Um Pflichtteilsansprüche geltend machen zu können, muss zunächst der Nachlassbestand ermittelt werden. Der Pflichtteilsberechtigte kann diesbezüglich ein Nachlassverzeichnis verlangen. Sollten nach Vorlage eines einfachen Nachlassverzeichnisses Zweifel bestehen, hat der Pflichtteilsberechtigte das Recht ein von einem Notar errichtetes Nachlassverzeichnis zu verlangen, bei dessen Erstellung er zugegen ist.
Das OLG Frankfurt hatte mit Beschluss vom 12.10.2021 - 10 W 29/21zu beurteilen, wie es sich mit diesem Recht des Pflichtteilsberechtigten verhält, wenn dieser zahlreiche vom Notar vorgeschlagenen Termine immer wieder ablehnt. Im zu beurteilenden Fall, lehnte die Pflichtteilsberechtigte und Auskunftbegehrende den ersten Termin wegen Urlaubsabwesenheit ihres Anwaltes ab. Die weiteren zeitnahen Termine lehnte sie ab, da diese zu kurzfristig anberaumt seien. Darauffolgende drei weitere Terminvorschläge sagte sie wegen urlaubsbedingter Abwesenheit in den Herbstferien ab. Es folgten noch zweimal jeweils drei Terminvorschläge seitens des Notariats, welche mit Hinweis auf die Pandemiesituation seitens der abgelehnt Pflichtteils berechtigten wurden. Der Notar errichtete somit das Verzeichnis letztlich ohne Anwesenheit der Pflichtteils berechtigten, was diese nunmehr rügte.
Die Rüge der Pflichtteilsberechtigten war unberechtigt, so das OLG Frankfurt. Das Verlangen zur Aufnahme hinzugezogen zu werden, war vorliegend unter den konkreten Umständen treuwidrig, da die Pflichtteilsberechtigte mit keinem der zahlreich vorgeschlagenen Termine des Notars einverstanden war und dadurch die Aufnahme des Verzeichnisses in ihrer Anwesenheit verhindert hat. Besonders das pauschale Berufen auf Pandemiegründe genüge nicht, da die Empfehlungen auf notwendige Reisen zu verzichten, sich auf Privatreisen bezogen und zeitweise bestehende Beherbergungsverbote mit negativen Corona-Tests hätten überwunden werden können. Zudem war die zukünftige Pandemieentwicklung nicht absehbar und eine Verlegung auf unbestimmte Zeit der Erbin nicht zumutbar. Es sei richtig, dass Termine mit einer gewissen Vorlaufzeit vorgeschlagen werden müssen, wer aber sämtliche Terminvorschläge bisher abgelehnt hatte, sei es auch gerechtfertigt, hätte eine erhöhte Kooperationsbereitschaft erkennen lassen müssen. Da es hieran seitens der Pflichtteilsberechtigten fehlte, war der Notar berechtigt, das Verzeichnis auch ohne diese aufzunehmen.
Rechtsanwalt Seehaus ist schwerpunktmäßig auf den Gebieten des Erb-, Familien- und Grundstücksrechts sowie des Straf-, Verkehrs- und Ordnungswidrigkeitenrechts tätig. Sie erreichen die Kanzlei Seehaus & Schulze im Büro in Werder Mo-Do. von 8.00 - 18.00 Uhr und Fr. 8.00 - 15.00 Uhr unter Tel. 03327/ 569 511 und im Büro in Bad Belzig Mo-Do. von 9.00-18.00 Uhr und Fr. 9.00 -15.00 Uhr unter Tel. 033841/ 6020. Termine können auch außerhalb der Sprechzeiten vereinbart werden.