Temnitz: Vorzüge des Landlebens herausstellen

Zu Hause im Amt Temnitz

Temnitz: Vorzüge des Landlebens herausstellen

Im Interview mit Amtsdirektor Thomas Kresse: In die Infrastruktur soll weiter investiert werden

Amtsdirektor Thomas Kresse möchte weitere Industrieund Gewerbebetriebe ansiedeln im Amt Temnitz. Fotos: mae

27.05.2024

Im Märker-Interview schaut Amtsdirektor Thomas Kresse auf das Geleistete und sieht gute Perspektiven für die Zukunft des Amtes Temnitz. 

Worauf sind Sie beim Rückblick auf ihre Zeit als Amtsdirektor besonders stolz?

Thomas Kresse:
Die zurückliegenden Jahre waren aus meiner Sicht für alle Beteiligten arbeitsintensiv – jedoch auch sehr erfolgreich. Uns ist es gelungen, den Fuhrpark der Freiweilligen Feuerwehr des Amtes Temnitz deutlich zu erneuern, in die Kita- und Schulinfrastruktur zu investieren, Wohngebiete auszuweisen und auch der Temnitzpark wurde fast vollständig vermarktet. Alle Investitionen dazu waren erheblich. Viele Projekte konnten nur mit Fördermitteln realisiert werden – die Beschaffung der FFw-Fahrzeuge musste jedoch ohne Fördermittel auskommen. Erfreulich ist, dass sich die Einwohnerzahl des Amtes positiv entwickelt hat. Das Leben auf dem Land hat somit wieder Konjunktur. 

Wo liegen die Schwerpunkte der derzeitigen Entwicklung im Amtsbereich?

T.K.:
Aktuellen sanieren wir für 2,5 Millionen Euro die Schulhöfe an den Grundschulen in Wildberg und Walsleben. Wir hoffen, dass die Ortswehr Wildberg noch in diesem Jahr in die neue gemeinsame Rettungswache des Landkreises einziehen kann. In verschiedenen Ortslagen entwickeln wir derzeit weitere Wohnmöglichkeiten – auch Mehrfamilienhäuser. Hier hoffen wir, dass bei einigen Vorhaben demnächst Planungsrecht gibt. Mit der Sparkasse OPR besprechen wir aktuell den möglichen Baustart der neuen Kita in Dabergotz. Möglicherweise könnte dieser noch in diesem Jahr passieren. Unternehmensansiedlungen – wie der Spatenstich der Trammell Crow Company am 8. Mai im Temnitzpark – sind weiterhin freudige Ereignisse. 

Welche Projekte sollen in naher Zukunft (nächste 3 bis 4 Jahre) angeschoben werden?

T.K.:
Die Schwerpunkte bilden weiterhin Investitionen in die Infrastruktur. Viele Gebäude, die nach den ersten großen Renovierungswelle der 90er Jahren getätigt wurden, müssen mittlerweile erneuert und in Wert gesetzt werden. Themen die heute dazukommen sind energetische Sanierung, aber auch kommunale Wärmeplanung. Die Aufgaben für Kommunen werden vielfältiger. Weiterhin kämpfen wir für die Reaktivierung der Bahnstrecke zwischen Neustadt / Dosse und Herzberg (Mark) mit einem eigenen Halt im Temnitzpark. Mit dem staatlichen Schulamt wollen wir ins Gespräch kommen, ob die Grundschule „Am Mühlenweg“ in Walsleben wieder zur Oberschule entwickelt werden könnte. Auch die Erweiterung des Temnitzparks ist ein entscheidendes Thema der kommenden Jahre. 

Die Schulhöfe der Grundschulen Walsleben und Wildberg werden umgestaltet. Hier zeigt Bauamtsleiterin Jenny Buschow das Projekt Wildberg.
Die Schulhöfe der Grundschulen Walsleben und Wildberg werden umgestaltet. Hier zeigt Bauamtsleiterin Jenny Buschow das Projekt Wildberg.

Welches davon liegt Ihnen besonders am Herzen?

T.K.:
Für mich sind alle Aufgaben gleichermaßen von Bedeutung. Kita, Schule, Wirtschaft, Gebäude- und Straßeninfrastruktur und Versorgung müssen im Einklang und im Gleichschritt entwickelt werden. Welche Projekte besonders bedeutend sind, entscheiden auch immer die kommunalpolitischen Vertreter im Gemeinderat sowie im Amtsausschuss. 

Was sollte getan werden, um das Leben auf dem Lande attraktiver zu machen?

T.K.:
Wir benötigen mehr eigene Entscheidungskompetenz. Der ländliche Raum ist oft fremdbestimmt und andere Behörden entscheiden über die Entwicklung. Insbesondere zur Wohnbauentwicklung werden wir durch den Landesentwicklungsplan Berlin-Brandenburg ausgebremst. Ich glaube die Kommunen vor Ort haben eine gute und eigenen Perspektive und sollten mehr Entscheidungsspielraum bekommen. Darüber hinaus braucht es viele finanzielle Mittel, um die Infrastruktur attraktiv zu halten. Die Entscheidung auf dem Land leben zu wollen, hat auch immer was mit einer guten Kita- und Schulstruktur, einem attraktiven Vereins- und Kulturleben und mit einer guten Verkehrsanbindung zu tun. Man muss die Vorzüge des Landlebens herausstellen und potenzielle Rückkehrer überzeugen. 

Welche demografische Entwicklung zeichnet sich ab?

T.K.:
In der Vergangenheit gab es viele Schätzungen und Statistiken, die alle nicht eingetroffen sind. Demnach hätte das Amt Temnitz bereits nur noch ca. 4.500 Einwohner. Das Gegenteil ist eingetreten – wir haben in den letzten sechs Jahren ca. 6% EW hinzubekommen. Das darf aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Entwicklungen in Prignitz und Ostprignitz grundsätzlich schwierig sind. Hinzu kommt, dass der Anteil der Menschen im erwerbstätigen Alter weiter abnehmen wird. Das bringt bereits heute enorme Probleme mit sich. Ich kenne aber viele Akteure in Verantwortung, die sich dem Trend mit einer guten Arbeit in der Kommune entgegenstemmen wollen. 

Wo sehen Sie noch Potenzial für die weitere Entwicklung?

T.K.:
Durch die Ansiedlung weiterer Industrie- und Gewerbebetriebe sehe ich die Chance die Region weiter voranzubringen. Stabile und erfolgreiche Unternehmern sind ein Segen für jede Kommune. Deswegen ist der Kontakt mit Unternehmern enorm wichtig. Wenn die potenziellen Ansiedlungen dann noch einen guten Branchenmix abbilden oder bestenfalls technischen Innovationscharakter mitbringen, wird es uns gelingen, auch höherwertige Jobs zu schaffen und damit Rückkehrer aus größeren Städten anzusprechen. 

Gibt es Synergieeffekte mit Projekten bei Nachbarn oder dem Landkreis?

T.K.:
Die Gemeinden des Amtes Temnitz liegen in der Mitte des Landkreises - der geografische Mittelpunkt des Landkreises Ostprignitz-Ruppin liegt in Katerbow. Wir bemühen uns um gute Beziehungen zu unseren Nachbarn und haben am Ende alle die gleichen Fragestellungen und Herausforderungen. Durch die Arbeitsgemeinschaft der Bürgermeister und Amtsdirektoren haben wir eine verlässliche Struktur für Austausch etabliert. An diesen Sitzungen ist regelmäßig der Landkreis, aber auch Vertreter von Landesbehörden beteiligt.

Wie ließe sich die Lebensqualität im Amtsbereich weiterentwickeln (z.B. Nahverkehr, Kinderbetreuung, Einkauf, Kulturleben)?

T.K.:
Die Lebensqualität bildet sich über gute Angebote im ländlichen Raum ab. Dazu gehören die von Ihnen erwähnten Themen, wobei jeder einzelne Einwohner unterschiedliche Prioritäten hat. Für mich persönlich sind Angebote für junge Familien und ein gutes Jobangebot vor Ort entscheidend. Kurze Fahrwege und eine verlässliche Betreuungsstruktur für Kinder können ausschlaggebend für die Entscheidung des Wohn- und Lebensort sein. Dass die Menschen in den Gemeinden selbst zum aktiven Kultur- und Vereinsleben beitragen, ist eine weitere Gelingensbedingung. Gleichzeitig wollen wir Angebote für ältere Menschen kreieren, damit diese längsmöglich in ihrem Wohnumfeld - und damit bei uns - verbleiben können.