Na gut, bis in die Vorkriegszeit wollen wir nicht zurückschauen, zu dem „Oranienburger Generalanzeiger“, der sich im Untertitel „Zeitung für Nieder-Barnim“ nannte. Aber diese Veröffentlichung hat zumindest die Namenswahl beeinflusst, als sie am 21. März 1990 zusammensaßen und die Gründung beschlossen: die Zeitungsmenschen Dr. Dirk Ippen und Heinz-Jürgen Ziller aus Hamm in Westfalen und die Oranienburger Unternehmerfamilie Merz.Â
Karl-Dietrich Merz betrieb die Otto Brückner oHG, eins der wenigen nicht verstaatlichten Geschäfte; sein Schwiegersohn Udo Merz war Kreissekretär der CDU Oranienburg, hatte mit am Runden Tisch gesessen und bei einem Besuch in Oranienburgs künftiger Partnerstadt Hamm unter anderem das dortige Medienhaus des Westfälischen Anzeigers besichtigt. Bei ihm fragten die Hammer an, als dessen Verleger Dr. Dirk Ippen auf die Idee kam, in Oranienburg eine neue Zeitung zu gründen wie so viele Zeitungspioniere in jenen Tagen. Mit der Wende und dem Fall der Mauer war schließlich Konkurrenz zu den etablierten SED-Bezirkszeitungen wieder erlaubt.
Freundlicher Verleger
Udo Merz erinnerte sich noch zwanzig Jahre nach dem Termin an das Heftpflaster, das beim Sondierungsgespräch im März Dirk Ippens Brille provisorisch zusammenhielt.„Dr. Ippen sah ganz anders aus, als ich mir zu diesem Zeitpunkt einen großen und bedeutenden Zeitungsverleger vorgestellt hatte.... So faszinierte er uns durch seine verbindliche, offene und freundliche Art sofort und unser Gespräch verlief sehr herzlich.“
So wurde Karl-Dietrich Merz zum Mitherausgeber des neuen „Oranienburger Generalanzeigers“ bestimmt. Udo Merz wurde zum 1. April der erste Vertriebsmitarbeiter des entstehenden Verlags. „Ich wusste nichts von dieser Aufgabe denn in der DDR wurden alle Zeitungen - soweit ich zurückdenken - konnte schon immer mit der Deutschen Post ausgeliefert.“ Einen Tag später traf die Verstärkung aus dem Westen ein: Vertriebskollege Peter Müller, Redakteur Thomas Grewe und Wolfgang Oettinghaus als Geschäftsstellenleiter und Verantwortlicher für den Anzeigenverkauf.
Der erste Arbeitsplatz war eine Abstellkammer hinter den Zigarrenhaus von Merz' Frau Claudia. Heinz Hemmerich, der bald als zweiter Redakteur dazu stieß, beschrieb es so: „Der Begriff Redaktion war sicherlich zu hoch gegriffen, denn sie bestand praktisch aus zwei schwarzen Gartenstühlen und einem ausrangierten Küchenherd, der mittels einer Spanplatte in einen „Schreibtisch“ umfunktioniert worden war.“ Dazu ein Telefon für alle: „Wie oft haben meine Redaktionskollegen... wie die Rohrspatzen geschimpft, wenn es zum Beispiel nicht gelang, eine Telefonverbindung nach draußen zu bekommen, obwohl wir uns auf der Telefongabel fast die Finger wund gekloppt hatten.“
Kiloschwere „Funke“
Der Kontakt zum Mutterhaus in Hamm lief über eine Kiste mit meterlanger Antenne und koffergroßen Akkus, wie selbst Kommunalpolitiker Hans-Joachim Laesicke damals mitbekam. „Ohne C-Netz kein „Generalanzeiger“, kann rückblickend festgestellt werden“, formulierte es einmal Redakteur Thomas Grewe.„Das geglückte Experiment, im organisatorischen Niemandsland eine Zeitung mit einem traditionellen Titel neu zu gründen, gelang zu einem beträchtlichen Teil nur, weil Oranienburg im Normalfall noch vom damals einzigen, analogen Mobilfunknetz der Bundespost abgedeckt wurde. Zentrale Teile der Zeitungslogistik wie die Übermittlung von Terminen, Texten und gelegentlichen Durchhalte appellen hingen davon ab, ob die liebevoll„Funke“ genannte kiloschwere Kiste den Kontakt zu einem der Netzmasten im Berliner Norden fand.“
Doch trotzdem schaffte es die Belegschaft, genug Material für eine erste Ausgabe zusammenzutragen - etwa über die Arbeit der Bauplanungsgruppe, über ein neues Schulkonzept oder über die Verhandlung von Lehnitzer Bürgern mit der NVA über die zivile Nutzung ihres Waldes. Thomas Grewe brachte es am 16. April selbst nach Hamm, wo die Zeitung gesetzt und gedruckt wurde.
Liebe Leserinnen und Leser

Oranienburger Generalanzeiger und Ruppiner Anzeiger feiern in diesem Jahr ihren 35. Geburtstag.Â
Wir nehmen dieses Jubiläum als Anlass, die Geschichte der Zeitung noch einmal Revue passieren zu lassen.
 Im ersten Teil dieser Serie, die ab sofort monatlich in der Tageszeitung erscheinen wird, blicken wir zurück auf die Gründungsgeschichte und die ersten Schritte in der damals neuen Welt der Pressefreiheit.Â
Viel Freude beim Lesen!