RECHT & STEUERN

Familienrecht: Leben Totgesagte länger?

Neues vom Elternunterhalt

28.01.2025

Die Heimkosten steigen. Viele ältere Menschen können sie nicht aufbringen, denn eigenes Vermögen, eigene Rente und Pflegeversicherung reichen regelmäßig nicht. Bis Ende 2019 haben Sozialhilfeträger bei gutverdienenden Kindern angeklopft, um sich die Kosten zurückzuholen, die man vorgestreckt hat. Mit dem Angehörigen-Entlastungsgesetz, genauer mit § 94 Abs. la SGB XII, geschah dies nur noch vereinzelt. Dort wird festgelegt, dass erst ab einem steuerrechtlichen Jahresbruttoeinkommen von 100.000 € des Kindes ein Rückgriff des Sozialamts möglich ist.

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Die Gerichte haben das bislang als Ausgangspunkt im Sinne eines stark erhöhten Freibetrags genommen, um von dort aus mit den über viele Jahre entwickelten Grundsätzen beim Elternunterhalt zu rechnen. Diese sehen großzügige Abzugsmöglichkeiten, v.a. für die eigene Altersvorsorge vor. Das Sozialamt hatte so nur in seltenen Fällen einen realisierbaren Anspruch. Lesenswert hierzu ist eine Entscheidung des OLG München von März 2024 (OLG München, Beschluss v. 06.03.2024 - 2 UF 1201/23).

Der BGH sieht es anders und entdeckt einen „unterhaltsrechtlich systemfremden Bemessungsansatz“. (Beschluss vom 23. Oktober 2024 - XII ZB 6/24). Er will die Freibeträge niedriger ansetzen, angelehnt an die bisherige Rechtsprechung. Dabei zeigt er aber Möglichkeiten für die Familiengerichte auf, die Freibeträge zugunsten der Kinder zu erhöhen. Im Ergebnis führt dies dazu, dass besser verdienende Kinder mit einem Bruttoeinkommen von über 100.000 € vom Sozialamt leichter in Anspruch genommen werden können. Im konkreten Fall hatte das Kind ein Bruttoeinkommen von 133.000 € und wäre nach den Vorinstanzen ohne Zahlungsverpflichtung geblieben. Fazit: Das Sozialamt wird Kinder mit einem Bruttoeinkommen von knapp über 100.000 € verstärkt ins Visier nehmen. Der Elternunterhalt kann durchaus eine Renaissance erleben.

Dr. Christoph Schäfer, MBA
Fachanwalt für Familienrecht
bei Fachkanzlei Wendelmuth
Rechtsanwälte Magazin „Eltern“:
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