Kuriose Fälle vor Gericht

RECHT & STEUERN

Kuriose Fälle vor Gericht

30.10.2024
<br/>

Fall 1: In seinem Testament bestimmte ein Ehemann zugunsten seiner Ehefrau, dass diese sein „Barvermögen“ erhalten solle. Hiernach entbrannte ein Streit zwischen der bedachten Ehefrau als Vermächtnisnehmerin und den Erben. Die Erben waren der Auffassung, dass damit nur die sehr wenigen Geldscheine und einige Münzen gemeint seien, die der Ehemann in seiner Geldbörse zuhause aufbewahrt hatte. Die Ehefrau hingegen war der Auffassung, dass auch sein Bankguthaben gemeint sei, d. h., die gesamten liquiden Mittel des Erblassers.

Dieser Auffassung folgte das Oberlandesgericht Oldenburg mit Urteil vom 20.12.2023, 3 U 8/23. Der Begriff „Barvermögen“ stehe heute nicht nur für das Bargeld im Portemonnaie oder Safe, sondern für alle sich bei den Banken befindlichen sofort verfügbaren Kontoguthaben. Nicht dazu gehören jedoch Wertpapiere, die zu sog. Kapitalvermögen zählen.

Fall 2: Unter Kuriositäten kann der vom OLG Brandenburg (20.12.2023, 3 W 86/23), entschiedene Fall gezählt werden. Die nichteheliche langjährige Partnerin eines Kneipenwirts beantragte einen Alleinerbschein. Sie hatte hinter der Theke bei den unbezahlten Rechnungen einen Bestellzettel gefunden. Auf diesem hatte der Kneipenwirt handschriftlich vermerkt, dass sie alles bekomme und mit Unterschrift und Datum versehen.

Das OLG folgte der Auffassung der Lebensgefährtin, dass es sich bei diesem Zettel um ein wirksam errichtetes Testament handele. Es sei vom Erblasser eigenhändig verfasst, unterschrieben, sogar mit Datum versehen und insgesamt mit seinem Testierwillen errichtet. Weiterführende Infos gern bei Rechtsanwältin

FA Lu Neugaertne

Das Testament

Im Laufe des Lebens sollte sich jeder Gedanken zum Thema Vermögensweitergabe zu Lebzeiten oder im Sterbefall machen.

1. Der Gesetzgeber hat für den Fall, dass keine eigene testamentarische oder erbvertragliche Regelung getroffen wird, vorgesorgt. In diesen Fällen tritt die gesetzliche Erbfolge ein, die auf einem Verwandtenerbrecht beruht. Daneben erbt auch der Ehegatte bzw. Partner einer eingetragenen Lebensgemeinschaft.

2. Bei der Abfassung des eigenen Testaments sind u.a. verschiedene Formvorschriften zu beachten. Der Gesetzgeber hat verschiedene Möglichkeiten zur Verteilung des Vermögens geschaffen.

3. Da das Erbrecht umfassend und vielfältig ist, ist davor zu warnen, einfach nur ein Testament abzuschreiben oder bestimmte Anordnungen aufzunehmen, ohne sich darüber Kenntnis zu verschaffen, was diese Anordnungen im Einzelnen bedeuten. Denn Sie können nach Ihrem Tod nicht mehr erklären, was Sie wollten.

Weiterführende Informationen zu Erbrecht und anderen Themen gern bei FA Juliane Böhm