anwaltliche Erfahrung zeigt, dass gerade diese Punkte der sorgsamen Aufarbeitung bedürfen, um den Weg aus der Gemeinschaft richtig führen zu können und eine gerechte Aufteilung ermöglicht wird.

Silke Schaffer-Nitschke
Rechtsanwältin Fachanwältin für Erbrecht