Jeder vierte Bundesbürger fühlt sich sehr einsam. Dieses Gefühl ist oft auch unabhängig von der Zahl der tatsächlichen Sozialkontakte. Bei Menschen mit Depression berichtet sogar jeder Zweite vom Gefühl großer Einsamkeit. Aktuelle Untersuchungen bestätigen: Menschen aller Altersklassen, und damit auch junge Menschen, fühlen sich einsam. Nach Befragungen geben rund die Hälfte der befragten Jugendlichen an, dass es ihnen „häufig bis immer an Gesellschaft fehle“.
Das Gefühl empfindet jeder Betroffene anders und kann durch verschiedene Lebensumstände begünstigt werden. Das dauerhafte und starke Gefühl von Einsamkeit kann schwerwiegende gesundheitliche Folgen haben: von Herz-Kreislauf-Erkrankungen über ein geschwächtes Immunsystem bis hin zu einer erhöhten Sterblichkeit. Auch psychische Leiden, wie Depressionen, treten häufiger auf.Â
Darüber hinaus führt Einsamkeit oft zum gesellschaftlichen Rückzug. Die Corona-Pandemie hat das Problem deutlich verschärft – unabhängig davon, ob Menschen in der Stadt oder auf dem Land leben, so Experten. Entscheidend seien vielmehr äußere Einflussfaktoren, wie Infrastruktur und die Mobilität vor Ort. Aber auch soziale Umstände wie Armut, Care-Arbeit, Migrationshintergrund, Fluchterfahrung, Arbeitslosigkeit, Alleinerziehendenstatus oder belastende Lebenssituationen wie etwa Trauer können Einsamkeit begünstigen.
Einsamkeit kann tödlich sein
Laut statistischem Bundesamt beendeten zum Beispiel im Jahr 2023 ca. 10.300 Menschen ihr Leben durch einen Suizid. Viele davon werden von älteren Menschen begangen, aber auch von jungen Personen – männlichen wie weiblichen.Â
Suizide durch soziale Isolation sind keine Seltenheit. Wenn Menschen kein Gegenüber haben, mit dem sie sich austauschen können und sie nicht wissen, wo sie Hilfe und Unterstützung finden können, ist ein Suizid für manche Personen der einzige Ausweg.
Pro Jahr sterben in Deutschland knapp 1 Millionen Menschen. Nach Angaben der Weltgesundheitsorganisation (WHO) sind von jedem Todesfall mindestens drei Personen im Umfeld des Verstorbenen betroffen, die trauern: Verwandte, Bekannte, Freunde, Kollegen. Das sind allein in Deutschland jedes Jahr etwa 3 Millionen Trauernde.
Und es ist ein Teufelskreis: Viele Menschen vereinsamen durch ihre Trauer. Sie ziehen sich von ihrer sozialen Umgebung zurück, weil sie in ihrem tiefen Schmerz nicht verstanden werden. Die Folge: Trauernde fühlen sich völlig allein. Und das in einer neuen Lebenssituation, in der sich ein Großteil der Menschen wie gelähmt und ohnmächtig fühlt.
Die Lösungsansätze
Natürlich ist jeder Einzelne gefragt, seine Mitmenschen zu unterstützen und ihnen gegenüber aufmerksam zu sein. Damit beginnt jede Hilfe bei Trauer und Einsamkeit. Experten zum Thema fordern aber nicht zuletzt Einsatz von der Politik, zum Beispiel einen Einsamkeitsminister nach dem Vorbild von Großbritannien und Japan. Karl Lauterbach, SPD, ehem. Gesundheitsminister, hatte noch in Oppositionszeiten einen Einsamkeitsbeauftragten im Gesundheitsministerium gefordert. Das scheint vergessen. Sicher ist: Gegen die wachsende Einsamkeit in unserer Gesellschaft braucht es konkrete Maßnahmen. „Die Lösung dieser riesigen gesellschaftlichen Aufgabe kann angesichts der enormen Zahl der Betroffenen nicht auf die Schultern von Ehrenamtlichen abgewälzt werden. Zumal diese engagierten Personen auch noch in harter Konkurrenz zueinander stehen – und um Fördermittel kämpfen.“ (Zitat von www.trosthelden.de )
Schutz vor Einsamkeit könnten dabei unter anderem mehr Achtsamkeit, Alltagsaktivität, generationenübergreifende Initiativen, ein starkes Nachbarschaftsnetzwerk sowie gezielte politische und soziale Angebote sein.
pm/cr
Weitere Informationen dazu gibt es beispielsweise unter: www.destatis.de / www.trosthelden.de