Bei Einreichung einer Scheidung bei Gericht sollte jeder auch über die Erbrechtlichen Konsequenzen einer Scheidung nachdenken und sich beraten lassen. Das macht zum Beispiel dieser Sachverhalt deutlich: Der Erblasser verstarb und hatte zu diesem Zeitpunkt ein zweites Mal geheiratet. Aus der ersten Ehe gab es ein privatschriftliches Ehegattentestament, in dem beide Ehegatten sich wechselseitig zu alleinigen Erben eingesetzt hatten. Sie hatten auch aufgeschrieben, dass dieses Testament auch im Fall der Ehescheidung gelten sollte.
Kurz nach der Scheidung dieser Ehe hatte der spätere Erblasser erneut geheiratet und mit seiner zweiten Ehefrau ein notarielles Testament beurkundet, in dem er das zurückliegende Testament widerrufen hatte. Dieser Widerruf war aber der ersten Ehefrau nicht bekannt gemacht worden.
Die erste nun geschiedene Ehefrau vertrat die Auffassung, sie sei Alleinerbin. Die zweite Ehefrau focht das erste Testament an, weil sie in diesem Testament damals nicht berücksichtigt worden sei. Die Anfechtung eines Testaments ist innerhalb eines Jahres möglich, wenn zum Beispiel Pflichtteilsberechtigte Verwandte nach Erstellung des Testaments bekannt werden. Bei Heirat ist die Ehefrau Pflichtteilsberechtigt und somit eine nicht berücksichtigte Pflichtteilsberechtigte.
Zunächst erhielt die erste Ehefrau Recht, danach entschied das Oberlandesgericht Hamm am 28.10.2014; Az.: 15 W 14/14), dass diese erste Ehefrau doch nicht Erbin geworden sei, weil die Anfechtung des Testaments durch die zweite Ehefrau wirksam gewesen sei. Zwar sei der "Widerruf" im zweiten Testament nicht wirksam gewesen, da es hier an der Zustellung an die erste Ehefrau fehle. Die wirksame Anfechtung dieses Testaments aus der ersten Ehe, sei aber innerhalb der gesetzlich vorgesehenen Frist erfolgt, weil die nunmehr pflichtteilsberechtigte zweite Ehefrau im ersten Testament übergangen worden war.
Es gibt aber die Möglichkeit, die Anfechtung im Testament auszuschließen. Wäre das erfolgt, hätte die zweite Ehefrau keine wirksame Anfechtungsmöglichkeit gehabt und dann wäre unwiderruflich die erste Ehefrau Alleinerbin geworden zu Lasten der Witwe. Dieser Fall macht deutlich, wie schwierig die Situation ist, wenn zwei wechselbezügliche Ehegattentestamente hinterlassen werden. Es ist also empfehlenswert, im Falle einer Scheidung auch die erbrechtlichen Konsequenzen zu durchdenken und fachanwaltlichen Rat in Anspruch zu nehmen.
Die Verfasserin Rechtsanwältin Daniela Saegebrecht ist
• Fachanwältin für Arbeitsrecht
• Fachanwältin für Erbrecht und
• Fachanwältin für Familienrecht.
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