Wenn beide wollen, kann es (einigermaßen) schnell gehen. Das war das Ergebnis von Teil 1. Doch wie sieht es aus, wenn ein Ehepartner an der Ehe festhält? Die Fälle, wo dies aus einseitiger emotionaler Verbundenheit geschieht, sind eher selten. Meist geht es um wirtschaftliche Gründe: Bis zur Rechtskraft der Scheidung gibt es Trennungsunterhalt (und nicht nur für ein Jahr, wie so mancher meint). Einziges Trostpflaster: Nachehelicher Unterhalt wird tendenziell für einen kürzeren Zeitraum gewährt, wenn die Trennungsphase lang war. Ein weiterer Grund für Verzögerungen: Die Verwertung der gemeinsamen Immobilie ist kaum möglich. Gerade in Zeiten teurer Mieten spart der verbleibende Partner im Haus viel Geld. Last but not least lassen sich Kostenrisiken vor allem für teure Zugewinnverfahren minimieren.
Wenn ein Partner die Strategie des langen Scheidungsverfahrens verfolgt, hat der andere Ehegatte einen schwierigen Stand. Alle Themen, die ein Ehegatte ins Scheidungsverfahren „reinpackt“, muss das Gericht zunächst vollständig bearbeiten, denn es gibt am Ende nur eine einheitliche Entscheidung. Gerade ein Verfahren über den Zugewinn kann mehrere Jahre dauern. Eine Trennung von Scheidung und den sonstigen Folgesachen ist im Härtefall möglich. Einen solchen nimmt das Gericht aber frühestens nach zwei Jahren an – und dann müssen noch weitere Umstände hinzukommen. Anerkannt ist z.B. der Fall des Kindes aus der neuen Beziehung und der Wunsch, den neuen Partner zu heiraten. Im Einzelfall kann eine vorzeitige Beendigung der Zugewinngemeinschaft eine Lösung sein, um die Scheidung zu beschleunigen.
Ein Scheidungsverfahren kann länger dauern als so manche Ehe. Wer sich eine jahrelange Auseinandersetzung ersparen möchte, muss Kompromisse eingehen, wird also finanzielle Zugeständnisse kaum vermeiden können. Ohne Schmerzen geht es selten schnell, wenn einer bremst.
Dr. Christoph Schäfer, MBA Fachanwalt für Familienrecht bei Fachkanzlei wendelmuth Rechtsanwälte
Top Kanzlei 2021 und 2022 im Familienrecht lt. Magazin Stern
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Versicherung muss insgesamt 57 Tage à 119 € Nutzungsausfall nach einem Unfall zahlen
Nach einem Unfall im Straßenverkehr gibt es viele Frage zu beantworten, so auch die Frage, wie lange ein Mietwagen bezahlt oder Nutzungsausfall erstattet wird, wenn das Auto unfallbedingt nicht mehr verkehrssicher ist. Diese Frage kann nicht mit einer konkreten Zahl beantwortet werden. Es kommt vielmehr auf den jeweiligen Einzelfall an.
Mit Urteil vom 17.04.23 entschied das Amtsgericht Brandenburg, dass dem dortigen Geschädigten insgesamt ein Nutzungsausfallzeitraum von 57 Tagen zu 119 € pro Tag zu ersetzen ist (Az. 31 C 29/22). In dem Verfahren war zwischen den Parteien unstreitig, dass der Kläger am 10.08.2021 unverschuldet in einen Verkehrsunfall mit einem ausländischen Fahrzeug verwickelt worden war, weshalb von der regulierungsbeauftragten Versicherung außergerichtlich die Freigabe der Reparatur in der Fachwerkstatt gefordert worden war. Die Versicherung gab diese Erklärung jedoch nicht ab und kündigte von den kalkulierten Reparaturkosten von über 23.000 € nur einen Betrag in Höhe von 15.672 € an, womit eine Reparatur nicht möglich war.
Die Versicherung wurde daher aufgefordert, die Differenz der Reparaturkosten zu bezahlen, was von der Versicherung in der Folgezeit abgelehnt wurde mit dem Hinweis, man werde die weiteren Kosten erst nach Vorlage der Rechnung ausgleichen.
In Erwartung der angekündigten Zahlung der Versicherung über die 15.672 € erteilte der Kläger der Werkstatt den Auftrag, die Reparatur vorzunehmen, ohne dass das Geld tatsächlich schon überwiesen worden war. Das Fahrzeug wurde am 06.10.21 an den Kläger repariert ausgeliefert. Bis zu diesem Zeitpunkt waren 57 Tage vergangen, von denen die Versicherung nur 17 Tage zahlte, weshalb der Kläger seinen weitergehenden Anspruch vor Gericht geltend machen musste.
Der Versicherung war nach dem Unfall durch den anwaltlich vertretenen Kläger unmittelbar mitgeteilt worden, dass er aus eigenen wirtschaftlichen Mitteln nicht dazu in der Lage war, einen Reparaturschaden in dieser Höhe aus eigenen Mitteln vorzufinanzieren und somit auf eine zügige Regulierung durch die Versicherung angewiesen war. Der Anspruch des Klägers auf Nutzungsausfall wurde durch das Gericht im Urteil voll bestätigt. Das Gericht wies daraufhin, dass der Kläger nicht dazu verpflichtet gewesen wäre, einen Kredit aufzunehmen. Er hätte sogar mit seinem Reparaturauftrag warten können, bis tatsächlich ein Geldeingang zu verzeichnen gewesen wäre.
Zur Vermeidung von Rechtsnachteilen nach einem Verkehrsunfall sollte daher immer anwaltliche Hilfe in Anspruch genommen werden, wobei diese bei einem unverschuldeten Unfall auch von der gegnerischen Haftpflichtversicherung zu tragen ist.
Ralf Breywisch, Rechtsanwalt u. Fachanwalt für Verkehrsrecht, Mitglied Arbeitsgemeinschaft Verkehrsrecht des DAV