Zukunftszentrum: Drei gute Gründe für Frankfurt

Zukunftszentrum Deutsche Einheit

Zukunftszentrum: Drei gute Gründe für Frankfurt

Eine Stadt, in der Europa jeden Tag gelebt wird, mit vielfältigen Transformationserfahrungen und einer Universität

Platz mit Zukunft: Die Freifläche in der Slubicer Straße. Foto: Thomas Gutke

23.01.2023

Frankfurt gehört zu den Bewerberstädten der ersten Stunde. Bereits im Juni 2021 kündigte OB René Wilke die Bewerbung an, im Oktober 2021 startete die Kampagne „Stadt der Brückenbauer", um die Stadtgesellschaft mit einzubeziehen. Für Frankfurt ist das Zukunftszentrum für Deutsche Einheit und Europäische Transformation eine große Zukunftschance vielleicht die größte seit Gründung der Europa-Universität vor über 30 Jahren. Gute Gründe für die Oderstadt, sich als Standort in den Dienst der Sache stellen zu dürfen, gibt es viele. 

Erstens: Nicht nur in Berlin wuchs eine nach dem Zweiten Weltkrieg geteilte Stadt nach 1990 wieder zusammen mit Verzögerung geschah dies auch in Frankfurt und Słubice. Seit dem Wegfall der Grenzkontrollen ist aus beiden Grenzstädten eine Europäische Doppelstadt geworden. Es gibt heute ein Fernwärmenetz, das beide Städte miteinander teilen. Eine grenzüberschreitende Buslinie und gemeinsame Einrichtungen wie das Kooperationszentrum und die Deutsch-Polnische Touristinformation. Hinzu kommen bilinguale Kindertagesstätten und Bildungsangebote, gemeinsame Feste und Veranstaltungen und vor allem viele gewachsene, deutsch-polnische Verbindungen im Privaten wie im Beruflichen, die dazu beigetragen haben, gegenseitige Vorbehalte abzubauen. Das ist entlang der Grenze ein einmaliges Kapitel europäische Transformationsgeschichte - und es ist noch lange nicht zu Ende geschrieben. In Frankfurt und Słubice wird erlebbar, was es heißt, in einem geeinten, friedlichen Europa zu leben.

„Aus einer lange geteilten Stadt wurde eine Doppelstadt im Herzen Europas.”

Hinzu kommt: Das Grundstück, das Frankfurt in den Wettbewerb einbringt, befindet sich unmittelbar an der Stadtbrücke, die Deutschland mit Polen verbindet - mehr Europa geht nicht.

Zweitens: Die Menschen in Frankfurt wissen, was Transformation, was Umbruch bedeutet. Viele können noch davon erzählen, wie das Halbleiterwerk mit bis zu 8000 Beschäftigten nach 1990 abgewickelt wurde und damit enttäuschte ein ganzer Industriezweig zerbrach. Es folgten Abwanderung, Bevölkerungsverlust und der Abriss kompletter Stadtviertel, Hoffnungen im Zusammenhang mit der Chipfabrik, die nie kam, und auch der Solarindustrie, die nach wenigen Jahren des Booms leere Hallen und wieder Perspektivlosigkeit hinterließ. Aber auch zahlreiche positive Veränderungen haben die Stadt geprägt angestoßen von vielen Frankfurterinnen und Frankfurtern, die nach 1990 Betriebe, Unternehmen, Vereine oder Initiativen gegründet und der Stadt ihr heutiges Gesicht gegeben haben.

Drittens: Frankfurt verfügt mit der 1991 wiedergegründeten Europa-Universität über einen Ort mit geballter Osteuropa- und Transformationsexpertise - ein einzigartiges Netzwerk, von dem das künftige Zukunftszentrum nur profitieren kann. An der Viadrina wird bereits seit Jahren zu Umbrüchen in der Vergangenheit und Gegenwart und auch bevorstehenden Veränderungen in der Zukunft geforscht - ob im Interdisziplinären Zentrum für Polenstudien oder in der European New School of Digital Studies, die sich mit Fragen und Folgen von Digitalisierung und Künstlicher Intelligenz befasst. Die Viadrina ist darüber hinaus mit Studierenden und Beschäftigten aus über 100 Ländern eine der internationalsten Universitäten in Deutschland. Von Frankfurt (Oder) aus werden Brücken gebaut in alle Welt.

Als er das erste Mal die Ausschreibungskriterien gelesen habe, habe er gedacht, „die meinen uns“, hatte René Wilke bei der offiziellen Ankündigung der Bewerbung 2021 gesagt. Die Liste mit guten Argumenten ließe sich fortsetzen. Für Frankfurt sprechen aber auch zahlreiche Fürsprecher und Unterstützer. Die Landesregierung Brandenburg etwa hat sich von Beginn an hinter die Bewerbung der Oderstadt gestellt, Berlin und Mecklenburg-Vorpommern folgten. Genauso wie benachbarte Landkreise und Städte der = Region, ebenso die Europa-Universität, die Nachbarstadt Słubice und die Stadtgesellschaft. Nicht selbstverständlich: Die Bewerbung wurde in zwei Abstimmungen von sämtlichen Fraktionen in der Stadtverordnetenversammlung mitgetragen. thg


Wer noch im Rennen ist

Konkurrenz: Neben Frankfurt gibt es vier weitere Bewerbungen.

Neben Frankfurt (Oder) bewerben sich Halle (Saale) aus Sachsen-Anhalt, Jena und Eisenach aus Thüringen sowie Leipzig zusammen mit Plauen aus Sachsen. Mit Mühlhausen und Sonneberg (ebenfalls Thüringen) sind zwei weitere Bewerberstädte bereits aus dem Rennen.

Die Kampagne der kreisfreien Großstadt Halle (Saale) wirbt mit dem Slogan „Wir wollen Zukunft. Gemeinsam Gestalten". Entstehen soll das Zentrum auf einem Grundstück an einem Verkehrsknotenpunkt in der Innenstadt. Mit „Die Zukunft bleibt anders" ist die Bewerbung von Jena überschrieben. Als Grundstück bringt die Stadt den zentral gelegenen Eichplatz ein, der überwiegend als Parkplatz genutzt wird. Die zweite Bewerberstadt aus Thüringen ist Eisenach. ,,Zukunft gehört ins Zentrum" ist der Slogan, mit dem die Wartburgstadt (42.000 Einwohner) auf ihre Kampagne aufmerksam macht, sie kann mit einer Transformationsfläche auf dem Gelände des ehemaligen Automobilwerks aufwarten. Leipzig und Plauen wollen das Zukunftszentrum gemeinsam nach Sachsen holen und setzen unter anderem auf die Wendegeschichte. red


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