Liebe Fürstenwalderinnen und Fürstenwalder,
wir leben in einer kräftezehrenden Zeit. Alles fühlt sich irgendwie anstrengend an, nichts scheint mehr „einfach so“ zu gehen. Sicher kennen Sie das Gefühl, gegen Windmühlen zu kämpfen – Baustellen zu bearbeiten, bei denen man nicht vorwärtskommt. Vieles liegt dabei nicht einmal in unserer Hand. Das führt zum Gefühl der Hilflosigkeit und schafft Frust. Die Unzufriedenheit steigt und alle ziehen sich in ihre Kreise zurück. Das dürfen wir nicht zulassen. Tatsächlich können wir mehr beeinflussen, als wir uns im täglichen Windmühlenkampf eingestehen. Aber: Wir müssen es wollen und machen!
Denn nur wir können es besser machen. 2024 steht das Wahljahr an und dem ganzen Politikverdruss müssen wir widerstehen. Wir haben in den vergangenen Jahren erlebt, wie wichtig einzelne Stimmen sein können. Auch ganz kleine Mehrheiten sind Mehrheiten und jeder errungene Sitz zählt. Besonders bei der Kommunalwahl. Hier entscheiden Sie, wer in den kommenden fünf Jahren für die Stadt – also für Sie – die richtigen Entscheidungen treffen wird. Wer die Weichen für die Zukunft so stellen kann, dass wir aus der aktuellen Krisenansammlung gestärkt hervorgehen werden. Stellen Sie sich diese Frage bitte ganz ernsthaft, am besten schon an Weihnachten im Kreis der Lieben. Vielleicht wollen Sie sogar Verantwortung übernehmen – machen Sie es selbst besser! Das ist für unsere Stadt entscheidend. Denn es geht bei der Kommunalwahl eher darum, Personen zu wählen als Parteien. Bei der Landtagswahl im September sieht das dann schon anders aus. Da sollten wir uns fragen: Wer schafft es, die Rahmen so zu setzen, dass Kommunen sich gut entwickeln können? Ich bin mit Herz und Seele Bürgermeister unserer Stadt, daran ändert auch die Kandidatur für den Landtag nichts. Im Gegenteil, das war der Antrieb. Denn was Bürgermeisterarbeit tatsächlich benötigt, ist mehr Freiheit und mehr Rückhalt vom Land, mehr kommunale Selbstverwaltung – einfach weniger Windmühlen auf den Landesebenen plus einer verantwortungsvoll-konstruktiven Zusammenarbeit in der Stadtverordnetenversammlung. Dann kann Fürstenwalde noch mehr.
Probleme müssen benannt und angegangen werden. Dabei darf es dann auch keine Rolle spielen, wer sie benennt. Die Sorgen sind unbedingt ernst zu nehmen. Es schadet der gesamten Gesellschaft deutlich, wenn wir nicht zuhören und Menschen in die allzu schnell geöffneten Schubladen stecken. Denn diese sind vor allem eins: bequem. Das ist gefährlich. Dem müssen wir entgegenstehen, indem wir die Diskussion suchen, sie wieder schätzen lernen. So wie wir es in diesem Jahr mit den Hofgesprächen begonnen haben. Wir haben die Menschen eingeladen, miteinander in die Auseinandersetzung zu gehen und Verständnis füreinander zu entwickeln. Wir brauchen mehr Toleranz für andere Standpunkte, nicht nur in unserer Stadt. Klar, das ist anstrengend, Toleranz ist nichts für Faule. Niemand benötigt Toleranz für Dinge, die man ohnehin gut findet. Tolerieren heißt auszuhalten, aber durchaus auch zu widersprechen. Für mich heißt es, sich mit anderen Standpunkten auseinanderzusetzen. Wichtig finde ich, diese zu hinterfragen und die Menschen nicht reflexartig abzukanzeln. Sonst verstärken wir Gegensätze nur und ändern nichts. Zu welcher Zeit ginge das besser als zu Weihnachten? Üblicherweise wünsche ich Ihnen ja besinnliche Tage voller Ruhe und Geborgenheit – das tue ich auch in diesem Jahr, wir alle müssen schließlich Kraft tanken. Aber in diesem Jahr wünsche ich Ihnen noch mehr. Ich wünsche Ihnen spannende Gespräche und anregende Diskussionen, geprägt von Offenheit und Verständnis. Versuchen Sie zu hören, warum Ihr Gesprächspartner anderer Meinung ist, ergründen Sie die Ursachen. Vielleicht ergeben sich am Ende für alle Beteiligten neue Perspektiven, mehr Verständnis.
2018 sagte Frank-Walter Steinmeier in seiner Weihnachtsansprache: „Immer mehr Menschen ziehen sich zurück unter ihresgleichen, zurück in die eigene Blase, wo alle immer einer Meinung sind – auch einer Meinung darüber, wer nicht dazugehört.“ Wir haben hier – jede und jeder Einzelne von uns – die Gelegenheit, das besser zu machen. Also scheuen Sie nicht das Widerwort, sondern sehen Sie es als Chance. In diesem Sinne: Frohe Weihnachten und uns allen einen guten Start in ein neues Kapitel!
Matthias Rudolph
Bürgermeister Fürstenwalde/Spree