Strausberg. EWE hat in einem durch zwei Krisen geprägten Geschäftsjahr unterhalb der eigenen Prognoseerwartung abgeschlossen. Der Umsatz 2021 stieg vor allem aufgrund der kühlen Witterung in den ersten Monaten des Jahres auf 6.119,8 Millionen Euro (Vorjahr: 5.624,6 Millionen). Die Investitionen haben sich von 656,7 Millionen Euro auf 1.171,9 Millionen Euro im aufgrund der Gründung des Gemeinschaftsunternehmens Alterric mehr als verdoppelt.
"Der Energiemarkt ist derzeit sehr starken Turbulenzen ausgesetzt. Die Energiepreise haben sich im letzten Jahr bereits vervielfacht und dadurch 39 Energieanbieter zur Geschäftsaufgabe gebracht. Wir haben als Grundversorger mehrere zehntausend Kunden zusätzlich aufgenommen und dafür gesorgt, dass es in den Wohnungen und Häusern hell und warm bleibt", sagte Stefan Dohler, Vorstandsvorsitzender der EWE AG, bei der Jahrespressekonferenz der EWE-Region Brandenburg/Rügen in Strausberg. "In der Gesamtbetrachtung hat der Konzern in einem sehr herausfordernden Jahr 2021 mit Corona-Pandemie und Energiepreiskrise ein solides Ergebnis erreicht."
Mit Alterric habe man im Vorjahr ein führendes Unternehmen in Europa für Grünstromerzeugung im Bereich Wind-Onshore gegründet. Über 2.300 Megawatt installierte Leistung sind bereits im Bestand. In Brandenburg beispielsweise betreibt Alterric bereits 21 Windparks mit 352,7 Megawatt Leistung, in Mecklenburg-Vorpommern sind es aktuell 16 Windparks mit knapp 90 MW. "Unsere Projektpipeline sieht insgesamt über 9.000 Megawatt an neu zu errichtender Leistung vor. Abhängig von den Rahmenbedingungen wollen wir mehr als 200 Megawatt pro Jahr umsetzen und bis 2030 rund 3,6 Milliarden Euro investieren, denn die aktuelle Situation zeigt uns, wie wichtig eine dezentrale und nachhaltige Energieversorgung ist. Wir sind davon überzeugt, dass wir den Windkraft-Ausbau noch schneller und ohne bürokratische Hürden vorantreiben müssen", so Dohler.
Dank der Fortführung des konsequenten Krisenmanagements konnte EWE auch im Jahr 2021 weitreichende Folgen der Corona-Pandemie verhindern. Mit über 5.000 Kolleginnen und Kollegen im Homeoffice und konsequenten Schutzmaßnahmen für die Bereiche der kritischen Infrastruktur sei es gelungen, ohne Einschränkungen in der Versorgungslage durch die Pandemie zu kommen. Insgesamt zeigte sich eine deutliche wirtschaftliche Erholung im vergangenen Jahr und ein daraus resultierender höherer Energieverbrauch.
Eine Herausforderung bleibt die Vervielfachung der Einkaufspreise für Strom und Gas. ,,Aufgrund unserer langfristigen Einkaufsstrategie im Gasund Strombereich konnten wir auf den enormen Anstieg der Energiepreise zum Jahreswechsel noch mit moderaten Preisanpassungen reagieren obwohl wir im Herbst zusätzliches Erdgas für die Versorgungssicherheit gekauft und gespeichert haben. Erst durch die sehr hohe Anzahl an zusätzlichen Kunden, die aufgrund des Lieferstopps einiger Energieanbieter zu uns in die Grundversorgung kamen, waren wir in diesem Jahr zu weiteren Preisanpassungen gezwungen", erläuterte Dohler. EWE verzeichnet weiterhin Kundenzugänge und kaum -verluste, da viele Kunden Dohler zufolge offensichtlich auf Sicherheit und damit auf etablierte Grundversorger setzten, die Preise bei EWE vergleichsweise günstig seien. ,,Daher müssen wir weiterhin auch für diese Kunden zu hohen Kosten am Markt einkaufen und dies in unseren Preisen berücksichtigen. Zusätzlich verschärft die aktuelle Lage mit dem russischen Angriffskrieg auf die Ukraine die Preissituation."
Bedingt durch die Kriegssituation stehe derzeit die Versorgungssicherheit mit Energie an erster Stelle. EWE hat in der Vergangenheit bereits frühzeitig auf alternative und nachhaltige Energieerzeugung gesetzt und geht diesen Weg konsequent weiter. Auch Energiespartipps und -hinweise an alle Verbraucher werden seit Jahren adressiert.
Um die kurzfristige Versorgungssicherheit zu gewährleisten, hat EWE vorsorglich im Herbst zusätzliche Mengen Erdgas eingespeichert. Aktuell laufen die Vorbereitungen für den nächsten Winter und die EWE-Erdgasspeicher in Jemgum, Huntorf, Nüttermoor und Rüdersdorf werden laufend gefüllt. Derzeit haben diese einen Füllstand von 71 Prozent der Bundesschnitt aller deutschen Speicher liegt bei 55 Prozent. „EWE arbeitet intensiv an kurz-, mittel- und langfristigen Lösungen, um die Energieversorgung sicherzustellen. Wichtig ist, dass wir sie auf eine breite Basis stellen. Die enorme Abhängigkeit von einem Anbieter wie Russland ist ein Fehler und darf sich nicht wiederholen", so Dohler. Aktuell wäre ein Lieferausfall bei Gas für Deutschland nicht zu kompensieren.
Folglich fällt der Blick verstärkt auf Alternativen - wie LNG, sogenanntes verflüssigtes Erdgas. Die in Deutschland für die Löschung von Flüssiggastankern notwendigen Terminals an der deutschen Nordseeküste werden derzeit geplant. EWE bietet in Wilhelmshaven an, die Gasverteilung über den Nordwesten sicherzustellen und einen Teil des angelandeten Flüssiggases zu speichern. Rein physisch ist das Gasnetz in der Lage, Erdgas in alle Regionen zu transportieren, auch nach Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern. Nur eine zusätzliche Gasleitung von 45 Kilometern fehle zur Anbindung der Speicher noch. „Sehr wichtig" sei laut Dohler bei allen Maßnahmen für das LNG-Terminal, dass die Infrastruktur zukünftig grünen Wasserstoff aufnehmen kann - ein Beitrag zur fortschreitenden Energiewende. ,,Im Bereich Wind und Sonne müssen wir schneller ausbauen. Und wir benötigen eine Wasserstoffwirtschaft, die ein viel breiteres Beschaffungsspektrum eröffnet", betonte Dohler. ,,Allein in Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern wollen wir in den nächsten drei Jahren sieben Windparks bauen." Zudem wolle EWE mit Aktivitäten entlang der gesamten Wertschöpfungskette einen deutlichen Beitrag zur Entwicklung einer grünen Wasserstoffwirtschaft leisten. Ab 2023 solle es zunehmend Standard sein, Neubaugebiete nicht mehr mit Gasanschlüssen zu versorgen, sondern klimaneutrale Lösungen anzubieten.
Schließtag
Am 28. Juni bleibt die Agentur für Arbeit Frankfurt (Oder) an allen Standorten, darunter Strausberg, ganztägig wegen einer internen Veranstaltung für den Publikumsverkehr geschlossen.