Rechtsanspruch für Raum der Erholung

RECHT & STEUERN

Rechtsanspruch für Raum der Erholung

Schlaflos zuhause: Gut, dass es gesetzlich festgelegte Ruhezeiten gibt, in denen man sich vom Nachbarschaftslärm erholen kann.

Können Sie nicht schlafen, weil Ihre Nachbarn lärmen? Passiert das innerhalb der gesetzlichen Ruhezeiten, können Sie dagegen vorgehen. Foto: Christin Klose/dpa-mag

15.07.2024

Laute Musik aus der Nachbarwohnung, Handwerkerlärm, die Übungsstunde eines Anfängers auf einem Musikinstrument - all das kann die Nerven von Bewohnern in Mehrfamilienhäusern strapazieren. Aber auch im eigenen Haus im Grünen ist man nicht vor unliebsamen Geräuschen gefeit, etwa wenn der Nachbar seinen Rasen mäht oder die Kreissäge anwirft. Gut, dass es gesetzlich festgelegte Ruhezeiten gibt, in denen man sich vom Nachbarschaftslärm erholen kann. „Generell gelten an Werktagen, also Montag bis Samstag, Ruhezeiten nachts von 22.00 bis 6.00 Uhr“, sagt Rechtsanwalt Thomas Pliester von der Arbeitsgemeinschaft Mietrecht und Immobilien im Deutschen Anwaltverein (DAV). „An Sonntagen und gesetzlichen Feiertagen hat ganztägig Ruhe zu herrschen.“ In diesen Zeiten darf weder gebohrt, gehämmert, Rasen gemäht noch laut gefeiert werden.

In vielen Hausordnungen findet man darüber hinaus noch eine Mittagspause von 13.00 bis 15.00 Uhr. Aber diese ist nicht gesetzlich bindend. „Weder auf Bundesebene noch in den Immissionsschutzgesetzen der einzelnen Bundesländer ist eine gesetzliche Mittagsruhe vorgeschrieben“, so der Anwalt. Sind in der Hausordnung Ruhezeiten enthalten, gelten diese auch. „Der Vermieter hat die Pflicht, dafür zu sorgen, dass alle Mieter sich daran halten“, sagt Rolf Bosse, Vorsitzender des Mietervereins zu Hamburg. Er kann sich also nicht heraushalten nach dem Motto: „Das müsst ihr untereinander regeln“. 

Hamburg hat besonders strenge Regelungen

Die Regelungen zu Ruhezeiten können in den einzelnen Bundesländern und Kommunen variieren. In Hamburg gelten sie etwa werktags von 20 Uhr bis 7 morgens sowie an Sonn- und Feiertagen ganztägig. Im Hamburgischen Gesetz zum Schutz gegen Lärm sind in Ruhezeiten Arbeiten unter Einsatz von Werkzeugen oder Geräten verboten, die unbeteiligte Personen durch Geräusche erheblich belästigen. Streitig ist hier allerdings die Frage, ob auch die Mittagsruhe, die in Hamburg meist mit 13.00 bis 15.00 Uhr in den Mietverträgen oder der Hausordnung angegeben ist, ebenfalls einzuhalten ist.

Der Mieterverein zu Hamburg steht auf dem Standpunkt, dass die Ruhezeit einzuhalten ist, wenn Vermieter oder Mieter selbst arbeiten. Sind dagegen Handwerker an der Arbeit, so wird man eine so lange Pause in aller Regel nicht beanspruchen können. Eigentlich dürften unliebsame Geräusche aus der Nachbarschaft kein großes Problem sein, wenn alle Bewohner sich an ein wichtiges Prinzip im Mietrecht halten würden: die Zimmerlautstärke. Die Geräusche in der Wohnung dürfen nur so laut sein, dass sie nicht aus der Wohnung herausdringen. Damit würde kein Nachbar belästigt. Aber in der Realität sieht das oft anders aus. 

Bei Lärmbelästigung: Gespräch suchen

Bewohner klagen über Schrittgeräusche aus der über ihnen liegenden Wohnung, hören sich den Streit ihrer Nachbarn an oder finden keinen Schlaf, weil nebenan gefeiert wird. Oder ein lautes Zuknallen einer Wohnungstür reißt sie frühmorgens aus dem Schlaf. „Wer sich von Nachbarn gestört fühlt, sollte sie darauf ansprechen. Manchmal ist ihnen gar nicht bewusst, welchen Lärm sie verursachen und stellen ihn dann ab“, sagt Rolf Bosse, Vorsitzender des Mietervereins zu Hamburg. Ist der Störer allerdings uneinsichtig, kann man den Vermieter informieren, damit er etwas gegen die Ruhestörung unternimmt. Denn Lärmbelästigung ist ein Mangel an der Mietsache, den der Vermieter beseitigen muss. „An den Vermieter sollte man aber erst dann herantreten, wenn man selbst vergeblich versucht hat, den Störer durch freundliche und sachliche Ansprache oder ein entsprechendes Schreiben zur Einhaltung der Hausordnung zu bewegen“, rät Rolf Bosse.

Eine einfache Beschwerde beim Vermieter reicht jedoch nicht aus, damit dieser aktiv werden kann. „Er muss Beweise haben, dass wirklich eine Ruhestörung vorliegt und vom wem sie verursacht wird“, so Rolf Bosse. Er rät Betroffenen, unbedingt Protokoll über die Störungen zu führen.

Daraus muss sich ersehen lassen, wann mit welcher Dauer welche Art von Störung vorlag. „Zeugen sind wichtig. Das können auch Familienmitglieder sein, selbst wenn sie mit in der Wohnung leben“, so Rolf Bosse. „Wer allein wohnt, kann Besucher oder Nachbarn hinzuziehen.“

Eine gewisse Geräuschkulisse ist hinzunehmen

Nicht nur Geräusche aus der Nachbarschaft, auch Lärm aus der Umgebung der Wohnung kann ein Problem sein. Viel dagegen tun kann man aber nicht.„Lärm aus Gewerbebetrieben in der Nähe oder aus einer Gaststätte müssen Bewohner hinnehmen, wenn diese Betriebe bei ihrem Einzug schon da waren oder abzusehen war, dass sie dort ansiedeln werden“, stellt Thomas Pliester klar.

Auch eine stillgelegte Bahnstrecke könnte reaktiviert werden. Damit müsse man rechnen. Gegen die damit verbundenen Geräusche sind Bewohner machtlos. „Natürlich müssen von den jeweiligen Betreibern alle Vorschriften zum Lärmschutz eingehalten werden.“

Generell kann man davon ausgehen, dass in einem Mischgebiet von Wohnungen und Gewerbe eine höhere Lärmbelastung zu erwarten ist als in einem reinen Wohngebiet. In einem Dorf auf dem Land herrscht auch nicht immer himmlische Ruhe. Hier ist mit Geräuschen zu rechnen, die von Tieren, Traktoren oder Mähdreschern verursacht werden. „Wer dort hinzieht, muss sich wohl oder übel damit arrangieren“, sagt Thomas Pliester. dpa