Erbrecht - Interessante Gerichtsentscheidungen

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Erbrecht - Interessante Gerichtsentscheidungen

Silke Schaffer-Nitschke Rechtsanwältin

22.02.2022

Mit dem heutigen Beitrag möchte die Verfasserin auf einzelne in den vergangenen Jahren erlassene bedeutende Entscheidungen im Zusammenhang mit der Abwicklung von Erbschaften eingehen. Die Urteile verdeutlichen einmal mehr, wie komplex das Erbrecht ist.Wussten Sie, dass in dem Fall, dass ein Miterbe eine zum Nachlass gehörende Immobilie allein nutzt, nicht ohne Weiteres an andere Miterben eine Nutzungsentschädigung zu zahlen hat? Voraussetzung hierfür ein sogenanntes Neuregelungsverlangen, denn Miterben bestimmen gemeinsam über die Verwaltung und Nutzung eines gemeinsamen Hauses durch sogenannten Mehrheitsbeschluss. Liegt ein solcher nicht vor, ist Zahlung nicht zu leisten. Hat ein Miterbe in einer Erbengemeinschaft eine Stimmenmehrheit, so kann er einen derartigen Beschluss selbst fassen (OLG Rostock, Urteil vom 19.03.2018, 3 U 67/17).Wussten Sie, dass Kinder, die ihre Eltern pflegen und somit einen wesentlichen Beitrag dazu leisten, dass das Vermögen der Eltern dadurch nicht nur geschont, sondern u. U. sogar vermehrt wird, gemäß § 2057a BGB im Erbfall bei der Erbauseinandersetzung eine Ausgleichsforderung gegen den Nachlass haben? Diese kann im Einzelfall, wenn die Pflege über Jahre erfolgt, auch gut einen fünfstelligen Betrag erreichen (OLG Frankfurt, Urteil vom 07.02.2020, 13 U 31/18).Wussten Sie, dass Grabpflegekosten bei der Berechnung des Pflichtteilsanspruchs nicht als Nachlassverbindlichkeiten in Abzug zu bringen sind? Das war viele Jahre streitig. Grabpflegekosten können richtig hoch sein, insbesondere dann, wenn mehrjährige Verträge abgeschlossen werden. Sie belasten den Nachlass massiv. Den Pflichtteilsberechtigten braucht dies jedoch nicht zu interessieren. Für seine Ansprüche sind neben anderen Verbindlichkeiten nur die Kosten der eigentlichen Bestattung in Abzug zu bringen (BGH, Urteil vom 26.05.2021, 4 ZR 174/20).Wussten Sie, dass Sie als Miterbe einen Anspruch auf Grundbucheinsicht haben, wenn es Anhaltspunkte dafür gibt, dass der oder die Erblasser zu Lebzeiten Grundstücksübertragungen vorgenommen haben und diese zur Schmälerung des Nachlasses führten? Häufig ist in derartigen Verträgen geregelt, dass die Übertragung „im Wege der vorweggenommenen Erbfolge“ oder „unter Anrechnung auf Pflichtteils- sowie Pflichtteilsansprüche“ erfolgt. Solche Klauseln geraten schnell in Vergessenheit und Beschenkte weigern sich häufig, anderen Miterben die Verträge vorzulegen. Dieses Problem kann durch eigene Einsichtnahme ins Grundbuch umgangen werden (OLG Braunschweig, Beschluss vom 11.06.2019, 1 W 41/19). Silke Schaffer-Nitschke Fachanwältin für ErbrechtDie „Brandenburger Erbrechtsabende“ finden wieder statt, und zwar am 02.03.2022 um 18.00 Uhr im Lighthouse (Bahnhofspassage 4, 14776 Brandenburg a. d. H.) zum Thema „Wenn ein Mensch gestorben ist – vom Umgang mit dem Erbe und dessen Abwicklung.“ Die Veranstaltung ist kostenlos. Anmeldung unter 03381/22 72 99 ist erforderlich.   

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