Sattelfest werden

Pferdeland

Sattelfest werden

Auch Erwachsene können noch reiten lernen - Guter Unterrricht und viel Fachwissen sowie Übung und Geduld führen zum Erfolg

HSIMAGES

10.07.2022

Mit einem Pferd über Wiesen galoppieren, im Schritt gemütlich durch den Wald bummeln, über Hindernisse springen oder scheinbar spielerisch leicht übers Dressurviereck schweben: Jeder sechste Deutsche könnte sich einer Studie des Deutschen Reiterverbandes zufolge vorstellen, mit dem Reiten anzufangen.

Der durchschnittliche Interessent ist demnach 45 Jahre alt und damit dem typischen Anfängeralter weit entwachsen. Wichtige Fragen von potenziellen Reitanfängern und die Antworten darauf im Überblick.

Kann ich in jedem Alter mit dem Reiten anfangen?

„Das hängt eher vom Gesundheitszustand als vom Alter ab", sagt die Pferdewirtschaftsmeisterin Christine Hlauscheck aus Lahnstein. Wer körperlich und mental fit ist, kann sogar im höheren Alter mit dem Reiten beginnen. Es gibt nur wenige Vorerkrankungen, bei denen es nicht ratsam ist, aufs Pferd zu steigen. Dazu zählen eine ausgeprägte Arthrose, ein Bandscheibenvorfall und Probleme mit dem Gleichgewicht.

,,Mein ältester Reitanfänger war ein 68-jähriger Mann, der bis dahin noch nie auf einem Pferd gesessen hatte", sagt die Reitlehrerin Sabine Nägler. Ihrer Erfahrung nach sind erwachsene Reitanfänger mit sehr viel Begeisterung und Wissbegierde bei der Sache - sie müssten sich nur darüber im Klaren sein, dass es bei ihnen länger dauere als bei Kindern oder Jugendlichen, bis sie geschmeidig im Sattel sitzen.

Ist Reiten schwer?

Der Mensch sitzt dabei nicht gemütlich wie auf der Couch, sondern auf einem sich bewegenden Lebewesen. Koordination und Gleichgewicht sind enorm gefragt. ,,Es ist ein sehr feiner, komplexer Sport", sagt Hlauscheck.

Der Reiter muss geschickt auf die Bewegungen des Pferdes eingehen und sehr auf seinen eigenen Körper achten. Schon mit einer unfreiwilligen Gewichtsverlagerung, einer unabsichtlichen Beinbewegung oder einem versehentlichen Zucken in den Händen kann er das Pferd zumindest irritieren - oder gar eine Reaktion auslösen, die er nicht wollte. All das erfordert viel Konzentration. Zudem ist Reiten kein Sport, der autodidaktisch gelernt werden könne. Daher ist für Sabine Nägler wichtig, guten Unterricht zu erhalten und sich Fachwissen anzueignen.

Wie finde ich eine gute Reitschule?

Sabine Nägler schlägt vor, Reiter zu fragen. Beim Besuch eines Stalls sollte darauf geachtet werden, dass die Pferde einen gepflegten, zufriedenen und gut genährten Eindruck machen. Sie sollten möglichst artgerecht gehalten werden, also Kontakt zu Artgenossen haben, auf die Weide dürfen und in einer sauberen Unterkunft leben. Der Reitlehrer sollte einen kompetenten und freundlichen Eindruck machen. Empfehlenswert sind zumindest für den Anfang Einzelstunden.

Woher weiß das Pferd, was der Reiter will?

,,Beim Anfänger weiß es gar nichts, es tappt völlig im Dunkeln. Deswegen ist der schwerste Job für ein Pferd der Unterricht mit Reitanfängern", erklärt Nägler. Im Laufe der Zeit lernt der Reiter, dem Pferd mit Gewichtsverlagerungen sowie Beinen und Händen seinen Willen mitzuteilen.

Wie lange dauert es, bis man Reiten kann?

Reiten lernt man nie, sagen Fachleute. Denn der Sport ist komplex, hinzu kommen die unterschiedlichen Reaktionsmöglichkeiten der Pferde. Wer sich damit zufrieden gibt, ein Pferd in allen Gangarten alleine reiten zu können, braucht trotzdem einen langen Atem. ,,Zwei bis fünf Jahre, alles andere ist utopisch", sagt Nägler. Sie rät zum Reitunterricht mindestens einmal und besser zweimal in der Woche. dpa


Pferd und Mensch

Das Pferd ist dem Menschen heute wertvoller Partner im Sport und in der Freizeit und sogar im Bereich der Gesundheitsförderung und Therapie.

Reitende Kinder profitieren beispielsweise in hohem Maß von ihrem Hobby. Mit der Liebe zum Pferd entwickeln sie Verantwortungsgefühl, Zuverlässigkeit und Disziplin. Der Vierbeiner lehrt Empathie und Einfühlungsvermögen. Reiten bringt Kinder in Bewegung und fördert Balance und Feinmotorik.

Naturerleben spielt eine große Rolle, fragt man Pferdesportler nach ihrer Motivation. Die Bewegung im Gelände mit dem Partner Pferd eröffnet neue Blickwinkel und hilft, vom Alltag zu entspannen.

Pferde werden erfolgreich bei der (heil-)pädagogischen Entwicklungsförderung, bei der Behandlung seelischer Beeinträchtigungen und in der Physio- sowie Ergotherapie eingesetzt.

Geschätzt 48.000 Pferde, 24.000 Pferdebesitzer und 32.000 Reitsportler gibt es in Berlin-Brandenburg. Der Landesverband Pferdesport Berlin-Brandenburg (LPBB) zählt 16.000 Pferdesportler in 460 Vereinen und 190 Betrieben. In der Region Oder-Spree führt der LPBB sechs Mitgliedsbetriebe auf; zum Kreisreiterverband gehören 29 Vereine. Quelle: lpbb-de