Signale sind wichtig

Fleißiges Melden signalisiert: «Ich will mich verbessern!». Foto: Felix Kästle

13.11.2022

Haben sich bereits eine Reihe schlechter Noten im Schuljahr angesammelt, sollten Schüler nicht bis kurz vor den Halbjahreszeugnissen warten, um zur Aufholjagd zu starten. ,,Wer erst dann um einen Extra-Vortrag bittet, hinterlässt keinen guten Eindruck", sagt Rosa Schritt, Gymnasiallehrerin aus Berlin. Sie rät, sich frühzeitig bei der Lehrkraft zu melden und zu signalisieren: Ich will mich verbessern!

Clever sei es, sich mit etwas Bestehendem präsentieren zu wollen, anstatt um einen Vortrag als Extra-Aufgabe zu bitten. Denn die mache Lehrer oder Lehrerin nur extra Arbeit, verrät Schritt. Etwas Bestehendes könnte dagegen etwa die Präsentation einer Hausaufgabe sein. ,,Oder man bietet eine Stundenarbeit zur Bewertung an, fertigt eine Berichtigung an, erstellt ein Poster oder etwas Digitales zu einem Themenkomplex", zählt die Pädagogin auf. Der alte Klassiker ,,Kann ich einen Vortrag machen?" helfe mittlerweile nicht mehr wirklich viel, da sich die Bewertung prozentual zusammensetze. ,,Meist aus einem vorgeschriebenen schriftlichem und mündlichem Anteil. Da wiegt so ein Vortrag prozentual nicht sehr viel", verrät die Lehrerin. Man könne den Lehrer oder die Lehrerin in einem Gespräch allerdings auch bitten, ob er oder sie dabei hilft, einen Fokus festzulegen, weil man sich verloren im Schließen seiner Wissenslücken fühlt und Prioritätenliste eine bräuchte.

Bei jüngeren Schülern helfe es schon, wenn sie Ordnung in ihren Hefter bringen und die eigenen Aufzeichnungen mit denen von Mitschülern abgleichen. Fehlende Mitschriften könnten dann notfalls kopiert werden. Rosa Schritt: ,,Bei manchen Schülern scheitert es ja schon an einem Hefter überhaupt. Die gehen dann in einer losen Zettelwirtschaft unter."

Äußerst effektiv sei das gemeinsame Lernen und Hausaufgaben machen mit Mitschülern. ,,So kann man sich gegenseitig Dinge erklären, was sicherer macht. Es stellen sich dabei oft Fragen heraus, die man dann im Unterricht klären kann", sagt die Gymnasiallehrerin. Rosa Schritt ist Gymnasiallehrerin für Mathematik und Latein in Berlin. dpa


Im Leben auch mit Schwierigkeiten fertig werden

Zeugnis-Panik Wie schlimm ist der schlimmste Fall denn am Ende wirklich?

Es muss gar nicht erst bis zu den Abschlussprüfungen dauern. Leistungsdruck bekommen Schüler auch schon früher. Oft bereits am Ende der Grundschule, sagt Elisabeth Raffauf, Diplom-Psychologin und Autorin aus Köln. Sie meint damit, dass Schüler im besten Falle aufs Gymnasium wechseln dürfen und deswegen Druck entsteht.

,,Das sollte überhaupt gar nicht so sein", sagt sie. Für Kinder und auch Jugendliche gebe es nämlich einen Zeitpunkt, der noch viel bedeutsamer ist, als das ,,Später". Es ist das ,,Hier und Jetzt". Und auch wenn im „Hier und Jetzt" eine schlechte Note im Zeugnis steht, ist das für Ingo Spitczok von Brisinski, Kinder- und Jugendpsychiater aus Viersen, kein Beinbruch. Klar sei aber auch: Lehrer und manchmal auch Eltern wünschen sich, dass ihre Sprösslinge gute Noten schreiben.

Das passiert manchmal auch unterbewusst, sagt Christian Ehmann, Leiter einer Klinikschule in Baden-Württemberg und Mitbegründer von ,,lehrerschueler.de ", dessen Portal Beratungen bei Schulproblemen sowie bei Problemen im Lehrerberuf vermittelt. Eltern täten das oft, weil sie wollen, dass aus dem Kind oder Jugendlichen etwas wird. Mindestens das Gleiche, was aus ihnen geworden ist. Besser wäre aber, wenn sie noch erfolgreicher oder angesehener werden.

Auch wenn von vielen Lehrern, Eltern und Schülern selbst ausgeht, dass das Zeugnis nur gute Noten zieren dürfe, sind diese nicht unmittelbar entscheidend für ein Studium oder eine bestimmte Ausbildung. ,,Viele Wege führen nach Rom", sagt Ingo Spitczok von Brisinski und beruhigt: „Mit schlechten Noten ist nicht alles verloren."

Eltern sollten mit Gelassenheit darauf reagieren, wenn das Kind mit Versagensängsten oder schlechten Noten aus der Schule nach Hause kommt. ,,Wenn es deswegen traurig ist, sollte man das Kind erstmal in den Armnehmen und ihm anbieten, eine Tasse Tee mit ihm zu trinken", so Psychologin Elisabeth Raffauf. Dann könne man immer noch gemeinsam schauen, wie es weitergeht.

Vielleicht hat das Kind oder auch der Jugendliche etwas nicht verstanden. Vielleicht gibt es gerade andere Themen, die es oder ihn beschäftigen. Das Signal dabei sollte laut Raffauf sein: Es gibt wichtigere Dinge als Schule. ,,Ist eine 5 wirklich so schlimm?" Immerhin sind Noten heutzutage, wo es selbst fürs Studieren andere Wege gibt als das Abitur, nicht mehr ganz so essenziell wie früher.

,,Viele Eltern haben jedoch ein altes Schema im Kopf",hat Christian Ehmann festgestellt. Auch eine Prüfungsnote habe heutzutage nicht mehr einen so großen Einfluss. Prüfungsängste gibt es aber dennoch. Ingo Spitczok von Brisinski sagt, dass diese oft von diffuser Natur sind, weil die Schüler sich vorstellen, was alles passieren könnte, wenn sie die Prüfung nicht schaffen.

„Diese Ängste sind viel unangenehmer als konkrete Sorgen", sagt der Jugendpsychiater. Deswegen sollten Eltern mit ihrem Kind sprechen, es fragen, was passiert, wenn es nicht genug gelernt hat und was eine 6 im Zeugnis bedeuten könnte.

Ist der schlimmste wirklich so schlimm? Fall Beihelfen. manchen Prüfungsängsten kann ein Psychologe Christian Ehmann rät, herauszufinden, was für eine Art von Prüfungsangst das Kind hat. „Da gibt es ganz verschiedene Level", sagt der Schulleiter. Der ganz normale Bammel vor einer Klausur sei dabei vielleicht sogar ganz gut für das Abschneiden des Schülers.

Und dann gebe es noch die Angst, die im schlimmsten Fall zum Versagen in der Prüfung führt. ,,Da würde ich sagen, dass Eltern hier machtlos sind und besser ein Fachmann, also ein Psychologe, zur Hilfe geholt werden sollte."

Egal, um welche Form von Angst es sich auch handelt,empfiehlt Elisabeth Rauffauf Eltern, ihren Kindern das Gefühl zu vermitteln, dass sie kein schlechterer Mensch sind, wenn die Noten mal nicht so gut sind. Daher sei es wichtig, dass Eltern sich selbst überprüfen, ob sie nur wollen, dass das Kind gute Noten schreibt, weil sie sich dann selbst besser fühlen.

Es gibt für Rauffauf aber eine noch bessere Denkweise: Auch wenn das Kind mal sitzenbleibt, wird es seinen Weg finden. ,,Wenn das Kind nicht lernt, Schwierigkeiten zu meistern, dann kann es das später auch nicht. Es muss lernen, wie es damit zurechtkommt, wenn etwas nicht glattläuft“, so die Psychologin. dpa