Jana Seiffert ist neben ihrer Profession als Krankenschwester ausgebildete Fachkraft für Palliativpflege und erklärt, was es damit auf sich hat und welche Hilfe Betroffene und ihre Angehörigen erwarten und annehmen können.
Frage:
Braucht es eine Extra-Ausbildung, um als Palliativ-Fachkraft arbeiten zu können?
Jana Seiffert:
Die Zusatzausbildung ist zwingend erforderlich, um als Palliativ-Fachkraft gelistet zu werden. Es handelt sich hierbei um eine ca. 1-jährige Weiterbildung, meist eine Woche im Monat zusätzlich zur normalen Beschäftigung.
Bietet ein Pflegedienst die Palliativpflege an, so braucht es mehrere ausgebildete Palliativ-Fachkräfte, um die 24/7 Betreuung der Betroffenen zu gewährleisten.
Frage:
Wer wird in der Palliativpflege berücksichtigt?
Jana Seiffert:
Der Hausarzt oder auch die Ärztin im Krankenhaus stellen eine sogenannte ambulante Palliativversorgung aus, wenn es sich um eine schwerwiegende Erkrankung des Betroffenen handelt und die Lebenserwartung dadurch stark eingeschränkt wird. Wir haben oft Krebspatienten und -patientinnen in der Palliativpflege, aber auch Menschen mit einer starken Herzinsuffizienz beispielsweise.
Die verordnete Therapie ist dann nicht mehr kurativ - also auf Heilung - ausgelegt. Es geht eher darum, die Schmerzen zu lindern und den Lebensalltag soweit es geht, erträglich zu gestalten.Â
Die meisten unserer Klienten wollen zu Hause bleiben und nicht im Krankenhaus sterben. Manche äußern auch den Wunsch, `einzuschlafen, ohne Schmerzen.
Es gibt die spezialisierte ambulante Palliativversorgung (SAPV). Hier arbeiten wir über ein Datensystem eng mit den Ärzten und der medizinischen Versorgung zusammen. Das heißt, Anghörige müssen nicht mehr wegen jedem Rezept zum Hausarzt gehen.
Die Medikation wird in das Datensystem eingepflegt und online nachbestellt mit dem Ok des behandelnden Arztes. Das Ärzteteam hat 24 Stunden Rufbereitschaft und zur Schmerzlinderung können stärkere Morphine verschrieben werden.Â
Frage:
Und was passiert, wenn der oder die Betroffene stirbt - endet damit die Palliativversorgung?
Jana Seiffert:
Es geht ja bei der Palliativpflege immer auch um die psychosoziale Situation. Wie geht es den Angehörigen mit der Pflege bis zuletzt. Das bedeutet oft auch Zuhören, die Familien dort abholen, wo die Selbstständigkeit oder auch die Kraft aufhört. Das ist ja individuell verschieden.
Wenn die Belastung zu schlimm wird, würden wir besser ein Hospiz empfehlen. Die Aufnahme eines Sterbenden ist auch eine Krankenkassenleistung. Das wissen die Angehörigen oftmals nicht.Â
Frage:
Wie merkt man, dass der Tod nahe ist, gibt es dafür äußere Anzeichen? Auch wenn jemand schon lange schwerkrank ist?
Jana Seiffert: Es kommt darauf an, ob man den Patienten täglich sieht oder nur ein oder zweimal in der Woche. Aber was auf einen baldigen Tod hindeutet, sind zum Beispiel ein flacher werdender Atem, manchmal gibt es auch so brodelnde Geräusche in Intervallen. Der Tod kann plötzlich auftreten, aber auch schleichend. Mitunter wollen die Betroffenen nicht mehr essen, nicht mehr trinken.
Und wenn die Schmerzmittel immer höher dosiert werden, ist es oft so ein Hindämmern und die Patienten werden durch die Medikation durchaus auch kognitiv eingeschränkt. Das ist eine Nebenwirkung.Â
Frage:
Und wie geht es weiter, wenn jemand gestorben ist?
Jana Seiffert:
Ich sage den Angehörigen immer, sie sollten als erstes den behandelnden Arzt verständigen. Wenn dieser nicht erreichbar ist - die Palliativärzte machen das ja zumeist neben ihrer Praxistätigkeit - sollte die 116117 angerufen werden.
Es muss der Ausweis des Toten bereitliegen und die Krankenkassenkarte. Dann kann die Ärztin vor Ort den Totenschein ausstellen und erst dann kann das Bestattungsunternehmen tätig werden und denjenigen abholen.
Wir als Pflegeteam kommen dann im Nachhinein nach Hause und holen - wenn das gewünscht ist auch Geräte und medizinische Hilfsmittel wieder ab, um die Angehörigen damit nicht weiter zu belasten.Â
Frage:
Apropos Belastung. Wie geht Ihr als Team eigentlich damit um? In gewisser Weise gehört der Tod fast mit zum Berufsalltag, oder?
Jana Seiffert: Wir sehen wahrscheinlich öfter sterbende und tote Menschen als in anderen Berufen. Aber auch uns gehen mitunter Situationen nahe, wenn zum Beispiell junge Menschen sterben oder eine Mutter, die noch junge Kinder hinterlässt. Das lässt niemanden kalt.
Aber in der Palliativ Care Team Unterstützung steht auch eine Supervision zur Verfügung, bei der solche besondere Angelegenheiten besprochen werden können.
Das passiert dann in einer Art geschütztem Raum, auch ohne Leitungspersonen, so dass sich ausschließlich Zeit für die Trauer genommen werden kann. Das ist auch für die anderen helfenden Personen wichtig.
Vielen Dank!
Das Gespräch führte Josseline Rücker.