Häufig fällt es Mandanten bei der Erörterung des Pflichtteilsanspruches eines Abkömmlings des Erblassers schwer, zu akzeptieren, dass dieser auch dann besteht, wenn sich der enterbte Pflichtteilsberechtigte nicht um den Erblasser gekümmert hat - mitunter jahrzehntelang keinen Kontakt zu diesem hatte.
Mitunter ist es dann aber immerhin ein gewisser Trost, wenn wir den erbenden Mandanten sagen können, dass ihre Pflegetätigkeit für den Erblasser durchaus Berücksichtigung finden kann. § 2057 a BGB, der über § 2316 BGB auch pflichtteilsrelevant ist, sieht vor, dass, wenn ein Abkömmling so dem Erblasser Kosten für eine auswärtige Pflegekraft erspart hat, dieser bei der Erbauseinandersetzung eine Ausgleichung unter den erbenden Abkömmlingen verlangen kann. Im Falle einer Abweichung von der gesetzlichen Erbfolge wird von dem um die Nachlassverbindlichkeiten bereinigten Nachlass der Wert der erbrachten Pflegeleistungen abgezogen und erst dann aus dem Rest der Pflichtteilsanspruch berechnet.
Hierbei hat das Oberlandesgericht Naumburg am 21.10.2021 (Az. 2 U 11/21) festgestellt, dass auch und gerade unentgeltliche einen Pflegeleistungen Ausgleichsanspruch auslösen, um eine besondere Wertschätzung dieser zu bewirken.
Bei der Berechnung der Höhe des Ausgleichsbetrages kommt es nicht auf eine minutiöse Aufstellung der geleisteten Pflegetätigkeiten an. Der Beitrag muss unter Berücksichtigung der Dauer und des Umfangs der erbrachten Leistungen und dem Wert des Nachlasses der Billigkeit entsprechen. Im Streitfall setzt das Prozessgericht die Höhe fest.
Agnes D. Wendelmuth
Rechtsanwältin
Fachanwältin für Erbrecht
Fachanwältin für Familienrecht
Deutsche Topanwältin laut FOCUS-Listen 2013, 2016 bis 2023
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