Häufiger als man denkt, kommt es zu Erbschaften zwischen Personen, die sich nicht nahestehen und/oder nicht viel voneinander wissen. Schnell, manchmal vorschnell, wird dann die Erbschaft ausgeschlagen, um sicherzugehen, dass man keine ungewollten Schulden erbt. Nicht selten hat der Erbe wenig bis keine Kenntnisse vom Inhalt und der Zusammensetzung der Erbschaft. Bestenfalls hat der potenzielle Erbe gerüchteweise etwas über das Vermögen gehört. Die Entscheidung wird dann meist auf der Grundlage von unzureichenden Fakten getroffen. Was, wenn sich in einem solchen Fall der potenzielle Erbe zur Ausschlagung entschließt und sich im Nachhinein herausstellt, dass doch ein nicht unerhebliches Erbe vorhanden war?
Dies hatte nun das pfälzische Oberlandesgericht Zweibrücken unter dem Aktenzeichen 8 W 102/23 zu entscheiden. Dem lag folgender Sachverhalt zu Grunde:
Die 106 jährige Erblasserin hinterließ kein Testament und hatte zuletzt in einem Seniorenheim gelebt. Die Kosten zahlte die Kriegsopferfürsorgestelle, wobei die Leistungen als Darlehen gegeben wurden und durch eine Grundschuld auf das Haus der Erblasserin abgesichert wurden. Die Enkelin war die nächste lebende Verwandte der Erblasserin und somit potenzielle Erbin. Sie schlug das Erbe aus und gab dabei als Begründung an, dass nach ihrer Kenntnis der Nachlass überschuldet sei. In der Folge wurde das Haus verkauft und es stellte sich heraus, dass abzüglich der Grundschuld noch ein erheblicher Betrag übrigblieb. Ebenso erfuhr die Enkelin im Nachhinein von einem Konto, auf welchem sich eine vierstellige Summe befand. Die Enkelin beantragte daraufhin einen Erbschein, der sie als Alleinerbin ausweisen sollte. Dies wies das OLG Zweibrücken als letzte Instanz zurück. Das OLG stellte klar, dass ein Irrtum über die Zusammensetzung der Erbschaft zur Anfechtung berechtigt. Vorliegend hatte die Enkelin sich hinsichtlich des Vorhandenseins des Kontos geirrt. Jedoch, so stellte das Gericht dar, war dieser Irrtum nicht der Grund für die Ausschlagung. Auch bei Kenntnis von dem Konto hätte die Enkelin ausgeschlagen, da sie von der Überschuldung des Grundstückes ausgegangen war. Laut dem entscheidenden Gericht beruhte dieser Irrtum somit lediglich auf der unzutreffenden Vorstellung über den Wert des Nachlasses, nicht über dessen Zusammensetzung. Und wer nicht über die Zusammensetzung, sondern „nur“ den Wert des Erbes irrt, kann nicht wirksam anfechten.
Die Frage, ob und wann es besser ist, das Erbe auszuschließen, ist eine oftmals komplizierte Entscheidung mit weitreichenden wirtschaftlichen Folgen. Ein auf dem Gebiet des Erbrechts fachkundiger Rechtsanwalt kann hier beratend tätig werden und somit Risiken vermeiden.
Als Absolvent des Fachanwaltslehrgangs für Erbrecht ist Rechtsanwalt Seehaus schwerpunktmäßig auf den Gebieten des Erb-, Familien- und Grundstücksrechts sowie des Straf-, Verkehrs- und Ordnungswidrigkeitenrechts tätig. Sie erreichen die Kanzlei Seehaus & Schulze im Büro in Werder Mo-Do. 8-18 Uhr und Fr. 8-15 Uhr unter Tel. 03327/ 569 511 und im Büro in Bad Belzig Mo-Do. 9-18 Uhr und Fr. 9-15 Uhr unter Tel. 033841/6020. Termine können auch außerhalb der Sprechzeiten vereinbart werden.