Das OLG Oldenburg hatte mit Entscheidung vom 20.12.2023 zum AZ 3 U 8/23zum Begriff des Barvermögens zu befinden. In dem zu beurteilenden Fall hatte ein Erblasser seine Erben eingesetzt und bestimmt, dass das vorhandene Barvermögen im Rahmen eines Vermächtnisses zu einem Drittel an seine Tochter ausgezahlt werden soll. Die Tochter hatte bereits zuvor in vorweggenommener Erbfolge eine Immobilie unter Anrechnung auf Erb- und Pflichtteil erhalten. Gestritten wurde nunmehr über den Begriff des „Barvermögens“, da das Vermögen des Erblassers neben Bargeld auch Bankguthaben und Wertpapiere umfasste. Der Wortlaut des notariellen Testaments lautete:
„Das bei Eintritt des Erbfalls vorhandene Barvermögen soll zu 1/3 an meine Tochter, geboren am ... 1968, ausgezahlt werden.“
Die Tochter des Erblassers und Klägerin war dabei der Auffassung, der Erblasser habe seine gesamten liquiden Mittel gemeint. Neben dem Guthaben bei Kreditinstituten und Bargeld seinen deshalb auch die vorhandenen Wertpapiere von ihrem Vermächtnis erfasst. Die Erben sahen dies anders, so dass am Ende ein Gericht darüber entscheiden musste, was der Erblasser nun genau gemeint hat.
Unter dem Begriff des Barvermögens verstand man traditionell physisches Bargeld. Die Erweiterung des Zahlungsverkehrs hat jedoch zu einer erweiterten Interpretation geführt. Das OLG Oldenburg, dass der Begriff des Barvermögens durch Auslegung des Testaments zu ermitteln sei. Der Begriff des Barvermögens ist in der heutigen Zeit des überwiegend bargeldlosen Zahlungsverkehrs so zu verstehen, dass damit das Bargeld einschließlich der bei Banken befindlichen sofort verfügbaren Gelder zu verstehen sei. Durch die vermehrte Kartenzahlung hat sich die Verkehrsanschauung des Begriffs „bar“ verschoben. Der Begriff umfasse heutzutage das gesamte Geld, das sofort, also auch über eine Kartenzahlung, verfügbar ist. Wertpapiere fielen hingegen nicht unter den Begriff des „Barvermögens“.
Als Absolvent des Fachanwaltslehrgangs für Erbrecht ist Rechtsanwalt Seehaus schwerpunktmäßig auf den Gebieten des Erb-, Familien- und Grundstücksrechts sowie des Straf-, Verkehrs- und Ordnungswidrigkeitenrechts tätig. Sie erreichen die Kanzlei Seehaus & Schulze im Büro in Werder Mo-Do. von 8.00 - 18.00 Uhr und Fr. 8.00 - 15.00 Uhr unter Tel. 03327/569 511 und im Büro in Bad Belzig Mo-Do. von 9.00 - 18.00 Uhr und Fr. 9.00 - 15.00 Uhr unter Tel. 033841/6020.
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