Eine nicht alltägliche Situation hatte unlängst der BGH mit seinem Beschluss vom 22.05.2024 zum AZ IV ZB 26/23 zu beurteilen. Lebensgefährten hatten zu ihren Gunsten eine vertragliche Erbeinsetzung veranlasst.
Später heirateten die Lebensgefährten und ließen sich dann auch wieder scheiden. Im Raum stand nun, ob die ursprünglich vertraglich geregelte Erbeinsetzung nach wie vor wirksam war.
Das musste vom BGH gründlich abgewogen werden, da eine analoge Anwendung des § 2077 Abs. 1 und 2 BGB in Betracht kommen könnte. Nach § 2077 Abs. 1 BGB ist eine letztwillige Verfügung, durch die der Erblasser seinen Ehegatten bedacht hat, unwirksam, wenn die Ehe vor dem Tod des Erblassers aufgelöst worden ist. Mit dieser gesetzlichen Regelung soll einer nachträglich eintretenden wesentlichen Veränderung in den Beziehungen von Erblasser und Bedachten mit Rücksicht auf die allgemeine Lebenserfahrung Rechnung getragen werden. Anhand dieser dispositiven Auslegungsregel kann der vermutete wirkliche Willen des Erblassers mit Blick auf Hinfälligkeit u.a. im Scheidungsfall ermittelt werden. § 2077 Abs. 1 BGB misst einer solchen letztwilligen Zuwendung den Inhalt zu, nur für den Fall des Bestehens der Ehe getroffen zu sein. Im zu beurteilenden Fall lag diese Voraussetzung jedoch nicht vor. Auch § 2077 Abs. 2 BGB, das Bestehen eines Verlöbnisses, schied aus.
Im abgeurteilten Fall hatten die Lebensgefährten im Hinblick auf die beiderseitigen vorangegangenen Scheidungen nicht an eine Eheschließung gedacht. Bestätigung findet das in dem Umstand, dass die Eheschließung der Lebenspartner erst viereinhalb Jahre nach Abschluss des Erbvertrages erfolgte. Darüber hinaus fand im Erbvertrag die Formulierung „eine etwa nachfolgende Ehe“ Niederschlag. Für ein Verlöbnis als gegenseitigem ernstlichen Eheversprechen fehlt es damit an Anhaltspunkten.
Damit scheidet eine analoge Anwendung des § 2077 Abs. 1 und 2 BGB aus und es verbleicht trotz Eheschließung und Scheidung bei der vertraglichen Erbeinsetzung zugunsten der Lebensgefährten.
Als Absolvent des Fachanwaltslehrgangs für Erbrecht ist Rechtsanwalt Seehaus schwerpunktmäßig auf den Gebieten des Erb-, Familien- und Grundstücksrechts sowie des Straf-, Verkehrs- und Ordnungswidrigkeitenrechts tätig. Sie erreichen die Kanzlei Seehaus & Schulze im Büro in Werder Mo-Do. von 8.00-18.00 Uhr und Fr. 8.0015.00 Uhr unter Tel. 03327/569 511 und im Büro in Bad Belzig Mo-Do. von 9.00-18.00 Uhr und Fr. 9.00-15.00 Uhr unter Tel. 033841/6020. Termine können auch außerhalb der Sprechzeiten vereinbart werden.
Nachricht vom Erbe
Hat der Verstorbene ein Testament gemacht, das das Nachlassgericht eröffnet, schreibt das Gericht die darin genannten Personen an. Wer von einer Erbschaft weiß und sechs bis acht Wochen nichts vom Nachlassgericht hört, kann sich selbst dorthin wenden. dpa