Rechtsanwälte Wendelmuth und Breywisch: Ich habe mich doch alleine gekümmert!

RECHT & STEUERN

Rechtsanwälte Wendelmuth und Breywisch: Ich habe mich doch alleine gekümmert!

Zur Berücksichtigung von Pflegeleistungen beim Pflichtteil berät Agnes D. Wendelmuth. Zur Vorfinanzierung der Reparaturkosten nach einem Unfall berät Ralf Breywisch.

07.10.2024

Der Pflichtteilsanspruch besteht, auch wenn sich der enterbte Pflichtteilsberechtigte nicht um den Erblasser gekümmert hat – mitunter jahrzehntelang keinen Kontakt zu diesem hatte. Wir wissen aus der Beratungspraxis, dass es Mandanten, die geerbt haben, oft schwer fällt zu akzeptieren, dass der Pflichtteilsanspruch besteht. 

Es ist dann aber ein gewisser Trost, wenn wir den erbenden Mandanten sagen können, dass ihre Pflegetätigkeit für den Erblasser durchaus Berücksichtigung finden kann. Im Gesetz steht dies in § 2057 a BGB. Eigentlich geht es dabei um Quoten von Miterben. Über § 2316 BGB hat die Vorschrift aber auch für den Pflichtteil Relevanz.

Der Gedanke hinter dieser Vorschrift ist folgender: Wenn ein Abkömmling durch seine Pflege dem Erblasser Kosten für eine auswärtige Pflege erspart hat, kann dieser Abkömmling bei der Erbauseinandersetzung eine Ausgleichung unter den erbenden Abkömmlingen verlangen. Im Falle einer Abweichung von der gesetzlichen Erbfolge wird von dem um die Nachlassverbindlichkeiten bereinigten Nachlass der Wert der erbrachten Pflegeleistungen abgezogen und erst dann aus dem Rest der Pflichtteilsanspruch berechnet. 

Hierbei hat das Oberlandesgericht Naumburg am 21.10.2021 (Az. 2 U 11/21) festgestellt, dass auch und gerade unentgeltliche Pflegeleistungen einen Ausgleichsanspruch auslösen, um eine besondere Wertschätzung dieser zu bewirken.

Bei der Berechnung der Höhe des Ausgleichsbetrages kommt es nicht auf eine minutiöse Aufstellung der geleisteten Pflegetätigkeiten an. Der Betrag muss unter Berücksichtigung der Dauer und des Umfangs der erbrachten Leistungen und dem Wert des Nachlasses der Billigkeit entsprechen. Im Streitfall setzt das Prozessgericht die Höhe fest. Eine Kalkulation ist im Vorfeld schwierig.

Agnes D. Wendelmuth
Rechtsanwältin
Fachanwältin für Erbrecht
Fachanwältin für Familienrecht

Deutsche Topanwältin laut FOCUS-Listen 2013 bis 2024.

Alle Artikel unter „Aktuelles“ bei www.wendelmuth.net


Vererbung von Wertpapieren

Unterschied: Als Ganzes oder in Anteilen veräußern? So geht's steuersparend

Sollen Wertpapiere eines Depots vererbt werden, stellt sich aus steuerlicher Sicht die Frage: Besser die Anteile veräußern und den Erlös als Bargeld vermachen oder das Depot übertragen, wie es ist?

Nach Einschätzung des Bunds der Steuerzahler hängt das von vielen Faktoren ab - etwa dem Depotwert, den etwaigen Gewinnen durch Kurssteigerungen sowie dem Verwandtschaftsgrad zwischen Erblasser und Erbnehmer und dem damit verbundenen geltenden Freibetrag. 

Wird das Aktienpaket als Ganzes vererbt, fällt unter Umständen Erbschaftsteuer an, wenn das Vermächtnis den geltenden Freibetrag des Begünstigten übersteigt.

Bei Eheleuten liegt dieser Freibetrag bei 500.000 Euro, bei Kindern beträgt er je 400.000 Euro, bei Enkeln je 200.000 Euro, bei Geschwistern und entfernten Verwandten oder Bekannten 20.000 Euro. Werden die Depot-Anteile zuvor veräußert, werden etwaige Gewinne zusätzlich noch mit der Einkommensteuer beziehungsweise Abgeltungsteuer belegt.

Werden Aktien vererbt, wird für die steuerliche Bewertung der Kurswert am Todestag des Erblassers angenommen. Hat das Depot bis zu diesem Stichtag Gewinn gemacht, rät der Bund der Steuerzahler, das Aktienpaket im Ganzen zu übertragen. So kann eine Versteuerung der Gewinne zunächst vermieden werden - unter Umständen sogar komplett. 

Insbesondere, wenn das Depot an Kinder oder Enkel übertragen wird, die noch keine oder nur geringe eigene Einkünfte haben, kann das vorteilhaft sein. Denn sie können die Aktien dann über die Jahre hinweg selbst Stück für Stück verkaufen und so ihren Sparer-Pauschbetrag von derzeit 1.000 Euro jedes Jahr neu ausnutzen. Schöpfen sie auch den Grundfreibetrag (von 11.604 Euro im Jahr 2024) nicht aus, bleiben sogar noch größere Gewinne unversteuert.

Übersteigt der Gewinn die Freibeträge, profitieren Geringverdiener und Menschen ohne Einkommen unter Umständen noch von einem anderen Vorteil: Liegt der persönliche Steuersatz unter Abgeltungsteuersatz dem von 25 Prozent, wird der Gewinn nur mit diesem versteuert. „Das kann im Rahmen der Günstigerprüfung über die Steuererklärung mit Abgabe der Anlage für Kapitalerträge beantragt werden“, sagt Daniela Karbe-Geẞler vom Bund der Steuerzahler. dpa


Unterhalt steuerlich absetzen

Leisten Sie Unterhalt an Familienangehörige oder den Ex-Partner? Dann können Sie davon steuerlich profitieren. Die Belege dafür sollten immer griffbereit sein. Wer Unterhalt an enge Familienangehörige oder den Ex-Partner leistet, kann die Zahlungen von der Steuer absetzen. Seit es die Belegvorhaltepflicht gibt, müssen Unterhaltsleistende der Steuererklärung dafür auch keine Belege mehr beifügen. Fragt das Finanzamt allerdings nach, sollten die Nachweise zur Hand sein. „Unterhaltszahlungen sollten daher immer überwiesen werden, um einen Kontoauszug zu haben“, sagt Alfred Buchholz, Beratungsstellenleiter bei der Vereinigten Lohnsteuerhilfe (VLH). Wer Unterhalt nicht in Form von Geld, sondern Kost und Logis leistet, muss die Unterhaltshöhe hingegen nicht nachweisen. Zu belegen sind, sofern vorhanden, auch die Einkünfte des oder der Unterstützten anhand von Gehaltsabrechnungen, einem Bafög- oder Rentenbescheid. Denn diese können die Steuerabzüge unter Umständen mindern. Damit das Finanzamt die Angaben überprüfen kann, fragt es auch die Steueridentifikationsnummer von Unterhaltsempfängern ab. 

Zudem wird so Missbrauch vorgebeugt: Denn der mögliche Maximalbetrag für Unterhalt ist mit der unterstützten Person verbunden. Wenn mehrere enge Verwandte an dieselbe Person Unterhalt leisten, wäre der Betrag entsprechend aufzuteilen. dpa


Keine Pflicht zur Vorfinanzierung der Reparaturkosten für den Geschädigten nach einem Unfall; Mietwagenkosten für 51 Tage

Schneller als man denkt ist es passiert, ein Unfall, weil ein anderer Verkehrsteilnehmer nicht aufmerksam war. Bei den derzeitigen Reparaturpreisen beläuft sich ein Unfallschaden schnell auf mehrere Tausend oder sogar Zehntausende Euro. Für den Geschädigten stellen sich dann natürlich viele Fragen. Darf auf die Kostenübernahme der Versicherung gewartet werden, muss gfs. das eigene Ersparte aufgewandt werden oder muss die Kaskoversicherung in Anspruch genommen werden? Hierzu hat das Amtsgericht Berlin-Mitte unter Zitierung der BGH-Rechtsprechung mit Datum vom 12.10.23 Az.: 121 C 17/23 eine lesenswerte Entscheidung getroffen, in der nicht nur noch einmal bestätigt wurde, dass Reparaturverzögerung zu Lasten des Schädigers gehen, sondern auch die Fragen zur Erteilung des Reparaturauftrages erörtert. Das Gericht hat klargestellt, dass der Geschädigte zwar dazu berechtigt, aber nicht dazu verpflichtet ist, den Schaden aus eigenen Mitteln zu beseitigen oder gar einen Kredit zur Schadensbeseitigung aufzunehmen (BGH, Urteil v. 18.02.2020 VI ZR 115/19). Das Gericht hat gleichfalls klargestellt, dass ein Geschädigter auch nicht dazu verpflichtet ist, gegebenenfalls bestehende Rücklagen aufzubrauchen (BGH, Urteil vom 17.11.2020 VI ZR 569/19). Ebenfalls noch einmal bestätigt hat das Gericht, dass der Geschädigte auch nicht dazu verpflichtet ist, eine Vollkaskoversicherung in Anspruch zu nehmen, um die Versicherung des Schädigers zu entlasten. Die Kaskoversicherung wäre nur dann in Anspruch zu nehmen, wenn der Geschädigte von vornherein damit rechnen muss, einen erheblichen Teil seines Schadens selbst tragen zu müssen. In dem Fall des Amtsgerichts hatte der Geschädigte seine Vollkaskoversicherung in Anspruch genommen, die nach dem Unfall am 03.01.22 am 24.02.22 die Reparaturkostenübernahme erteilte, wobei der Reparaturauftrag vom Geschädigten bereits am 18.01.22 erteilt worden war. Am 18.03.22 konnte das Fahrzeug in der Werkstatt fertig gestellt werden. Die gegnerische Haftpflichtversicherung erklärte ihre Haftungsübernahme erst am 14.03.22, somit erst kurz vor Fertigstellung. Nach den Ausführungen des Gerichts bestand tatsächlich erst mit Datum vom 14.03.22 für den Geschädigten eine Verpflichtung, den Reparaturauftrag zu erteilen, weshalb ihm die begehrten Mietwagenkosten für den Zeitraum von 51 Tagen zuzusprechen waren.

Ralf Breywisch
Rechtsanwalt u. Fachanwalt für Verkehrsrecht
Mitglied Arbeitsgemeinschaft Verkehrsrecht des DAV