RECHT & STEUERN

Immobilie im Alter: Grundstück verkaufen und Eigentümer bleiben?

Wir kaufen Ihre Immobilie, Sie bekommen Geld dafür und bleiben drin wohnen. Interessant vor allem für ältere Immobilienbesitzer, die wenig Rente beziehen, aber vor einem Verkauf zurückschrecken.

03.06.2024

Verschiedene Anbieter sind am Markt aktiv. Das Geschäftsmodell lautet untechnisch: Wir kaufen Ihre Immobilie, Sie bekommen dafür Geld und bleiben drin wohnen. Das ist insbesondere für ältere Immobilieneigentümer von Interesse, die wenig Rente beziehen, aber vor dem Verkauf des Hauses zurückschrecken, weil sie dann regelmäßig ausziehen müssen. Ein Konzept, das uns als Werbebrief erreichte, sieht vor, dass der Eigentümer an seinem Grundstück ein Erbbaurecht bestellt. Dabei wird das Eigentum abgegeben. Im Gegenzug gibt es ein Erbbaurecht für 999 Jahre, das es dem ehemaligen Eigentümer, aber auch seinen Erben etc. erlaubt, das Grundstück wie ein Eigentümer zu nutzen. Das Haus auf dem Grundstück bleibt wirtschaftlich dem bisherigen Eigentümer zugeordnet. Als Gegenleistung für das Grundstück erhält der bisherige Eigentümer (wohl) den Bodenrichtwert ausgezahlt. Der Anbieter erhält jährlich den Erbbauzins, eine Art Miete für Grundstück. Hier sollen 4 % pro Jahr angesetzt werden. Bei einem Grundstück von 700 qm und einem Bodenrichtwert von 400 € liegt der Wert des Grundstücks bei 280.000 €, pro Jahr sind dann 11.200 € bzw. pro Monat 933,33 € zu zahlen. Hinzu kommt die volle Eigenverantwortung für das Haus als solches. Instandhaltung und Reparaturen sind vom bisherigen Eigentümer zu tragen. Bei den 4% auf den Bodenrichtwert bleibt es allerdings nicht. Der Erbbauzins wird indexiert. Alle drei Jahre wird er an die Entwicklung der Verbraucherpreise angepasst. Hier zeigen sich Risiko und Chance gleichermaßen: Bei geringer Inflation ist es günstig. Steigen die Preise hingegen stark, wird es teurer, selbst wenn Haus und Grundstück im Wert sinken. Vorteil des Erbbaurechts ist, dass vererbt und verkauft werden kann. Die Praxis zeigt aber, dass Erbbaurechte am Markt keine guten Preise bringen, weil Immobilienkäufer lieber Volleigentum erwerben und den Erbbauzins scheuen.

Wie immer ist entscheidend, was am Ende im notariellen Vertrag steht. Erst die gründliche Analyse schafft eine Entscheidungsgrundlage.

Dr. Christoph Schäfer, MBA Fachanwalt für Familienrecht bei Fachkanzlei wendelmuth Rechtsanwälte
Top Kanzlei 2021 und 2022 im Familienrecht lt. Magazin Stern Alle Artikel unter „Aktuelles“ bei www.wendelmuth.net

Unzulässige Kürzungen der Versicherung unter Verweisung auf eine billigere Werkstatt in einer Entfernung von 15 Kilometern

Im Rahmen der Schadensregulierung nach einem unverschuldeten Verkehrsunfall versuchen die Versicherer immer wieder mit verschiedensten Ansätzen die auszuzahlende Summe an den Geschädigten so klein wie möglich zu halten. Hierzu haben wir in der Vergangenheit schon viele unzulässige Versuche in Urteilen vorgestellt.

Nicht neu, aber offensichtlich wieder in Mode ist der Versuch der Versicherer bei einer fiktiven Schadensabrechnung auf Referenzwerkstätten in der Umgebung zu verweisen, die nach Prüfung der Versicherer zu einem günstigeren Preis die Reparatur anbieten sollen, als in der Fachwerkstatt.

Zwar ist grundsätzlich eine Verweisung an eine Referenzwerkstatt unter bestimmten Vorrausetzungen bei einer fiktiven Abrechnung nach der obergerichtlichen Rechtsprechung zulässig, jedoch dann nicht, wenn der Geschädigten das Auto reparieren lässt und sich den Schaden unter Vorlage der Reparaturrechnung erstatten lassen will. Hat der Geschädigte den Schaden durch einen Sachverständigen ermitteln lassen und möchte sich den dort ermittelten Schadensbetrag auszahlen lassen - also fiktiv abrechnen - kommen die Kürzungsversuche der Versicherung ins Spiel.

Soweit die von der Rechtsprechung grundsätzlich entwickelten Vorrausetzungen für eine Verweisung vorliegen, stellt sich dann unter anderem die weitere Frage, in welcher Entfernung darf sich eine solche Referenzwerkstatt befinden. Auch hierzu gibt es unterschiedliche Urteile, die dieser Frage in der Vergangenheit nachgegangen sind.

Ganz aktuell hat das AG Berlin-Mitte, mit Urteil vom 01.02.2024, AZ: 117 C 162/23 V entschieden, dass die Verweisung auf eine günstigere Werkstatt in einer Entfernung von 15 Kilometern unzumutbar ist.

Nach Auffassung des Gerichts kann es vorliegend dahinstehen, ob es sich bei den genannten Referenzwerkstätten um qualifizierte Meisterbetriebe handelt, denn die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme ergibt sich bereits aus der Entfernung der Werkstätten von über 15 km zum Wohnort des Geschädigten. Aufgrund dieser Entfernung sind die Werkstätten nicht als mühelos erreichbar anzusehen.

Nach einem Verkehrsunfall sollten Geschädigte daher immer anwaltliche Hilfe in Anspruch nehmen, um bestehende Ansprüche durchsetzen zu können. Bei einem unverschuldeten Unfall sind die Anwaltskosten ebenfalls von der gegnerischen Kraftfahrzeughaftpflichtversicherung zu übernehmen.

Ralf Breywisch
Rechtsanwalt u. Fachanwalt für Verkehrsrecht Mitglied Arbeitsgemeinschaft Verkehrsrecht des DAV