Nicht immer möchte der künftige Erblasser schon zu Lebzeiten mit seinem Kind dessen Pflichtteilsverzicht thematisieren. Dann hat er die Möglichkeit, in seinem Testament hierzu Regelungen zu treffen. In gemeinschaftlichen Ehegattentestamenten findet man häufig eine Pflichtteilsstrafklausel, nach der ein Kind, das beim Tod des erstversterbenden Elternteils seinen Pflichtteilsanspruch geltend gemacht hat, beim zweiten Todesfall enterbt sein soll. Ist es in diesem Fall kein leibliches Kind des Zweitversterbenden, geht es dann mangels Pflichtteilsanspruch leer aus. Bei dieser Konstruktion sollte unbedingt genau geregelt werden, unter welchen Bedingungen exakt die Pflichtteilsstrafklausel realisiert sein soll.
Die Pflichtteilsbeschränkung in guter Absicht nach § 2338 BGB ist eine Fürsorgemaßnahme zum Schutz des Vermögens bei Überschuldung des Pflichtteilsberechtigten vor dessen Gläubigern und bei Verschwendung durch das Kind vor sich selbst. In seltenen Ausnahmefällen kann der Erblasser bei schweren Straftaten des Kindes diesem den Pflichtteil nach § 2333 BGB entziehen.
Bei der Anordnung einer Vor- und Nacherbschaft wird das Kind nicht enterbt, soll aber erst nach dem zweiten Erbfall zum Zuge kommen. Bei dieser Gestaltung ist es sinnvoll, dem Kind einen Erbteil erheblich über seiner Pflichtteilsquote zuzuwenden, um einen Anreiz zu schaffen, die Wartezeit zu akzeptieren, da dem Kind nach § 2306 BGB unbenommen bleibt, die Nacherbschaft auszuschlagen und schon beim ersten Todesfall seinen Pflichtteilsanspruch geltend zu machen.
Ähnliches gilt für die Zuwendung eines Vermächtnisses, wenn der Erblasser dem Kind einen bestimmten Nachlassgegenstand hinterlässt. Nimmt das Kind aber das Vermächtnis an und ist dieses weniger wert als der Pflichtteil, kann das Kind einen Rest-Pflichtteil verlangen.
Agnes D. Wendelmuth
Rechtsanwältin
Fachanwältin für Erbrecht
Fachanwältin für Familienrecht
Deutsche Topanwältin laut FOCUS-Listen 2013 bis 2024.
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