Endlich frei, doch die E-Mail-Flut im Job macht während der eigenen Abwesenheit meist keine Pause. Darf der Arbeitgeber deshalb verlangen, dass man eine automatische Weiterleitung einrichtet; die Kollegen oder Vorgesetzten also alle eingehenden E-Mails bekommen und lesen können?
„Grundsätzlich ja“, sagt Peter Meyer, Fachanwalt für Arbeitsrecht in Berlin. Allerdings gibt es verschiedene Szenarien.
„Hat der Arbeitnehmer eine Anweisung bekommen, dass auf dem dienstlichen E-Mail-Account ohnehin keine privaten E-Mails laufen dürfen, dann ist es unproblematisch“, so Meyer. Gleiches gilt dem Fachanwalt zufolge, wenn im Arbeitsvertrag oder in einer Betriebsvereinbarung festgelegt wurde, dass E-Mails während einer Abwesenheit des Arbeitnehmers weitergeleitet werden können. Wer die Weiterleitung dann trotz Aufforderung nicht einrichtet, riskiert eine Abmahnung.
Gibt es keine entsprechende Regelung und ist die Privatnutzung des beruflichen E-Mail-Accounts nicht ausdrücklich ausgeschlossen, ist die automatische Weiterleitung von E-Mails hingegen datenschutzrechtlich umstritten.
Hier kommt es darauf an, ob der Arbeitgeber ein berechtigtes Interesse an der Weiterleitung hat - etwa weil eingehende E-Mails zur Bearbeitung von Projekten notwendig sind. „Die vorherrschende Meinung sagt, dass der Arbeitgeber dann auch die Weiterleitung verlangen kann“, so Meyer. Dass womöglich auch die ein oder andere private E-Mail eingehe, liege als Risiko beim Arbeitnehmer.
E-Mails nicht ungelesen löschen
Um auf der sicheren Seite zu sein, empfiehlt Meyer Arbeitgebern jedoch, die mögliche Weiterleitung von E-Mails in einer Betriebsvereinbarung oder im Arbeitsvertrag festzuhalten. In der Praxis sei allerdings oft das Einstellen einer Abwesenheitsnotiz üblich. Beschäftigte weisen in dieser darauf hin, dass eingehende E-Mails nicht weitergeleitet werden und geben stattdessen Kollegen als Alternativkontakt an.
In jedem Fall gilt aber: Nach dem Urlaub dürfen Arbeitnehmer während ihrer Abwesenheit eingegangene E-Mails nicht einfach ungesehen löschen. Auch wenn es Zeit kostet: „Nach dem Urlaub muss ich checken, was in meiner Abwesenheit passiert ist“, so Meyer.
Zur Person: Peter Meyer ist Fachanwalt für Arbeitsrecht und Mitglied des geschäftsführenden Ausschusses der Arbeitsgemeinschaft Arbeitsrecht im Deutschen Anwaltverein (DAV). dpa