Erbrecht: Die Testierfähigkeit

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Erbrecht: Die Testierfähigkeit

 

10.01.2022

Ist man mit der gesetzlichen Erbfolge nicht zufrieden, kann durch eine letztwillige Verfügung eine hiervon abweichende Bestimmung über den Nachlass getroffen werden. Diese Möglichkeit, frei testieren zu können, besteht jedoch nicht uneingeschränkt. So kann ein Testament nicht errichten, wer aufgrund seines Gesundheitszustandes, z. B. nach einem schweren Schlaganfall, die Bedeutung seiner Willenserklärung nicht erkennen und deshalb auch nicht verständig handeln kann. Ändert sich der Gesundheitszustand zu einem späteren Zeitpunkt, kann auch ein Erkrankter beim Entfallen einer vorübergehenden Bewusstseinstrübung gleichwohl wieder voll testierfähig werden. Auch jede Testamentserrichtung vor der Vollendung des 16. Lebensjahres ist ausgeschlossen. Ein Betreuter ist zunächst unbeschränkt testierfähig, es sei denn, die Testierfähigkeit ist aufgrund seines Gesundheitszustandes ausgeschlossen.

Der Betreute bedarf zur Errichtung einer letztwilligen Verfügung auch keiner Einwilligung seines Betreuers. Fehlt zum Zeitpunkt der Errichtung die Testierfähigkeit, wird das Testament nicht von selbst wirksam, wenn erst zu einem späteren Zeitpunkt die Testierfähigkeit vorliegt. Hat also eine Person vor der Vollendung des 16. Lebensjahres oder im Falle einer gesundheitlich bedingten vorübergehenden Bewusstseinstrübung ihren letzten Willen beispielsweise in einem Testament kundgetan, wird dieses auch nicht zu einem späteren Zeitpunkt wirksam. Es muss vielmehr ein neues Testament errichtet werden.

In einem Erbrechtsstreit muss regelmäßig derjenige, der sich auf die Unwirksamkeit einer letztwilligen Verfügung beruft, die fehlende Testierfähigkeit nachweisen. In Zweifelsfällen sollte sich der Testierende ein ärztliches Attest ausstellen lassen, welches seine Testierfähigkeit bescheinigt. Das kann bei späteren Streitigkeiten zwischen möglichen Erben von ausschlaggebender Bedeutung sein und somit gewährleisten, dass die Nachlassabwicklung auch so erfolgt, wie es sich der Erblasser zu seinen Lebzeiten einmal vorgestellt hat.

Rechtsanwalt Thomas Brehmel, Sozius der Rechtsanwalts- und Fachanwaltskanzlei Mauersberger & Kollegen, Bahnhofstraße 52, 14612 Falkensee, Tel. 03322-24 26 87. (www.rechtsanwalt-mauersberger.de)

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