Darum ist die gefühlte Inflation so viel höher

RECHT & STEUERN

Darum ist die gefühlte Inflation so viel höher

Phänomen Nicht immer stimmt unsere Wahrnehmung.

Bei jedem Produkt im Korb unterschiedlich: der Preiszuwachs. Foto: F. Sommer/dpa-mag

30.05.2023

Wie erwartet hält die Europäische Zentralbank auch bei ihrer jüngsten Sitzung an ihrem Kurs fest und erhöht den Leitzins zum siebten Mal in Folge - auf nun 3,75 Prozent. Das Ziel: die noch immer hohe Inflation im Euroraum wieder in den Griff zu bekommen. 7 Prozent betrug die Teuerungsrate laut Statistikamt Eurostat im April im Vergleich zum Vorjahresmonat. In Deutschland waren es sogar 7,2 Prozent.
Für viele Menschen fühlt es sich so an, als hätten die Preise sehr viel stärker zugelegt. Die Ursache dieses Phänomens erklärt Prof. Johannes Treu, Professor für Allgemeine BWL und VWL an der IU Internationalen Hochschule, im Interview.

Woher kommt es, dass Verbraucherinnen und Verbraucher die Inflation höher empfinden, als sie tatsächlich ist?
Prof. Johannes Treu: Dafür gibt es mehrere Gründe. Verbraucherinnen und Verbraucher neigen dazu, Preiserhöhungen bei bestimmten Produkten und Dienstleistungen, die sie regelmäßig kaufen, stärker wahrzunehmen als Preissenkungen bei anderen Produkten. Zum Beispiel können steigende Preise für Lebensmittel, Mieten und Gesundheitsdienstleistungen die Wahrnehmung der Inflation verstärken, obwohl die Preise für andere Waren und Dienstleistungen möglicherweise stabil geblieben oder sogar gesunken sind.
Preiserhöhungen bleiben außerdem grundsätzlich besser im Gedächtnis als Preissenkungen. Hinzu kommen Erwartungseffekte. Wenn Verbraucherinnen und Verbraucher erwarten, dass die Inflation steigt, nehmen sie die auch eher wahr.
Die offizielle Inflationsrate wird anhand eines Warenkorbs berechnet, der eine breite Palette von Gütern und Dienstleistungen abdeckt. Der Warenkorb kann aber nicht alle individuellen Konsumgewohnheiten abbilden. Verbraucherinnen und Verbraucher können das Gefühl haben, dass die Inflation höher ist, wenn sie persönlich eine höhere Inflation bei den von ihnen gekauften Gütern erleben. 

Wie können Verbraucherinnen und Verbraucher die Falschwahrnehmung vermeiden?
Prof. Treu:
Zum Beispiel indem sie regelmäßig die offiziellen Inflationsraten überprüfen und mit den eigenen Erfahrungen vergleichen. So kann man eine realistische Einschätzung der tatsächlichen Inflation bekommen. Wer zusätzlich die eigenen Erinnerungen an Preise und Kosten überprüft, stellt sicher, dass es dabei nicht zu Verzerrungen kommt.
Außerdem hilft es, auf die Preise aller Produkte und Dienstleistungen zu achten, die regelmäßig gekauft werden - nicht nur auf bestimmte. Sind die Preise einzelner Waren tatsächlich stark gestiegen, könnte man nach Alternativen suchen oder das Konsumverhalten ändern, um die Auswirkungen aufs Budget zu minimieren.

Lässt sich aus der Situation auch etwas Gutes ziehen, anstatt in Panik zu verfallen?
Prof. Treu: In Panik zu verfallen ist generell das Schlimmste, was man jetzt tun könnte. Vielmehr sollte man jetzt die Chance nutzen, sein Konsumverhalten zu ändern und seine finanzielle Bildung zu verstärken, damit man die gesamtwirtschaftlichen Zusammenhänge versteht. So wird auch langfristig die individuelle wirtschaftliche Widerstandsfähigkeit gestärkt.
dpa


Wie wichtig ist ein Testament?

Häufig wird mit dem Argument: ,,Ist doch noch Zeit, noch habe ich nicht vor zu sterben...." die Errichtung eines Testaments immer wieder verschoben. Auch das Argument, dass das Gesetz hinreichend Regelungen zur gesetzlichen Erbfolge bereithalte, wird häufig benutzt, um die Errichtung eines Testaments immer wieder hinauszuschieben. Häufig wird dann erst von den Hinterbliebenen schmerzlich festgestellt, dass eine testamentarische Verfügung fehlt. Sicherlich denkt niemand gerne über die eigene Endlichkeit nach, denn hiermit muss man sich beschäftigen, wenn man sich mit der Errichtung eines Testaments befasst. Es gibt jedoch durchaus gute Gründe, ein Testament zu verfügen. Richtig ist, dass das Bürgerliche Gesetzbuch die Erbfolge, die in Kraft tritt, wenn kein Testament verfügt worden ist, regelt. Gemäß gesetzlicher Erbfolge sind gesetzliche Erben der ersten Ordnung die Abkömmlinge des Erblassers, also dessen Kinder, wenn diese nicht mehr leben, dessen Enkel, und wenn auch diese bereits verstorben sein sollten, dessen Urenkel. Gesetzliche Erben der zweiten Ordnung sind die Eltern des Erblassers und deren Abkömmlinge, somit die Geschwister des Erblassers bzw. deren Kinder, also die Nichten und Neffen des Erblassers.

Neben den Kindern eines Erblassers erbt gemäß gesetzlicher Erbfolge auch dessen Ehepartner/in, dies allerdings nur zu einem Viertel. Hinzu tritt der pauschalierte Zugewinnanspruch des länger lebenden Ehepartners in Höhe eines weiteren Viertels, dies jedoch nur bei gesetzlichem Güterstand, also sofern eine Zugewinngemeinschaft besteht.
Insofern würde der länger lebende Ehepartner, wenn kein Testament vorliegt, nur die Hälfte des Nachlasses des verstorbenen Ehepartners erhalten, die zweite Hälfte des Nachlasses würde sich auf die Kinder des Erblassers bzw. auf die gemeinsamen Kinder verteilen. Jedoch ist es von Ehepartnern häufig gar nicht gewünscht, dass ihre Kinder nach dem Tod des zuerst Versterbenden bereits gemeinsam mit dem hinterbliebenen Ehepartner gesetzliche Erben werden. Ist beispielsweise Sparvermögen vorhanden,  so erben neben dem länger lebenden Ehepartner die gemeinsamen Kinder ohne testamentarische Regelung bereits nach dem Tod des zuerst versterbenden Elternteils die Hälfte seines Sparvermögens. Ist ein Grundstück vorhanden und fehlt es an einer testamentarischen Verfügung der Eheleute, die gemeinsam Eigentümer der Immobilie sind, so erben die Kinder nach dem Tod des zuerst versterbenden Elternteils ohne Vorliegen eines Ehegattentestaments von dessen hälftigem Eigentum an der Immobilie die Hälfte, somit ein Viertel.

Dies ist häufig von Eheleuten gar nicht gewollt, zumal bei einer unmittelbaren Beteiligung der Kinder am Hausgrundstück diese oder deren Gläubiger einen Verkauf bzw. eine Versteigerung der Immobilie erzwingen könnten. Zumeist möchte man, dass der länger lebende Ehepartner zunächst Alleinerbe des gesamten Nachlasses wird und die gemeinsamen Kinder erst dann erben, wenn auch der länger lebende Ehepartner verstorben ist. Häufig ist es nur vergessen oder aber immer wieder verschoben worden, ein kurzes gemeinschaftliches Testament zu errichten. Dieses Versäumnis kann dann, wenn einer der beiden Ehepartner bereits verstorben ist, nicht mehr korrigiert werden. Insofern ist es durchaus sinnvoll, sich die Zeit zu nehmen, um über die eigene Endlichkeit und die erbrechtliche Situation nach dem eigenen Tod nachzudenken und doch noch ein Testament zu verfügen.
Mit weiteren Informationen zu diesem Thema steht Frau Rechtsanwältin Claudia Salein www.claudia-salein.de , ihren Mandanten gerne zur Verfügung.

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