Onlineshopping boomt - und zwar schon seit Jahren. Nur rund jeder fünfte Deutsche (18 Prozent) zwischen 16 und 74 Jahren hat 2023 laut Statistischem Bundesamt noch nie etwas im Internet bestellt. Und doch kennen selbst versierte Verbraucherinnen und Verbraucher nicht alle ihre Rechte beim Onlineshopping. Trusted Shops, ein Unternehmen, das Gütesiegel für sichere Internetseiten vergibt, klärt über drei wesentliche Wissenslücken auf:
1. Die gesetzliche Widerrufsfrist
Bei Onlinekäufen haben Verbraucherinnen und Verbraucher ein 14-tägiges Widerrufsrecht, innerhalb dieser Zeit können sie also vom Kaufvertrag zurücktreten. Mit Erhalt der Ware beginnt die Frist zu laufen. Wird die Ware an unterschiedlichen Tagen geliefert, obwohl sie zusammen bestellt worden ist, startet die Frist erst mit Erhalt der zweiten Sendung.
Ausgenommen vom Widerrufsrecht sind speziell für Kunden angefertigte oder individualisierte Produkte - etwa ein Fußballtrikot mit besonderer Beflockung oder selbst konfigurierte Sneaker. Auch bei leicht verderblichen Waren wie Lebensmitteln gibt es kein Widerrufsrecht. Gleiches gilt für versiegelte Produkte, wenn das Siegel entfernt wurde.
2. Fehlende Originalverpackung
Selbst wenn die Originalverpackung abhandenkommt, können Käuferinnen und Käufer den Kaufvertrag widerrufen und die Ware zum Händler zurücksenden. Die häufig verwendete AGB-Klausel „Rücksendung nur in Originalverpackung“ ist Trusted Shops zufolge unwirksam. Ein Toaster könne also auch in einem Schuhkarton retourniert werden, ohne dass der Händler das beanstanden kann.
Etwas anderes gilt nur für - meist hochwertige - Produkte, bei denen die Verpackung Teil des Produkts ist. Das kann etwa eine teure Uhr oder ein Parfum sein.
3. Einseitiges Storno des Händlers
Ware ausverkauft? Falscher Preis ausgezeichnet? Das berechtigt einen Verkäufer trotzdem nicht ohne Weiteres dazu, einen gültigen Kaufvertrag einseitig zu stornieren. Das funktioniere nur unter engen Voraussetzungen - zum Beispiel mit einer wirksamen Klausel, die die Lieferung ausschließt, wenn sie dem Verkäufer unmöglich oder unzumutbar geworden ist. Auch eine unverzügliche Anfechtung nach einem anerkannten Preisirrtum berechtigt den Verkäufer dazu, vom Kaufvertrag zurückzutreten. dpa
Pflichtteil schlägt Vermächtnis
Für den Erben ist der Pflichtteil lästig und schmälert sein Erbe. Dem Pflichtteilsberechtigten selbst ist damit jedoch eine Mindestteilhabe am Nachlass des Erblassers möglich.
Eine Erblasserin versuchte, testamentarisch den von ihr eingesetzten Erben noch zusätzlich zu begünstigen, indem sie zu seinen Gunsten zusätzlich ein beschränktes Vorvermächtnis über den wesentlichen Nachlass hinsichtlich der Wohnung und des Hausrates verfügt hat. Zusätzlich erhielt der Ehegatte des eingesetzten Erben noch ein lebenslanges Wohnrecht. Der testamentarische Erbe verweigerte jegliche Zahlung eines Pflichtteils mit dem Hinweis darauf, dass nach Abzug des Vorvermächtnisses und des lebenslangen Wohnrechts kein positiver Nachlasswert mehr verbleibe. Das OLG Koblenz hat in seinem Beschluss vom 03.07.2020 zum Aktz. 12 U 107/20 den testamentarischen Erben mit folgendem flotten Spruch in die Schranken verwiesen: „Im Ergebnis schlägt somit das Pflichtteilsrecht das Vermächtnis.“
Bei der Ermittlung des Nachlasswertes sind zwar Nachlassverbindlichkeiten abzuziehen, soweit sie berücksichtigungs-fähig sind. Das gleiche gilt für Auflagen. Allerdings geht das Pflichtteilsrecht dem Vermächtnisrecht vor mit der Folge, dass diese Vermächtnisse und Auflagen rechnerisch nicht zu berücksichtigen sind.
In einem anderen Fall hat die Erbin geltend gemacht, dass gegen den Nachlass vom Bruder der Erblasserin noch diverse Ansprüche geltend gemacht worden sind. Hierüber schwebte jedoch ein Rechtsstreit, so dass das Bestehen und die Höhe der Ansprüche noch nicht festgestellt waren. Die Erbin wollte die Pflichtteilsansprüche solange nicht bezahlen, bis die Forderung geklärt sei.
Nach der Auffassung der Richter des OLG Koblenz gemäß Beschluss vom 14.08.2020, Aktz. 12 W 173/20, durfte die Erbin das jedoch nicht. Ungewisse Verbindlichkeiten sind nach § 2313 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2, Satz 1 BGB bei der Feststellung des Wertes des Nachlasses außer Ansatz zu lassen. Die Erbin musste also zunächst die hohen Pflichtteilsansprüche begleichen und war später darauf angewiesen, Rückforderungs-ansprüche in Höhe der überzahlten Beträge gegen die Pflichtteilsberechtigten geltend zu machen. Ob sie diese Ansprüche noch realisieren kann oder nicht, ist ihr Risiko.
Letztlich urteilten die Richter allerdings auch mit Urteil vom 14.07.2020 des Oberlandesgerichts Brandenburg, Aktz. 3 U 38/19, zugunsten eines Erben. Sie haben festgestellt, dass der Erbe die dem Pflichtteilsberechtigten geschuldete Auskunft nach § 2314 BGB nicht eigenhändig unterschreiben muss. Er kommt seiner Auskunftspflicht auch nach, wenn er sich hier zur Übermittlung dritter Personen, also eines Rechtsanwalts bedient.
Rechtsanwältin Lu Neugaertner Fachanwältin für Miet- und Wohnungseigentumsrecht Rechtsanwaltskanzlei Neugaertner, Neugaertner & Neugaertner
Webinar statt Präsenzschulung?
Kann ein Arbeitgeber die Übernahme von Übernachtungs- und Verpflegungskosten verweigern, weil den Mitgliedern der Personalvertretung zeitgleich die Teilnahme an einem Webinar möglich war? Mit dieser Frage hat sich das Bundesarbeitsgericht in seiner aktuellen Entscheidung vom 07.02.2024 – 7 ARB 8/23 beschäftigt.
Die Personalvertretung einer Düsseldorfer Luftverkehrsgesellschaft wollte zwei in das Gremium nachgerückte Mitglieder zum Seminar „Betriebsverfassungsrecht Teil 1“ nach Binz auf Rügen senden. Der Arbeitgeber bat aus Kostengründen darum, ein ortsnahes Seminar oder ein zeitgleich stattfindendes und inhaltlich gleiches Webinar auszuwählen. Daraufhin wurden beide zu einer Grundlagenschulung nach Potsdam geschickt, was mit einer Kostenersparnis von ca. 500 Euro verbunden war.
Der Arbeitgeber verweigerte die Kostenübernahme der Übernachtungs- und Verpflegungskosten für die Veranstaltung in Potsdam, da diese Kosten nicht erforderlich gewesen seien. Das Webinar hätte ausgewählt werden müssen, weil es kostengünstiger war und der Lerneffekt in diesem Format sogar höher sei.
Da sich keine Einigung erzielen ließ, musste das Bundesarbeitsgericht den Streit entscheiden.
Das Bundesarbeitsgericht wies nochmals darauf hin, dass dem Betriebsrat bei der Entscheidung über die Erforderlichkeit einer Schulungsteilnahme eine Beurteilungsspielraum zusteht. Dabei hat er auch betriebliche Verhältnisse zu beachten und ein angemessenes Verhältnis von Schulungszweck und Kosten zu berücksichtigten. Der Betriebsrat muss aber keine umfassende Marktanalyse machen, um den kostengünstigsten Anbieter auszuwählen. Auch die Auswahl des Schulungsformates sowie Methoden und Art und Weise der Wissensvermittlung steht nach Auffassung des Bundesarbeitsgerichtes im Beurteilungsspielraum des Betriebsrates. Es steht ihm zu, zu entscheiden, von welcher Schulungsform er sich den größten Schulungserfolg verspricht. Das Bundesarbeitsgericht konnte auch keine unangemessene Belastung des Arbeitgebers erkennen und verpflichtete ihn zur Übernahme der vollständigen Kosten der Präsenzschulung.
Sollten Sie Mitglied einer Personalvertretung sein, können die Ausführungen des Bundesarbeitsgerichtes in dieser aktuellen Entscheidung bei der Auswahl Ihrer nächsten Schulung von Bedeutung sein.
Weitere Informationen gern bei Rechtsanwältin Nadja Semmler, Fachanwältin für Arbeitsrecht
Festivaltickets: Ansprüche bei Absage
Wegen des Wetters ganz abgesagt oder abgebrochen: Kann ein Festival oder Konzert nicht wie geplant stattfinden, sollten Ticketbesitzer ihre Ansprüche geltend machen. Ansprechpartner ist in der Regel der Veranstalter. Also die Agentur, die auf der Eintrittskarte vermerkt ist, so die Verbraucherzentrale.
Meist besteht ein Anspruch auf teilweise oder vollständige Rückerstattung des Ticketpreises. Manchmal behält das Ticket seine Gültigkeit für einen Ersatztermin. Wer es genau wissen will, schaut in die Geschäftsbedingungen (AGB). Es kann auch sein, dass man selbst nicht zum Event kommen kann. Wer dann sein Ticket nicht verfallen lassen, sondern weitergeben möchte, scheitert oft daran, dass viele Festivalkarten inzwischen personalisiert sind. Es kann aber sein, dass ein Ticket auf eine andere Person umgeschrieben werden kann. Auch hier hilft ein Blick in die AGB. dpa
Rund ums Testament
Immer wieder lösen Testamente Streit aus, weil sie Begriffe enthalten, die beteiligte Personen z.B. Miterben/Kinder verschieden verstehen:
1. Begriff Barvermögen
Häufig ist in Testamenten, die eine Verteilung des Nachlasses vorsehen, der Begriff „Barvermögen“ enthalten, z.B. Petra soll das Barvermögen erhalten und Klaus das Auto. Dann entsteht später häufig Streit darüber, was dieser Begriff alles umfassen soll, was also Petra alles erhalten soll. In Frage kommen u.a.: Münzen und Scheine oder Bankguthaben oder Wertpapiere usw. Das OLG Oldenburg hat 2023 in einem Fall entschieden, dass der Begriff des Barvermögens das gesamte Geld umfasst, das sofort, also über eine Kartenzahlung, verfügbar ist. Wertpapiere fallen nicht unter den Begriff des Barvermögens. Vielmehr werden Wertpapiere durch den erweiterten Begriff des Kapitalvermögens mit abgedeckt, der das Barvermögen einschließlich weiterer Kapitalwerte in Geld beschreibt.
Das OLG Karlsruhe hat dies 2007 angenommen, dass der Begriff “das vorhandene Bargeld auch „leicht verfügbare Bankguthaben“ erfasst und dazu auch die frei veräußerliche Kapitalanlagen, wie sie die hinterlassenen Depots enthalten haben, noch gehören.
Das OLG München hingegen hat 2023 entschieden, dass es keine Regel gibt, nach der unter dem Begriff „Bargeld“ zwangsläufig auch das auf Bankkonten liegende Geld umfasst wird. Das auf Bankkonten liegende Geld ist ersichtlich „unbar“.
2. Vollerbe / Alleinerbe
Der Begriff des Alleinerben in einem gemeinschaftlichen Testamenten von Eheleuten schließt die Möglichkeit einer Vor- und Nacherbschaft nach - Ansicht der Rechtsprechung nicht unbedingt aus.
3. Begriff gleichzeitiges Versterben/ Ableben
Der BGH hat 2019 entschieden: Die Formulierung in einem gemeinschaftlichen Testament über die Einsetzung des Schlusserben „bei gleichzeitigem Ableben” oder „bei gleichzeitigem Versterben” ist dahingehend auszulegen, dass hiervon auch die Fälle erfasst werden sollen, in welchen die Ehegatten innerhalb eines kurzen Zeitraums nacheinander versterben und der Überlebende in dieser Zeitspanne daran gehindert ist, ein neues Testament zu errichten. Anders kann dies jedoch im Einzelfall sein, z.B. wenn die späteren Erblasser beim Errichten des Testamentes den Begriff des „gleichzeitigen Ablebens” entgegen dem Wortsinn dahingehend verstanden haben, dass er auch das Versterben in erheblichem zeitlichen Abstand umfassen soll, und wenn sich darüber hinaus eine Grundlage in der vorliegenden Verfügung von Todes wegen findet. Damit Ihr Wille auch tatsächlich ausgeführt wird, sind klare und eindeutige Regelungen so wichtig.
Weiterführende Informationen können gerne bei Juliane Böhm, Fachanwältin für Erbrecht & Verkehrsrecht eingeholt werden.