Wann ist der Notruf die richtige Wahl?

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Wann ist der Notruf die richtige Wahl?

SOS: Wenn es wirklich eine Extremsituation gibt, ist die 112 unumgänglich.

Der Notruf 112 ist nicht in jeder Situation die richtige Wahl. Sind aber Leben in Gefahr, sollte man keine Scheu haben, den Notruf abzusetzen. Foto: J. Kalaene/dpa-mag

09.10.2023

Zweimal die Eins, einmal die Zwei: Tippt man mit zitternden Fingern diese Nummer ins Telefon, dann ist die Lage ernst. Vielleicht hat die kleine Tochter Reinigungsmittel geschluckt und wirkt nun benommen. Oder an der Bushaltestelle ist ein älterer Mann bewusstlos in sich zusammengesackt. Oder man selbst ist zu Hause auf der Treppe ausgerutscht und kann sich nur unter extremen Schmerzen bewegen.

In Situationen wie diesen ist klar: Hilfe wird gebraucht - und zwar schnell. Einige zögern, wenn es darum geht, einen Notruf abzusetzen oder sich aus eigener Kraft in die Notaufnahme zu begeben. Andere tun es, obwohl es vielleicht gar nicht notwendig wäre. Wie trifft man die richtige Entscheidung? Ein Notfallmediziner klärt auf.

Wann sollte ich die 112 wählen?

„Wenn es sich um eine plötzlich aufgetretene, lebensbedrohliche Situation handelt, die keinen Aufschub erlaubt, sondern die Hilfe sofort kommen muss“, sagt Martin Massmann. Er ist Oberarzt in der Zentralen Notaufnahme der Schön Klinik Neustadt (Schleswig-Holstein).

Wer sich unsicher ist, selbst unter Schock steht, wählt besser den Notruf. „Lieber einmal häufiger als einmal zu wenig“, sagt Massmann. Denn die Fachleute in der Leitstelle folgen im Telefonat einem Fragebogen, der auf eine schnelle Einschätzung der Situation ausgelegt ist. Und sie entscheiden dann, was am besten zu tun ist - ob etwa ein Rettungswagen mit Notarzt oder Notärztin losgeschickt wird.

Was sind konkrete Beispiele für medizinische Notfälle?

Ein Anzeichen für eine möglicherweise lebensbedrohliche Situation ist laut Massmann Atemnot. Denn sie kann auf verschiedene ernste Erkrankungen hindeuten, etwa auf eine Lungenembolie, eine allergische Reaktion oder einen Herzinfarkt. Bei letzterem kommen oft Schmerzen in der Brust oder im Rücken zwischen den Schulterblättern dazu. Ein Schlaganfall ist ebenfalls ein Notfall. Auf ihn deuten eine verwaschene Sprache oder einseitige Lähmungen von Arm, Bein oder Gesicht hin. Treffen kann es auch Jüngere, zehn bis 15 Prozent der Schlaganfälle kommen laut der Deutschen Schlaganfall-Gesellschaft bei Menschen vor, die jünger als 55 Jahre sind. Bewusstlosigkeit kann ebenso ein Anzeichen für einen Schlaganfall sein. Auch bei einem Unfall mit Verletzten ist der Notruf die richtige Wahl. Denn mögliche Knochenbrüche gehören in die Notaufnahme. Ebenso starke Blutungen - vor allem dann, wenn man gerinnungshemmende Medikamente einnimmt. Bei einem Erwachsenen kann ein Blutverlust von einem Liter lebensbedrohlich sein. Ärztliche Hilfe ist auch nach Stromunfällen gefragt, selbst dann, wenn es einem nach einem Stromschlag erst mal gut geht. Auch Stunden später kann es noch zu einem Herzstillstand kommen.

Und was sind keine Fälle für die Notaufnahme oder den Notruf 11??

„Wenn man einen fieberhaften Infekt, eine starke Erkältung oder einen Magen-Darm-Infekt hat, sind das keine Situationen für den Notruf“, sagt Notfallmediziner Massmann. Denn die Kapazitäten der Einsatzkräfte sind begrenzt. „Das Problem: Man besetzt sozusagen sowohl den Disponenten in der Leitstelle als auch den Rettungswagen.“ Mit der Folge, dass jemand, bei dem es wirklich ernst und lebensgefährlich ist, möglicherweise länger auf Hilfe warten muss.

Aber auch bei einem Infekt kann man nicht immer abwarten, bis am nächsten Morgen oder am Montag die Arztpraxis ihre Türen wieder öffnet. Dann ist es ratsam, folgende Telefonnummer zu wählen: 116117; die der Kassenärztlichen Bundesvereinigung. Der ärztliche Bereitschaftsdienst schlägt zum Beispiel Bereitschaftspraxen vor, die man aufsuchen kann und die zum Zeitpunkt des Anrufes geöffnet haben. Bei Bedarf kommt eine Ärztin oder ein Arzt auch zu Hause vorbei.

Wenn die 112 die richtige Wahl ist: Wie mache ich Rettungskräften die Arbeit leichter?

Damit kann man schon am Telefon beginnen. Die Gesprächsführung sollte man dem Disponenten oder der Disponentin in der Leitstelle überlassen, rät Martin Massmann. Wird man am Telefon unterbrochen, sollte man das nicht persönlich nehmen. Macht sich ein Rettungswagen auf den Weg zur verletzten Person, sollte jemand die Rettungskräfte in Empfang nehmen, zum Beispiel an der Straße. Sind die Rettungskräfte da, gilt: „Es ist wenig geholfen, wenn jemand dazwischenfunkt“, sagt Massmann. Etwa durch Worte oder wenn man ständig in die Arbeitswege läuft. Angehörige halten sich am besten zurück und antworten erst mal nur auf die Fragen, die die Rettungskräfte stellen. Und wenn es ins Krankenhaus geht? „Wichtig ist ein Medikamentenplan, eventuell Arztbriefe oder auch eine Patientenverfügung, falls vorhanden. Und was man auch braucht: eine Telefonnummer von Angehörigen.“ dpa-mag