Menschen mit Behinderung sollen selbst entscheiden können, wie, wo und mit wem sie wohnen möchten. Genauso, wie alle anderen Menschen auch. Mit der UN-Behindertenrechtskonvention haben sie auch das Recht darauf. Inzwischen gibt es viele Angebote: inklusive Wohn-Gemeinschaften, Wohn-Assistenz oder Mehr-Generationen-Häuser. Doch noch immer können manche Menschen mit Behinderung nicht so wohnen, wie sie es möchten.
Was bedeutet selbstbestimmt Wohnen?
In Artikel 19 der UN-Behindertenrechtskonvention steht: „Menschen mit Behinderung müssen gleichberechtigt die Möglichkeit haben, ihren Aufenthaltsort zu wählen und zu entscheiden, wo und mit wem sie leben. Sie dürfen nicht auf eine besondere Wohnform verpflichtet sein.“ Im 9. Sozialgesetzbuch (Paragraf 8, Absatz 3) steht: „Leistungen, Dienste und Einrichtungen lassen den Leistungsberechtigten möglichst viel Raum zu eigenverantwortlicher Gestaltung ihrer Lebensumstände und fördern ihre Selbstbestimmung.“ In beiden Texten ist deutlich: Menschen mit Behinderung haben das Recht, frei zu wählen, wo sie wohnen, wie sie wohnen und mit wem sie wohnen.
„Die gesetzliche Situation hat sich für Menschen mit Behinderung dadurch stark verbessert. Aber in der Wirklichkeit sieht es oft anders aus. Noch immer fehlen barrierefreie Wohnungen, ambulante Wohn-Angebote und mehr finanzielle Unterstützung.“ heißt es auf der Webseite des Familienratgeber.de. Hier werden wichtige Informationen, Tipps und Adressen weitergegeben für Menschen mit Behinderung und deren Angehörige.
Ambulantes Wohnen bedeutet: Menschen wohnen in einer Wohnung oder Wohn-Gemeinschaft und bekommen nur dann Hilfe, wenn sie diese brauchen. Ob in einer Wohn-Gemeinschaft, bei den Eltern oder allein: In Zukunft soll es mehr Wahlmöglichkeiten geben. Damit das möglich wird, braucht es mehr barrierefreie Wohnungen, finanzielle Unterstützung und ein größeres Angebot an Teilhabe-Assistenz.
Inklusives Wohnen
In inklusiven Wohn-Gemeinschaften (WG) wohnen Frauen und Männer mit und ohne Behinderung. Meistens gibt es Voraussetzungen für die Aufnahme in eine WG. Die Mitbewohnerinnen und Mitbewohner müssen sich zum Beispiel für das Leben in der WG selbst entscheiden können. Oder sie müssen in der Lage sein, am gemeinsamen Leben teilzunehmen. Die Menschen mit Lernbehinderung, die in WGs wohnen, sind erwachsen. Die Bewohnerinnen ohne Behinderung wohnen oft mietfrei in den WGs. Sie verpflichten sich aber, die Bewohner mit Behinderung zu unterstützen.
Die inklusiven WGs sind mehr als reine Zweck-Gemeinschaften. Es sind Orte des Zusammenlebens. Die Bewohner und Bewohnerinnen kochen und essen zusammen. Sie verbringen einen Teil ihrer Freizeit gemeinsam oder fahren zusammen in Urlaub. Und sie haben gemeinsame Pflichten: zum Beispiel Putzen, Einkaufen und Spülen. Auf der Internetseite der Aktion Mensch kann man zum Beispiel das Leben in der inklusiven WG „6plus4“ in Dresden ansehen. Das Bündnis WOHN:SINN ist eine Interessengemeinschaft für inklusives Wohnen. Auf der Internetseite gibt es eine WG-Börse und Informationen für alle, die sich für inklusive Wohn-Gemeinschaften interessieren.
Wohnen für Hilfe
Beim „Wohnen für Hilfe“ wohnen Studentinnen oder Studenten im Haus oder der Wohnung von Senioren, Menschen mit Behinderung oder pflegebedürftigen Menschen. Die Studenten wohnen dabei in einem eigenen Zimmer oder in einer Einliegerwohnung. Sie müssen keine Miete bezahlen, meistens nur die Nebenkosten. Dafür helfen sie aber mehrere Stunden im Monat. Die Hilfe kann zum Beispiel in folgenden Bereichen stattfinden:
• Hilfe im Haushalt, zum Beispiel kochen, sauber machen
• Gartenarbeit
• Einkaufen
• Fahrdienste
• Unterstützung am Computer, Begleitung bei Freizeit- Aktivitäten oder einfach Gesellschaft leisten.
Ausgenommen von der Hilfe sind Pflege-Leistungen.
Mehrbedarf für Menschen Behinderung bei Wohnraum mit
Manche Menschen mit Behinderung können mehr Geld für eine barrierefreie Wohnung bekommen. Anders ausgedrückt: Sie dürfen eine größere Wohnung haben. Die Voraussetzung dafür: Sie erhalten Bürgergeld oder Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung.
Bei bestimmten Behinderungen haben sie dann Anspruch auf mehr Wohnraum. Dies können bis zu 15 Quadratmeter pro Person mit Behinderung sein. Wer Bürgergeld oder Grundsicherung bekommt, kann für eine größere Wohnung dann auch mehr Geld bekommen.
Das gilt für Personen, die auf einen Rollstuhl angewiesen ist, einen Schwerbehindertenausweis mit dem Merkzeichen aG haben, stark sehbehindert oder blind sind (Merkzeichen Bl) oder den Pflegegrad 4 haben. Mehr Informationen dazu gibt es im Jobcenter oder bei den EUTB-Beratungsstellen.
familienratgeber.de