35 Jahre Meine Zeitung

Arbeit beim Ruppiner Anzeiger: Alles, nur keine Langeweile

Reinhard Düsterhöft erzählt über seine Arbeit beim Ruppiner Anzeiger. Der ehemalige Redakteur kann sich noch sehr gut an verschiedene Geschichten seiner langjährigen Arbeit erinnern.

Reinhard Düsterhöft.    Repro: Handke

27.02.2025

Als ich 1996 meine journalistische Laufbahn beim Ruppiner Anzeiger begann, wurde die Redaktion gerade neu strukturiert. Es gab nun beim RA tägliche Seiten für die Bereiche: Stadt Neuruppin, Landkreis Ostprignitz-Ruppin, Stadt Rheinsberg sowie die Amtsbereiche Fehrbellin/ Temnitz und Lindow.

Der Tagesablauf verlief so: Am Vormittag recherchierten die Redakteure. Um 13 Uhr war Redaktionssitzung. Dann kamen alle Themen auf den Tisch. Nun wurde entschieden, was auf die Titelseite kommen sollte. Vorgesehen waren immer der Aufmacher, also der Hauptartikel, das Titelbild sowie ein weiterer Artikel und ein zweites Bild aus dem lokalen Bereich. Dazu kam häufig noch ein Artikel aus dem Lokalsport. Dann machten sich die Redakteure an die Gestaltung ihrer Seiten. Nachdem die fertige Seite schließlich ins Druckhaus geschickt worden war, hieß es dann meistens Aufbruch zu einem Abendtermin.

In meiner Zeit beim Ruppiner Anzeiger habe ich alle Bereiche kennengelernt. Der Reihe nach war ich verantwortlicher Redakteur für die Bereiche Fehrbellin/Temnitz, Landkreis, dann In der Stadtredaktion und schließlich Lindow. Als Lindow-Redakteur übernahm ich auch die Urlaubsvertretung für den Rheinsberger Bereich. Relativ leicht war es in der Stadtredaktion Neuruppin, weil dort immer mehrere Redakteure bzw. Volontäre an der Ausgabe arbeiteten. Zudem konnten die Redakteure in der Stadt Termine vor Ort machen, Gesprächspartner in der Redaktion empfangen oder einen angefangenen Artikel auch mal abspeichern und sich zwischendurch mit einem Informanten treffen. 

Im ländlichen Raum, im Redaktions-Jargon Scholle genannt, war die personelle Besetzung jedoch "auf Kante“ genäht. Das hieß der Redakteur musste täglich eine Seite mit Artikeln und Bildern füllen. Das war ein hartes Brot. Während an der Seite gearbeitet wurde, galt es zwischendurch den Termin mit einem Gesprächspartner für den nächsten Tag zu organisieren. Zudem mussten häufig Artikel oder Bilder für die Titelseite beigesteuert werden. Oder die Lokalspitze Ruppi-Spatz war zu schreiben. Um 19 Uhr oder 19.30 Uhr stand dann bereits eine Stadtverordnetenversammlung oder Gemeindevertretersitzung an, die besucht werden musste. 

Im Fehrbellin/Temnitz-Bereich fielen mitunter drei oder vier Sitzungen auf einen Abend. Da hieß es dann, die mit der interessantesten Tagesordnung aussuchen. Bei den anderen galt es dann am nächsten Tag telefonisch nachzufragen, welche Beschlüsse gefasst wurden bzw. ob es besondere Vorkommnisse gegeben hatte. Das klingt einfacher, als es war, denn oft waren die ehrenamtlichen Bürgermeister berufstätig oder arbeiteten in Berlin. 

Längst nicht immer bekam ich sie bei einem Anruf auch gleich ans Telefon. Zudem lief es auch mit der Computertechnik nicht immer reibungslos. Der Ippen-Verlag hatte seine Ost-Redaktionen mit Computern ausgestattet, die zuvor schon im Westen einige Jahre im harten Redaktionsbetrieb gelaufen waren. So gab es immer wieder mal technische Störungen, die die Arbeit für ein, zwei Stunden lahmlegen konnten. 

Es gab auf der „Scholle“, anders als in der Stadt, wenig offizielle Termine. Den weitaus größten Teil des Materials, das der Redakteur für seine Seite benötigte, musste er durch eigene Recherche beschaffen. Das ging nur durch Überstunden. Mein Arbeitsvertrag bei unserem damaligen Herausgeber, dem Ippen-Verlag, enthielt folgenden Passus. „Die wöchentliche Arbeitszeit beträgt 40 Stunden. Etwaige Überstunden sind mit dem Gehalt abgegolten.“ Tatsächlich betrug die wöchentliche Arbeitszeit dann zwischen 50 und 60 Stunden.

Zwar konnten wir uns nach dem Vorbild der Volkskorrespondenten aus DDR-Zeiten freie Mitarbeiter suchen, deren Tätigkeit honoriert wurde. Doch solche Mitarbeiter waren im ländlichen Raum dünn gesät und oft mussten deren Texte vom Redakteur nachgebessert werden, bevor werden sie veröffentlicht konnten. 

So gab es immer reichlich zu tun. Vormittags auf Termin, nachmittags Arbeit an der Seite und am Abend dann saß ich in einer Gemeindevertretersitzung. Die fand manchmal in einem engen verräucherten Raum statt und verlangte hohe Konzentration. Der Redakteur musste nicht nur mitbekommen, wer da gerade was gesagt hatte, er musste im Zweifelsfalle auch die Schreibweise des Namens klären oder nachfragen, ob er diese oder jene Zahl auch richtig verstanden habe. Schließlich sollte ja alles am übernächsten Tag in der Zeitung stehen. Dort würde es Schwarz auf Weiß nachzulesen sein. Eine Unkorrektheit war dann sozusagen sofort dokumentiert. Der Redakteur aber bürgte mit seinem Namen für die Richtigkeit aller Angaben und es ging immer gleichzeitig um die Seriosität der Zeitung, für die er arbeitete. 

Unternehmen aus der Region

Doch die Probleme lagen nicht immer nur auf Seiten des Redakteurs. Ein Ärgernis für Redakteure war es, wenn ein Gesprächspartner später nicht zu dem stehen wollte, was er gesagt hatte. So kam es vor, dass jemand wenn er nach kritischen Äußerungen über eine Institution oder Person Gegenwind erhielt, plötzlich behauptete, so habe er dies ja nicht gesagt. Kniff jemand auf diese Weise, so war dies auch für den Redakteur eine unangenehme Situation. 

Gelegentlich kam es auch vor, dass ein Gesprächspartner seine Aussagen wieder zurückzog. So hatte ich bei einer Straßenbefragung in Neuruppin einmal die Meinung eines Passanten zu rechtsradikalen Umtrieben notiert. Etwa zwei Stunden später erschien der Mann.