Kreisstadt Beeskow in Brandenburg: Boom bei Familien

Beeskow - familienfreundlichste Stadt der Region

Kreisstadt Beeskow in Brandenburg: Boom bei Familien

Platz drei bei der Zufriedenheit von Familien und besonderes Lob für Kitas und Schulen

Für Kinder im Einsatz: Karolin Rings Aufgabe in Beeskow ist es, die Lebenswelt für die Kleinen und Jugendlichen zu verbessern und ihre Beteiligung zu fördern. Bislang hat sich das gelohnt. Die Kreisstadt liegt auf Platz drei der familienfreundlichsten Orte. Foto: Jörn Tornow

03.04.2023

Klein, aber oho: Beeskow macht sich beliebt bei Familien. Die Kreisstadt belegte von 155 Orten in Brandenburg Platz drei bei der großen Umfrage Familienkompass. Hierbei handelte es sich um eine gemeinsame Datenerhebung der Brandenburger Tageszeitungen. Für ganz Brandenburg gingen in die Datensammlung über 9500 vollständig ausgefüllte Fragebögen ein. Abgefragt wurden sämtliche Bereiche, die Familien betreffen: Kinderbetreuung, Engagement der Kommunen und die grundsätzliche Lebensqualität. Während manche Angaben - wie das Fehlen von Fachärzten in Brandenburg - zu erwarten waren, gab es jedoch auch Überraschungen. Beispielsweise sehen viele Eltern für ihre Kinder wenig Zukunftschancen. Mit den neu gewonnenen Daten und Fragen sind unsere Reporterinnen und Reporter anschließend in die Analyse gegangen: Welche Verbesserungen plant die Bahn beim ÖPNV? Was unternimmt das Land für den Ausbau des digitalen Unterrichts?

Und wie lösen Kitas das Problem des Personalmangels? Auf Platz eins im Ranking ist die Niederlausitzer Stadt Finsterwalde gelandet, gefolgt von Kleinmachnow im Speckgürtel und eben Beeskow, das zwischen Berlin und Frankfurt (Oder) liegt. Mit etwa 8000 Einwohnern ist die Kreisstadt relativ klein, macht aber dennoch viel richtig - und schneidet sogar etwas besser beim Thema medizinische Versorgung als der Brandenburg-Durchschnitt ab. Während in Finsterwalde vor allem das Engagement der Vereine bei den Bewohnern punktet, scheint der aktive Einsatz der Stadt selbst im Landkreis Oder-Spree bei den Einwohnern zu fruchten. So nimmt Beeskow seit einem Jahr an dem Unicef-Programm ,,kinderfreundliche Kommune“ teil. „Wir sind eigentlich erst ganz am Anfang der Reise", erläutert Koordinatorin Karolin Ring.

Mittlerweile wurde ein Plan mit 20 Maßnahmen (an elf werde aktuell gearbeitet) entwickelt, um Kinder und Jugendliche stärker ins Stadt- und Alltagsgeschehen zu involvieren. Vor allem Kinderrechte - die Bekanntmachung als auch Umsetzung in beispielsweise Schulen und Kitas - stehen dort im Fokus. Zudem werden Beteiligungsformate geschaffen. Beispielsweise ist im September das Format ,,Pizza und Politik" gestartet, bei dem Schüler über Themen, die sie in ihrer Heimatstadt bewegen, sprechen können.

Über die gute Familienkompass-Bewertung freut sich Karolin Ring. In Beeskow würden sich überdurchschnittlich viele Menschen sowie Schulleiter und Kitaleiter engagieren. ,,Viele gehen die Extra-Meile, beteiligen sich an Festen, machen Dinge möglich. Hinzu kommt, dass Beeskow eine kleine Verwaltung hat, die gute Ideen unterstütz und unkompliziert Dinge anschiebt." Tatsächlich schneiden Schulen und besonders die Kitas in Beeskow gut ab. Leider fehlten bei der Familienkompass-Umfrage drei gültige Fragebögen für eine statistisch belastbare Aussage.

"In den Kitas wurden das pädagogische Konzept und die Ernährung verändert."

Doch diejenigen, die abstimmten, stellten den Erziehern für ihr Engagement mit 1,7 eine Spitzennote aus. Auch die Förderung des Nachwuchses, das Achten auf gesunde Ernährung sowie die Beteiligung der Eltern stach in der Auswertung positiv hervor.

Zwei der vier Kitas in Beeskow werden vom Deutschen Roten Kreuz (DRK) betrieben. ,,Wir haben unsere Arbeit in den letzten zwei bis zweieinhalb Jahren fokussiert", erklärt der örtliche DRK-Fachbereichsleiter Stefan Bley. So wurden die Leitungen der Kitas durch die Gründung einer Verwaltung entlastet. Auch personalrechtliche Angelegenheiten liegen nicht mehr bei den Leiterinnen, sondern einem entsprechenden Fachbereich. Auch im Kita-Alltag hat sich einiges geändert: Vom pädagogischen Konzept, das die Selbstständigkeit der Kinder fördert, bis zur Ernährung wurde viel frischer Wind hineingeblasen. ,,Gesunde Ernährung ist bei uns Dauerthema", sagt Bley. Das Essen werde über einen Externen Caterer geliefert, und zwar alle Mahlzeiten, sodass Kinder selbst nichts mitbringen müssen. Zudem erleichtert eine App die Kommunikation mit den Eltern. Karolin Ring kündigt derweil an, die Ärmel noch weiter hochkrempeln zu wollen: Von den Eltern, über Verwaltungsmitarbeiter bis zu den Kindern selbst müsste Beeskow ,,noch konsequenter über Kinderrechte aufklären und Kinder und Jugendliche stark machen, ihre Meinung zu sagen und ihr Leben aktiv gestalten zu wollen." Katharina Schmidt

Alle Analysen und Artikel sind im Internet auf der Familienkompass-Themenseite gebündelt unter: www.moz.de/familienkompass


Finale Familienkompass

Bedeutender Datensatz - ein Kommentar

Es ist eine kleine Überraschung: In Brandenburg sind es ausgerechnet Orte in der Peripherie, wie Finsterwalde und Beeskow, in denen sich Familien am besten aufgehoben fühlen. Der ,,weitere Metropolraum", wie das Land gern umschrieben wird, gewinnt an Attraktivität. Das sind gute Nachrichten, wenn aktuell in entlegeneren Regionen Wohnungen zurückgebaut werden, während der Speckgürtel aus allen Nähten platzt.

Doch zeigen die Ergebnisse des Familienkompasses auch: Die Lebensqualität steht und fällt mit dem Engagement lokaler Akteure in den jeweiligen Kommunen. Wiederum haben die Resultate der Umfrage nicht nur überrascht, sondern gefühlte Wahrheiten belegt. Etwa wird es für Eltern tatsächlich schwerer, einen Kita-Platz für ihren Nachwuchs zu bekommen. Das verdeutlicht, was für einen Datenschatz die Umfrage gehoben hat. Nun haben es Medien, Verwaltungen und die Politik schwarz auf weiß, wo der Schuh bei vielen Menschen in Brandenburg drückt - sowohl auf kommunaler als auch auf Landesebene. Deswegen haben sich die Themen, die Familien bewegen, mit dem Ende dieser Serie nicht erledigt. Im Gegenteil. Es geht jetzt erst richtig los. Und wir bleiben für Sie dran. Katharina Schmidt