Das Landgericht Koblenz hatte mit Entscheidung vom 18.11.2021 zum Az. 1 O 222/18 die Frage zu klären, ob ein im Ehegattentestament mit einem Grundstück bedachter Schlusserbe die lebzeitige Schenkung dieses Grundstücks durch die Erblasserin an deren miterbende Tochter zurückfordern kann. Die Parteien des Streits sind also Geschwister, deren Eltern im Jahr 1969 ein Testament errichteten, in dem sich die Ehegatten wechselseitig zu alleinigen Erben und die gemeinsamen Kinder zu Schlusserben einsetzten. Weiterhin sollte der Sohn und Kläger nach diesem Testament nach dem Tod des letztversterbenden Ehegatten ein bestimmtes Grundstück erhalten. Nachdem nun der Vater zuerst verstorben war, wurde die Mutter zur nicht-befreiten Vorerbin und die Parteien sowie ein weiterer Bruder zu Nacherben. Lange nach dem Tod des Vaters übertrug die Mutter unentgeltlich ein Grundstück sowie ihrem Miteigentumsanteil an besagtem Grundstück an die Beklagte sowie ein kostenloses lebenslanges Wohnungs- und Gartennutzungsrecht. Sie erteilte der Beklagten weiterhin eine notarielle Vollmacht. Der Kläger begehrt daraufhin die Übertragung des besagten Grundstücks auf ihn selbst und des weiteren übertragenen Grundstücks an die Erbengemeinschaft sowie die Bewilligung der Löschung des Wohnungs- und Gartennutzungsrechts im Grundbuch. Die Parteien streiten darüber, ob die Beklagte die Mutter in den letzten Lebensjahren versorgt und zuletzt auch gepflegt hat. Der Kläger behauptet, dass die zwischenzeitlich verstorbene Mutter kein Eigeninteresse an dieser Schenkung gehabt hat, sondern mit Beeinträchtigungsabsicht zu Lasten des Klägers gehandelt habe. Der Wert des übertragenen Grundbesitzes und der bereits zu Lebzeiten der Mutter an die Beklagte geflossenen Gelder überschritten nach Auffassung des Klägers den Wert der von der Beklagten erbrachten Leistungen ganz erheblich.
Das Landgericht Koblenz hat das Herausgabeverlangen des Klägers bzgl. des Grundstücks vorliegend abgelehnt. Dies könne er nämlich nur dann verlangen, wenn die Erblasserin die Schenkung in der Absicht vorgenommen hat, den Erben zu beeinträchtigen. Zur Beurteilung sei eine Missbrauchsprüfung erforderlich. Ein Missbrauch liegt trotz des Wissens um die Beeinträchtigung des Erbes dann nicht vor, wenn die Erblasserin ein lebzeitiges Eigeninteresse an der vorgenommenen Schenkung hatte. Das ist z.B. dann der Fall, wenn es im Alter um die Versorgung und Pflege geht oder wenn die beschenkte Person ohne rechtliche Verpflichtung sich um Haus, Garten, Einkäufe und Reinigung kümmert, zumal wenn die Erblasserin ein Interesse daran hat, somit im eigenen Haus wohnen bleiben zu können. Es ist auch als anerkennenswertes Eigeninteresse anzusehen, wenn die Erblasserin durch das Geschenk eine ihr nahestehende Person an sich zu binden versucht.
Hier war das Landgericht Koblenz nach der Beweisaufnahme davon überzeugt, dass die Beklagte sowohl vor der Schenkung als auch danach ganz erhebliche Betreuungs- und Versorgungsleistungen für ihre Mutter erbracht hatte, eine Beeinträchtigungsabsicht bzgl. des Klägers somit ausscheidet.
Rechtsanwalt Seehaus ist als Absolvent des Fachanwaltslehrgangs für Erbrecht schwerpunktmäßig auf diesem Gebiet, neben den Gebieten des Familien- und Grundstücksrechts sowie des Straf-, Verkehrs- und Ordnungswidrigkeitenrechts tätig. Sie erreichen die Rechtsanwaltskanzlei Seehaus und Schulze im Kanzleisitz in Werder Mo.- Do. von 8.00 – 18.00 Uhr und Fr. von 8.00 – 15.00 Uhr unter Tel. 03327/569 511 und im Kanzleisitz in Bad Belzig Mo.- Do. von 9.00 – 18.00 Uhr und Fr. 9.00 – 15.00 Uhr unter Tel. 033841/ 60 20. Termine können auch außerhalb der Sprechzeiten vereinbart werden.