Dass der enterbte Pflichtteilsberechtigte zur Berechnung seines Pflichtteilsanspruches einen Auskunfts- und ggf. Wertermittlungsanspruch gegen den Erben hat, ist landläufig bekannt. Hintergrund ist, dass der Pflichtteilsberechtigte sich die benötigten Informationen grundsätzlich nicht selbst beschaffen kann. Hiervon gibt es aber zwei wichtige Ausnahmen:
(1.) Zum einen hat der Pflichtteilsberechtigte ein sog. berechtigtes Interesse nach § 12 der Grundbuchordnung, d. h. er darf Einsicht in das Grundbuch und Grundakten nehmen und sogar Abschriften z. B. von Schenkungsverträgen verlangen.
Hierfür muss der Pflichtteilsberechtigte seine Stellung, also Verwandtschaft oder Ehestatus, sowie den Todesfall mit der jeweils entsprechenden Urkunde nachweisen. Gegen diese Einsichtnahme kann sich der Erbe auch nicht wehren.
Von diesem Recht auf Einsicht in das Grundbuch gibt es wiederum eine Ausnahme, nämlich wenn der Erblasser dem Pflichtteilsberechtigten seinen Pflichtteil entzogen hat und dieser Ausschluss auch offensichtlich durchgreift.
(2.) Zum anderen kann der Pflichtteilsberechtigte aus der Nachlassakte das Verzeichnis zur Gebührenberechnung verlangen.
Das Landgericht Mainz hat sogar auf ein Einsichtsrecht des Pflichtteilsberechtigten in die Betreuungsakte erkannt. Dies dürfte von den meisten Gerichten aber anders gesehen werden.
Wichtig ist, dass all diese Recherchemöglichkeiten erst greifen, nachdem der Todesfall eingetreten ist. Für eine vorherige Prüfung zur hypothetischen Geltendmachung von Pflichtteilsansprüchen fall bestehen vor dem Todessolche Rechte nicht, da auch der Pflichtteilsanspruch selbst erst nach dem Tod geltend gemacht werden kann.
Agnes D. Wendelmuth
Rechtsanwältin
Fachanwältin für Erbrecht
Fachanwältin für Familienrecht
Deutsche Topanwältin laut FOCUS-Listen 2013, 2016 bis 2022
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