Prinzip gegenseitiger Rücksichtnahme

RECHT & STEUERN

Prinzip gegenseitiger Rücksichtnahme

Abwägung: Wann eine Störung vorliegt, hängt immer vom Einzelfall ab.

26.08.2024

Laute Musik und Grillgerüche im Sommer, überstehende Sträucher und Hecken, bellende Hunde, streunende Katzen Streitigkeiten unter Nachbarn beschäftigen deutsche Gerichte immer wieder. Die gesetzlichen Grundlagen für Regelungen im Nachbarschaftsrecht finden sich auf Bundes- oder Landes- und sogar auf Kommunalebene. Im Nachbarschaftsrecht gilt vor allem das Prinzip der gegenseitigen Rücksichtnahme.

Als Ausgangspunkt kann jedoch das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB) herangezogen werden. Weitere Regelungen finden sich im öffentlichen Baunachbarrecht. Insbesondere in reinen Wohngebieten gibt es von den Städten bzw. Kommunen festgelegte Satzungen, die beispielsweise die Nachtruhe oder die Nutzung von lauten Geräten an bestimmten Tagen und zu bestimmten Uhrzeiten regeln.

Hausordnung und Mietvertrag

In Mietshäusern finden Mieter entsprechende Regelungen meistens in der Hausordnung oder direkt im Mietvertrag. Wann eine Störung vorliegt, hängt immer vom Einzelfall ab. Lärm durch Kinder müssen Nachbarn grundsätzlich hinnehmen. Das gilt nicht für Geruch, der durch das Grillen auf dem Balkon entsteht. Meistens ist dies sowieso per Hausordnung/Mietvertrag verboten. Anders sieht es aus, wenn Sie ein Haus mit Garten haben. Ihr Nachbar kann Ihnen nicht verbieten, im Garten zu grillen.

Beachten Sie auf jeden Fall die gesetzliche Nachtruhe! Üblicherweise gilt sie zwischen 22 Uhr und 6 Uhr. Übermäßiger Lärm, etwa durch eine voll aufgedrehte Musikanlage oder zu laute Gespräche, ist in dieser Zeit verboten. Manche Gemeinden haben aber auch spezielle, in einer Satzung niedergeschriebene Regelungen, wann besonders geräuschintensive Gartenarbeiten, wie etwa Rasenmähen, durchgeführt werden dürfen.

Grenzbepflanzung - häufigstes Streitthema

Generell gelten die Abstandsregelungen für Bäume und Sträucher sowie Hecken. Allerdings sind die einzuhaltenden Abstände von Bundesland zu Bundesland verschieden. So gilt z. B. in Baden-Württemberg, Berlin, Hessen oder Thüringen für bestimmte Baumarten ein Mindestabstand zur Grundstücksgrenze. In Bayern, Brandenburg, Niedersachsen oder Schleswig-Holstein ist die Höhe der Pflanzen an der Grundstücksgrenze für den Abstand entscheiden. In anderen Bundesländern gibt es kein eigenes Nachbarrecht (z. B. Hamburg, Bremen). Diese Länder beschränken sich auf den kleinen Teil des Nachbarschaftsrechts, der im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) geregelt ist. pm/cr

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Die merkantile Wertminderung für ein verunfalltes Kraftfahrzeug - der BGH hat entschieden

Wie schon im Artikel vom 05.11.23 beschrieben, ist die Wertminderung eines Fahrzeuges eine der Schadenspositionen, die von den Versicherungen immer wieder gekürzt wird. Bei Geschädigten, die zum Vorsteuerabzug berechtigt sind, wurde daher in der Vergangenheit immer wieder vorgetragen, dass die ermittelte Wertminderung des verunfallten Kraftfahrzeugs die Umsatzsteuer mitenthalte, weshalb die Versicherung von der ermittelten Wertminderung grundsätzlich schon einmal 19 % abzog. Zur Begründung wurden vereinzelte Gerichtsentscheidungen zitiert, die dieser Auffassung der Versicherung folgten. Die überwiegenden Entscheidungen der Gerichte gingen tatsächlich jedoch in eine andere Richtung. So auch das Amtsgericht Fürth, in der von mir zitierten Entscheidung in dem oben benannten Artikel. Da der Streit über die Wertminderung vor den Gerichten nicht aufhörte, gelangten nunmehr mehrere Verfahren vor den Bundesgerichtshof, welcher mit Datum vom 16.07.24 Klarheit in dieser Rechtsfrage geschaffen hat (Az. VI ZR 188/22; VI ZR 205/23; VI ZR 239/23 und VI ZR 243/23).

Der BGH hat in diesen Entscheidungen bekräftigt, dass er weiterhin davon ausgeht, dass die merkantile Wertminderung nicht der Umsatzsteuer unterliegt.

Die von den Sachverständigen ermittelte Wertminderung sei allerdings um den Betrag der Umsatzsteuer zu reduzieren, wenn die Wertminderung auf Grundlage des Bruttoverkaufspreises erzielt worden sei.

Hierbei hat der BGH ergänzend darauf hingewiesen, dass dies sowohl für den Vorsteuerabzugsberechtigten als auch den privaten Geschädigten gilt.

Wie den Urteilen weiterhin zu entnehmen ist, geht der BGH davon aus, dass ein Abzug der Umsatzsteuer grundsätzlich dann nicht notwendig ist, wenn im Sachverständigengutachten festgehalten worden ist, dass die ermittelte Wertminderung umsatzsteuerfrei, steuerneutral sei, oder eine Umsatzsteuer nicht ausweise sei.

Hieraus lasse sich der Rückschluss ziehen, dass die Ermittlung der Wertminderung aus dem Nettoverkaufspreises erfolgt ist, sodass ein Abzug grundsätzlich nicht vorzunehmen ist.

Bei einer ordnungsgemäß auf Grundlage des Nettoverkaufspreises ermittelten Wertminderung verbietet sich damit sowohl für den privaten Geschädigten als auch den Vorsteuerabzugsberechtigten ein Umsatzsteuerabzug bei der Wertminderung.

Zur Vermeidung von Rechtsnachteilen sollten Unfallgeschädigte sich daher grundsätzlich anwaltlich vertreten lassen.

Ralf Breywisch
Rechtsanwalt und Fachanwalt für Verkehrsrecht
Mitglied Arbeitsgemeinschaft Verkehrsrecht des DAV


Streit wegen Dachziegeln

Gegen durch Dachziegel kann man als Nachbar grundsätzlich vorgehen. Geht aber von glasierten Dachziegeln keine unzumutbare Beeinträchtigung aus, muss man das hinnehmen. Insoweit hat dann die Baugenehmigung Bestand, zeigt eine Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts Berlin-Brandenburg. Der beklagte Bauherr hatte eine Baugenehmigung. Auf seinem Einfamilienhaus wollte er Sonnenlicht-reflektierende, glasierte Dachziegel. Der Nachbar fühlte sich durch diese Lichtemissionen Lichtreflexionen gestört und verlangte die Aufhebung der Baugenehmigung hinsichtlich der Ziegel. Seine Klage scheiterte bei Gericht.

Zwar ist ein Einschreiten gegen die Lichteinwirkung auf das Nachbargrundstück laut Gericht grundsätzlich möglich. Jedoch kam im Zuge des Verfahrens eine fachliche Stellungnahme des Landesamts für Umwelt, Gesundheit und Verbraucherschutz zu dem Ergebnis, dass die Reflexionen zu keiner unzumutbaren Beeinträchtigung führen. Auf dieses Fachwissen durfte die Bauaufsichtsbehörde vertrauen. dpa