Traum von der Vier-Tage-Woche

BERUF & BILDUNG

Traum von der Vier-Tage-Woche

Realitätscheck Was bei der Entscheidung zu bedenken ist

Eine Vier-Tage-Woche stellen sich viele Beschäftigte traumhaft vor. Dies ist aber nicht immer der Fall. Foto: Christin Klose/dpa-mag

21.08.2022

Das Arbeitszeitmodell einer Vier-Tage-Woche stößt auch bei Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern in Deutschland auf großes Interesse. Weniger arbeiten, mehr Zeit für Familie und Hobbys, wer würde da schon Nein sagen? Viele Annahmen, die mit dem neuen Arbeitszeitmodell verbunden sind, können sich aber als Irrtum erweisen. Ufuk Altun vom Institut für angewandte Arbeitswissenschaft (ifaa) erklärt, welche Punkte Beschäftigte vorab unbedingt prüfen sollten.

Tipp 1: Genaue Bedingungen klären

Eine Vier-Tage-Woche ist nicht überall gleich. Beschäftigte sollten deshalb vorher klären, um welches Arbeitszeitmodell es sich tatsächlich handelt - und ob sich ihre Arbeitszeit wirklich reduziert. Unter dem Begriff Vier-Tage-Woche werden nämlich ganz unterschiedliche Arbeitszeitmodelle zusammengefasst. Zum Beispiel: Die Vier-Tage-Woche mit kürzerer Arbeitszeit und weniger Gehalt, die Vier-Tage-Woche mit kürzerer Arbeitszeit und gleichbleibendem Gehalt oder eine Vier-Tage-Woche mit gleichbleibender Arbeitszeit und gleichbleibendem Gehalt.

Tipp 2: Mit Lebensumständen abgleichen

Wer sich für eine Vier-Tage-Woche interessiert, sollte zudem klären, ob das Modell tatsächlich die Gesundheit und Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben fördert. Eine Vier-Tage-Woche bedeute nicht immer automatisch, dass Angestellte produktiver und flexibler sind - und ein ausgeglicheneres Arbeits- und Privatleben haben, so Ufuk Altun. Studien zufolge können kürzere Arbeitszeiten mit gleichbleibendem Einkommen zu mehr Stress und zusätzlicher Belastung im Beruf und Privatleben führen. Für manche passe eine Vier-Tage-Woche und drei Tage Wochenende gut - für andere nicht. Zudem sei noch nicht wissenschaftlich erforscht, ob der zusätzliche arbeitsfreie Tag die längeren Arbeitstage ausgleichen könne.

Nicht zuletzt sollten Beschäftigte klären, ob das Modell in ihrem Beruf überhaupt machbar ist. 

Tipp 3: Realitätscheck: Geht das in meinem Job?

Eine Vier-Tage-Woche sei nicht in allen Branchen flächendeckend umsetzbar, so Altun. In vielen Branchen müssen Kunden oder Patienten rund um die Uhr versorgt werden. Zur Realität gehört auch: In vielen Bereichen fehlt es derzeit an Personal. Ob sich Arbeitgeber dann tatsächlich auf eine Vier-Tage-Woche einlassen, ist fraglich. dpa


Zu hohe Erwartungen erschweren Jobsuche

Wer derzeit in den Arbeitsmarkt startet, hat relativ gute Ausgangsbedingungen. Einen passenden Arbeitgeber zu finden, sollte zumindest laut dem Portal ,,abi.de" kein Problem sein.

Fachkräfte seien gesucht, wer eine Ausbildung oder einen Studienabschluss hat, bringe die passenden Grundlagen mit. Mandy Rusch, Berufsberaterin bei der Agentur für Arbeit Leipzig, empfiehlt dennoch, in Sachen Arbeitgeberwahl keine allzu hohen Erwartungen an den Einstieg zu knüpfen.

Möglichkeiten zur Weiterbildung, passende Benefits und bloß keine 40-Stunden-Woche: Wer alles auf einmal will, habe womöglich Schwierigkeiten, das perfekte Unternehmen zu finden. Beim Berufseinstieg sollte es nach Ansicht von Rusch zuerst um die Aufgaben gehen. Hierbei sind Fragen wie ,,Möchte ich das gerne machen?" oder „Gefällt mir der Bereich?" ausschlaggebend. Andere Rahmenbedingungen lassen sich im Lauf des Berufsleben immer noch ändern. dpa


Job nicht zu häufig wechseln

Ausdauer gefragt

Auf die Frage, wie oft Beschäftigte den Arbeitgeber wechseln sollten, gibt es keine eindeutige Antwort. Prof. Jutta Rump, Direktorin des Instituts für Beschäftigung und Employability (IBE) in Ludwigshafen, empfiehlt aber, etwas Ausdauer an den Tag zu legen.

Wer viele Wechsel im Lebenslauf hat, zeige zwar Beweglichkeit und dass er oder sich in andere Kontexte einarbeiten kann. ,,Als Personaler wird man aber hellhörig, wenn die Wechsel sehr schnell kommen. Zwei bis drei Jahre sollte man durchhalten, fünf wären super", so Rump. Die Erwartungen der Arbeitgeber können sich aber je nach Branche unterscheiden.

Bleibt die Frage: Muss man irgendwann den Job wechseln, selbst wenn man glücklich und zufrieden ist? Nein, ist Jutta Rump überzeugt. Allerdings gelte es, flexibel und mobil im Kopf zu bleiben und sich nicht in einer Komfortzone einzurichten. dpa