Pflichtteilsergänzungsansprüche, wenn Schenkung länger als zehn Jahre zurückliegt

RECHT & STEUERN

Pflichtteilsergänzungsansprüche, wenn Schenkung länger als zehn Jahre zurückliegt

Brandenburger Erbrechtsabende finden wieder statt am 29. November mit dem Thema: Thematik „Wie errichte ich ein Testament“.

13.11.2023

Um für nächste Angehörige eine Mindestbeteiligung am Nachlass zu sichern, wurde das Pflichtteilsrecht geschaffen. Dieses geht nicht nur vom Nachlass aus, der beim Tode vorhanden ist, sondern bezieht sich auch auf Gegenstände, die der Verstorbene in den letzten zehn Jahren vor seinem Tod verschenkt hat. Das Gesetz sieht hierbei eine sogenannte Abschmelzung vor, wonach die Gegenstände mit jedem Jahr, das bis zum Sterbefall vergangen ist, mit 10 % weniger Wert angesetzt werden, bis sie nach zehn Jahren ganz aus der Pflichtteilsergänzung herausfallen.

Fraglich ist, ob auch Gegenstände in die Pflichtteilsergänzung einzubeziehen sind, wenn die Schenkung länger als zehn Jahre zurückliegt, z. B., wenn sich der Erblasser ein Nießbrauchsrecht oder Wohnungsrecht vorbehalten hat.

Hierzu hatte das OLG München mit Urteil vom 08.07.2022 zum Az. 33 U 5525/21 zu befinden. Vorliegend hatten Geschwister zu 1/3 ihren verstorbenen Vater beerbt. Ein Bruder machte gegen seine Schwester einen Pflichtteilsergänzungsanspruch geltend, da der Vater ihr zu Lebzeiten ein Haus geschenkt hatte und der Nachlass seiner Auffassung nach dadurch völlig ausgehöhlt war. Die Schwester wandte gegen diese Ansprüche ein, dass die Übertragung bereits mehr als zehn Jahre zurückliege, worauf der Bruder vortrug, die Zehnjahresfrist gelte vorliegend nicht, weil sich der Vater ein alleiniges Wohnungsrecht an allen Räumen des Hauses vorbehalten hatte. Das Gericht schloss sich dem Vortrag des Bruders an. Die Zehnjahresfrist gilt nicht nach Auffassung des Gerichts bei vollständigem Wohnungsrechtsvorbehalt. Der Bundesgerichtshof hatte bzgl. des vollständigem Nießbrauchs an einem Grundstück schon so entschieden.

Das OLG München entschied, dass dem ein Wohnungsrechtsvorbehalt, jedenfalls dann gleichsteht, wenn der Erblasser weiterhin die gesamte relevante Wohnfläche des Hauses benutzen kann. Ein Unterschied zwischen einem eingeräumten Wohnungsrecht und einem Nießbrauch, der darüber hinaus zu einer Überlassung der Räume an Dritte berechtigen würde, sei dann so gering, dass die Fälle gleich zu behandeln seien und Pflichtteilsergänzungsansprüche bestünden.

Rechtsanwalt Seehaus ist als Absolvent des Fachanwaltslehrgangs für Erbrecht schwerpunktmäßig auf den Gebieten des Erb-, Familien- und Grundstücksrechts sowie des Straf-, Verkehrs- und Ordnungswidrigkeitenrechts tätig.

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