Anwaltshaftung im Familienrecht: Wechselmodell und Unterhalt hoch 2

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Anwaltshaftung im Familienrecht: Wechselmodell und Unterhalt hoch 2

Teil 3 einer Serie zu typischen Fehlern, die Geld kosten können.

12.04.2022

Kümmern sich beide Eltern um die Kinder und betreuen sie z.B. wochenweise, stellt dies nicht nur hohe Anforderungen an die Kommunikation von Mutter und Vater. Auch beim Streit um den Unterhalt gibt es eine böse Falle: Haben die Eltern das gemeinsame Sorgerecht, kann keiner der beiden den anderen Elternteil wirksam auf Zahlung von Unterhalt in Anspruch nehmen. Diese Möglichkeit hat nur, wer das Kind überwiegend betreut. Und daran fehlt es ja gerade beim paritätischen Wechselmodell. Es gilt hier der Grundsatz, dass beide Eltern das Kind gemeinsam vertreten. Deshalb ist für die Geltendmachung von Unterhalt entweder die gerichtliche Bestellung eines Ergänzungspflegers oder eine gerichtliche Übertragung eines Teils des Sorgerechts notwendig. Vorher gerät der Elternteil nicht mit seiner Unterhaltsverpflichtung in Verzug. Beachtet der Anwalt dies nicht, kann Unterhalt zwar über einen sog. familienrechtlichen Ausgleichsanspruch geltend (gemacht werden. Kosten für vergebliche Verfahren können aber zur Anwaltshaftung führen.

Gleiches gilt bei der Kombination aus Eilverfahren und „normalem" Verfahren zum Unterhalt. Spricht das Familiengericht im Eilverfahren eine Unterhaltverpflichtung aus, reicht dies selbst bei regelmäſiger Zahlung nicht aus, um das Hauptverfahren zu verhindern. Verliert der Schuldner das Hauptsacheverfahren ebenfalls, hat er auch diese Kosten zu tragen. Der Anwalt muss entweder im Eilverfahren (Vergleich mit endgültiger Wirkung) oder danach (z. B. über das Jugendamt) dafür sorgen, dass er einen „normalen" Titel schafft. Falsch ist folgende Argumentation: Es gibt bereits den Titel aus dem Eilverfahren, weshalb das weitere Verfahren mutwillig ist. Der Gläubiger hat nämlich Anspruch auf einen endgültigen Titel. Der Unterhaltschuldner muss den Unterhalt natürlich nur einmal bezahlen. Die Verfahrenskosten des Hauptsacheverfahrens sind jedoch ein vermeidbarer Schaden.

Dr. Christoph Schäfer, MBA 

Fachanwalt für Familienrecht bei Fachkanzlei wendelmuth Rechtsanwälte 
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Haftet betrunkener Beifahrer mit?

Wer sich neben einen betrunkenen Autofahrer setzt, haftet für seine erlittenen Verletzungen nach einem Verkehrsunfall mit - in der Regel zu einem Drittel.

Dass ein Beifahrer selbst erheblich alkoholisiert war, ändert daran nichts. Das zeigt ein Urteil (Az.: 7 U 2/20) des Oberlandesgerichts Schleswig, auf das die Arbeitsgemeinschaft Verkehrsrecht des Deutschen Anwaltvereins (DAV) hinweist.

Im konkreten Fall ging es um einen Mann, der am Nachmittag des Unfalltages mit dem späteren Fahrer bereits erhebliche Mengen an Alkohol getrunken hatte. Beide arbeiteten am Garagentor des Fahrers und fuhren anschließend mit dem Auto in eine Gaststätte.

Frühmorgens fuhren die beiden mit dem Auto los, der spätere Kläger als Beifahrer. Die Fahrt endete bei überhöhter Geschwindigkeit in einem Aufprall auf ein landwirtschaftliches Fahrzeug.

Beim Fahrer wurden 1,68 Promille ermittelt, beim Beifahrer 1,71 Promille. Dieser erlitt beim Unfall schwerste Verletzungen und konnte auch nach langer stationärer Behandlung nicht mehr als selbstständiger Metallbauer arbeiten.

Zunächst zahlte die Versicherung des Fahrers ein Schmerzensgeld von 30 000 Euro sowie weitere 10 000 Euro als frei verrechenbaren Vorschuss.

Der Mann forderte, auch aufgrund erlittener Dauerschäden, insgesamt 95 000 Euro. Die Versicherung warf dem Mann vor, gewusst oder zumindest erkannt zu haben, dass der Fahrer betrunken war. Auch hätte er zum Zeitpunkt des Unfalls keinen Gurt getragen.

Der Mann brachte ein, er hätte nicht bemerkt, dass der Fahrer betrunken gewesen war. Er sagte aus, er hätte sich die meiste Zeit in der Gaststätte in deren Toilette mit Magen-Darm-Problemen befunden. Gerichte mussten klären.

Das Landgericht gab dem zum Teil statt. Der Mann musste sich ein Mitverschulden von einem Drittel anrechnen lassen, so dass ihm nur weitere rund 43 000 Euro zustanden. Und künftiger Schaden sei auch nur zu zwei Dritteln zu ersetzen.

Dass der Kläger nicht angeschnallt war, sah das Gericht als erwiesen an. Außerdem habe er gegen die Eigensorgfalt verstoßen, als er zu dem Betrunkenen einstieg. Dass er selbst ebenfalls alkoholisiert war, stand demnach seiner Mitschuld nicht entgegen.

Als weitere Instanz bestätigte das Oberlandesgericht das Urteil. Die Untersuchungen eines Sachverständigen untermauerten: Der Kläger war nicht angeschnallt gewesen. Auch das Eigenverschulden wurde bekräftigt, da der Mann bei einem «erkennbar betrunkenen Fahrer» ins Auto stieg. dpa

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