Art. 14 GG regelt die sog. Erbrechtsgarantie. Sie besagt, dass Vermögen privat über den Tod hinaus übertragen werden kann und nicht dem Staat zufällt. Das ist Testierfreiheit. Jeder kann mit seinem Vermögen verfahren, wie es ihm beliebt. Erblasser müssen daher weder an die nächsten Angehörigen denken noch ihr Vermögen gleichmäßig verteilen. Wer sich mit diesem Thema beschäftigt, wird feststellen, dass es durchaus Erwartungshaltungen von Angehörigen gibt, die nicht mit den Vorstellungen der Eltern übereinstimmen.
So stellt sich die Frage, warum mit Kindern über Testamentserrichtungen überhaupt gesprochen wird. Manch einer glaubt, durch Klarheit Streit unter Kindern zu vermeiden. Häufig soll alles gerecht verteilt werden. Doch was ist gerecht? Aus Sicht der Erblasser ist es manchmal gerecht, demjenigen, der sich in den letzten Lebensjahren weitaus mehr um die Eltern gekümmert hat oder es etwas schwerer im Leben hatte, höher zu bedenken als andere Abkömmlinge.
Manch einer hat lebzeitig Schenkungen erhalten, was ausgeglichen werden soll. Andere wiederum haben zu einem Kind ein besonderes Näheverhältnis. Manchmal gelingt es auch nicht, Vermögen gleich zu verteilen, weil es wie bei Immobilien nicht teilbar ist. Aus Sicht der Kinder hat Gerechtigkeit häufig eine andere Definition.Â
Lebt z.B. eines der Kinder weit ab vom Wohnort der Eltern und kann sich nicht um Eltern kümmern, empfinden es diese häufig ungerecht, wenn sie im Erbfall vermeintlich nur wegen dieser Distanz weniger bedacht werden. Ich ermutige Mandanten, sich nicht von Kindern bei Testamentserrichtungen beeinflussen zu lassen, sondern sich ihrer Testierfreiheit bewusst zu sein. Es besteht keine Rechenschaftsverpflichtung. Im Erbfall kann es natürlich sein, dass sich der ein oder andere ungerecht behandelt fühlt und dann mit dem Erben oder Miterben Auseinandersetzungen, teilweise auch nur aus Prinzip führt.Â
Was schon zu Lebzeiten brodelte wird emotional in die Erbauseinandersetzung getragen und stellt auch Fachanwälte für Erbrecht vor besondere Herausforderungen. Wir als Anwälte haben die Aufgaben, im Rahmen rechtlicher Möglichkeiten Pflichtteilsansprüche durchzusetzen, abzuwehren oder Erbengemeinschaften auseinanderzusetzen. Die Aufarbeitung von Familiengeschichten fällt zweifelsohne in das Fachgebiet anderer Spezialisten, dennoch - wissen wir um die durchaus schwierigen Konstellationen.
Silke Schaffer-NitschkeÂ
Rechtsanwältin und Fachanwältin für Erbrecht
Rechtsanwältin Silke Schaffer-Nitschke hält regelmäßig Vorträge zu erbrechtlichen Themen.
Am 26.11.2025 um 18.00 Uhr referiert sie im Gelben Salon im Fontane Klub (Ritterstr. 69, 14770 BRB) zum Thema: Was Eheleute im Erbrecht wissen sollten. Die Veranstaltung ist kostenfrei. Eine Anmeldung ist unter der Tel. Nr. 03381 22 72 99 erforderlich. Anmeldungen per E-Mail sind nicht möglich. Näheres unter: www.kanzlei-nitschke.de