Bei gemeinsamem Sorgerecht hat kein Elternteil das Recht mit dem Kind umzuziehen. Ist der andere Elternteil nicht einverstanden, entscheidet das Familiengericht über das Aufenthaltsbestimmungsrecht (ABR).
Das ABR ist ein Teil des Sorgerechts. Ein reguläres Verfahren über zwei Instanzen dauert mehrere Monate. Kommt noch ein psychologisches Gutachten hinzu, vergeht oft mehr als ein Jahr. Solange will oder kann der umzugswillige Elternteil oft nicht warten, weil die neue Arbeitsstelle ruft oder der Wunsch besteht, nach einer gescheiterten Beziehung räumlichen Abstand zu gewinnen.
Maßstab der gerichtlichen Entscheidung ist einzig und allein das Wohl des Kindes. In 99 % der Fälle ist es für das Kind am besten, wenn es Mutter und Vater in der Nähe hat. Doch hat das Gericht keine Möglichkeit, dem Elternteil den Umzug zu verbieten. Wenn es schnell gehen soll, kann ein Eilverfahren die Lösung sein. Das stößt bei allen Beteiligten (Jugendamt, Gericht) oft auf Kritik, die im Verfahren durchaus deutlich ausgesprochen wird. Gibt das Gericht dem Eilantrag statt, steht dem Umzug nichts mehr im Wege.
Lehnt das Gericht den Eilantrag ab (oder wird das Gericht gar nicht gefragt), zieht so mancher Elternteil dennoch um. Das geht in solchen Fällen gut, in denen ein Elternteil die engere Bindung zum Kind hat, etwa weil das Kind schon vorher schwerpunktmäßig von der Mutter (so ist es meistens) betreut wurde. Dem Kind soll dann kein neuer Wohnungswechsel zugemutet werden. Die Wegnahme des Kindes als Sanktion ist verboten.
Hat der Elternteil den Umzug erst einmal vollzogen, greift die Kraft des Faktischen. Egal, ob das Kind mit dem Einverständnis des Gerichts im Eilverfahren oder einfach so umgezogen" wird: Wenn sich das Kind erst einmal eingelebt hat, wird das Familiengericht es in der finalen Entscheidung am neuen Wohnort belassen. Nur wenn der Gutachter Defizite des betreuenden Elternteils feststellt, rechtfertigt dies eventuell den Wechsel in den anderen Haushalt.
Dr. Christoph Schäfer, MBA
Fachanwalt für Familienrecht bei Fachkanzlei wendelmuth Rechtsanwälte
Top Kanzlei 2021 und 2022 im Familienrecht lt. Magazin Stern
Alle Artikel unter „Aktuelles" bei www.wendelmuth.net
Nicht alle Aussagen gegenüber der Polizei nach einem Unfall dürfen auch verwertet werden!
Plötzlich steht die Polizei vor der Tür und stellt Fragen zu dem eigenen Auto vor der Tür, ohne dass man eigentlich genau weiß, worum es geht.
Als Halter eines Kraftfahrzeuges kann dies relativ schnell geschehen, wenn der Verdacht besteht, dass das Fahrzeug in einen Unfall verwickelt gewesen sein könnte. Über Zeugen, die vermeintlich das Kennzeichen abgelesen haben, kommt dann die Polizei zum Halter, um diesen zu befragen. Der Fahrzeughalter ist hierbei grundsätzlich zunächst als Beschuldigter zu belehren, was oft jedoch nicht gemacht wird.
Die Polizei, die ja noch nicht weiß, ob der Halter auch der Fahrer des Fahrzeugs gewesen ist, führt vielmehr oft sogenannte „informatorische Befragungen“ durch. Dies ist jedoch nicht zulässig, da es naheliegend ist, dass der Halter des Fahrzeugs auch derjenige gewesen sein kann, der in den vorhergehenden Unfall verwickelt gewesen ist. Nur dann, wenn vor der Befragung ausgeschlossen werden kann, dass der Halter nicht der Fahrer gewesen sein kann, wäre eine solche Beschuldigtenvernehmung entbehrlich. Daher ist der Halter ansonsten vorab grundsätzlich immer als Beschuldigter zu belehren. Geschieht dies nicht, sind getätigte Angaben gegenüber der Polizei nicht verwertbar.
Dies hat auch das das Landgericht Nürnberg - Fürth mit Beschluss vom 28.06.2022 Az.: 5 Qs 40/22 noch einmal bestätigt:
Dort wurde die Halterin nach einem Unfall befragt, bei der mit ihrem PKW ausgeparkt wurde und hierbei eine Kollision mit einem auf der anderen Straßenseite befindlichen PKW stattfand. Ohne Belehrung teilte sie der Polizei mit, zur Tatzeit mit dem Fahrzeug gefahren zu sein, weshalb ihr daraufhin die Fahrerlaubnis entzogen wurde und der Führerschein beschlagnahmt wurde. Gegen den nachfolgenden Strafbefehl und den Beschluss legte die Halterin Widerspruch ein mit der Begründung, dass gegen die Halterin kein Tatverdacht bestehe. Ihre Aussage vor der Polizei sei wegen der fehlenden Belehrung unverwertbar und eine sonstige Identifizierung nicht möglich. Dem folgte das Landgericht Nürnberg-Fürth und führte dazu aus, dass sich aus der Verletzung der Belehrungspflicht ein Beweisverwertungsverbot ergibt, wobei auch kein Ausnahmefall wie eine Spontanäußerung vorlag.
Egal, ob es sich um den Vorwurf des unerlaubten Entfernens vom Unfallort handelt, eine Trunkenheitsfahrt oder um einen sonstigen Vorwurf, vom Schweigerecht sollte immer Gebrauch gemacht werden und nach einer solchen Befragung anwaltliche Hilfe in Anspruch genommen werden.
Ralf Breywisch
Rechtsanwalt und Fachanwalt für Verkehrsrecht
Mitglied Arbeitsgemeinschaft Verkehrsrecht des DAV
Erbrecht: Zum Umfang des Auskunftsanspruchs des enterbten Pflichtteilsberechtigten
Der Auskunftsanspruch Pflichtteilsberechtigten des aus § 2314 BGB erstreckt sich nicht nur auf die tatsächlich zum Todeszeitpunkt noch vorhandenen Nachlasswerte des Erblassers, sondern auch auf Schenkungen, welche dieser zu seinen Lebzeiten vorgenommen hat und welche daher einen Pflichtteilsergänzungsanspruch nach sich ziehen können. Zu einer Auskunftserteilung über solche Schenkungen ist der auskunftspflichtige Erbe allerdings nur auf besonderes Verlangen verpflichtet. Grundsätzlich müssen vom Erben dann die wesentlichen vertraglichen Bedingungen einer lebzeitigen Zuwendung/Schenkung des Erblassers in ihrer Gesamtheit offenbart werden. Nur dann ist es dem enterbten Pflichtteilsberechtigten letztlich möglich zu beurteilen, ob und in welcher Höhe ein Pflichtteilsergänzungsanspruch besteht. Nach Ansicht des Oberlandesgerichts Karlsruhe muss die Auskunft ferner so beschaffen sein, dass eine Nachprüfung der Angaben möglich ist. Der Auskunftspflichtige muss deshalb auch den Namen des Beschenkten benennen.
Vielfach wird fälschlich davon ausgegangen, der Auskunftsanspruch sei auf Schenkungen innerhalb der letzten 10 Jahre vor dem Erbfall beschränkt. Dies trifft jedoch nur bei denjenigen Schenkungen zu, bei denen die 10-Jahres-Frist bereits zu laufen begonnen hat. Zuwendungen unter Ehegatten und Schenkungen unter einem umfassenden Nutzungsvorbehalt (Nießbrauch oder Wohnrecht) müssen hingegen ohne jede zeitliche Begrenzung angegeben werden. Einem pflichtteilsberechtigten Erben, der einen Pflichtteilsergänzungsanspruch geltend machen will und die ihm hinterlassene Erbschaft angenommen hat, steht allerdings der zuvor dargestellte Auskunftsanspruch nicht zu.
Thomas Brehmel
Sozius der Rechtsanwaltsund Fachanwaltskanzlei
Mauersberger & Kollegen
Bahnhofstraße 52
14612 Falkensee
Telefon: 03322-24 26 87
(www.rechtsanwalt-mauersberger.de )