Stellah Nyamwiza aus der Republik Uganda und Jennifer Lindner aus Berlin gehörten zu den ersten Gratulanten bei 20 Jahre ja bitte!? am vergangenen Wochenende. Die beiden Pädagoginnen gründeten 2017 den Ntara Childrens Center e. V. in Berlin und Uganda. REINHARD WITTECK erfuhr von ihnen, warum sie sich in Uganda gemeinsam für ein Kinderzentrum engagieren und wie Spender helfen könnten.
Frau Lindner, wie ist diese Idee entstanden?
Mit 13 Jahren habe ich nach den Eindrücken eines Ägypten-Urlaubes allen erzählt, dass ich mir eine eigene soziale Einrichtung in Afrika für benachteiligte Kinder als meine Perspektive vorstellen könnte. Mit 27 Jahren bin ich von 2014 bis 2015 nach meiner Ausbildung zur Erzieherin mit dem Programm weltwärts nach Uganda ins freiwillige Jahr gegangen. Dort war ich in der Vorschulklasse die Assistentin von Stellah Nyamwiza in Kampala.
Frau Nyamwiza, was waren Ihre ersten Gedanken zu einer Assistentin aus Deutschland?
Ich unterrichtete in Kampala Kinder im Alter von fünf bis neun Jahren. Es ist gut gelaufen und war für mich eine neue Erfahrung. Es ist ja auch ein völlig anderes Land. Wir verstanden uns von der ersten Stunde an sehr gut. Obwohl mir Jennifer meine Skepsis in den ersten Tagen schon anmerkte. Aber wir sind sehr gute Freundinnen geworden. Sonst hätten wir das Kinderzentrum 2017 in Ntara nicht gemeinsam gegründet.
Jennifer Lindner: Keinesfalls wollte ich dort mit erhobenem Zeigefinger arbeiten, so nach dem Motto: Ich weiß es besser. Aber es war schon für mich ein ganz langer Entwicklungsprozess.
Wie erfolgt Vorschulerziehung in Uganda?
Stellah Nyamwiza: Die Lehrmethode in staatlichen Schulen ist frontal, stark autoritär und lässt eine ganzheitliche und eigene Persönlichkeitsentwicklung kaum zu. Dazu gehören auch Gewalt, mit ziehen an den Ohren und schlagen mit dem Lineal. So etwas gibt es bei uns im Ntara Kinderzentrum natürlich nicht!
Wie verläuft die Kindheit in Uganda im Busch?
Daheim erwartet die Kinder zum Spielen keine Puppe, kein Spielzeugauto und keine Filzstifte zum Malen. Oft sitzen sie stundenlang allein. Ihre Eltern drücken ihnen leere Kanister in die Händchen und zu Fuß geht es zum nächsten Bach Wasserholen holen oder auf die Äcker zur Feldarbeit.
Wie ist das Kinderzentrum ausgestattet?
Ein Häuschen mit drei Zimmern für die Kinder, kleines Büro und Lagerraum. Hinzu kommen eine afrikanische Holzhütte mit offenem Feuer für die Küche sowie ein kleiner Sanitärtrakt für die Toiletten. Ein kleines Stückchen einer Plantage für Mangobäume konnten wir schon erwerben. Der Besitzer würde uns auch noch ein Stückchen verkaufen, will er doch von diesem Geld seine Tochter zur Schule schicken.
Wie ist die Personalsituation?
Unsere kleine Einrichtung in Ntara ist mehr auf Qualität als auf Masse bedacht. In Uganda gibt es in staatlichen Einrichtungen Klassen mit bis über einhundert Teilnehmern, das wollen wir auf keinen Fall. Oft werden wir in Ntara von Eltern gefragt, warum wir nicht viel mehr Kinder aufnehmen. Doch uns erscheinen zwei Pädagoginnen und 45 Kinder, wie im Moment noch, schon viel zu viel.
Woran mangelt es im Kinderzentrum?
Es fehlt monatlich an benötigten Materialkosten. Die im Moment weltweit steigenden Kosten erschweren auch uns die Arbeit enorm. Aktuell haben wir im Kinderzentrum einen Defekt der Solaranlage - und wann der Stromanschluss kommt, steht in den Sternen. Er ist immerhin schon geplant, nur keinen weiß, wann es losgeht.
Was ist für das Kinderzentrum geplant?
Ganz dringend notwendig ist ein Brunnen, denn wir versorgen uns über einen Tank, in dem Regenwasser gesammelt wird. Der Brunnen würde auch der Gemeinde Ntara helfen. Ganz oben an steht ein Gebäude für unsere Lehrkräfte und freiwillige Helfende aus Deutschland.
Von wem kommt Hilfe und Unterstützung?
Die Werbeagentur ja bitte!? meiner Mutter hat sich seit 2017 stark engagiert. Monatlich wird das Gehalt für Stellah in Höhe von 34.000 Uganda-Schillinge überwiesen. Das sind 90 Euro, hinzu kommt von mir ihre monatliche Miete von 20 Euro. Der Verein Ntara Childrens Center in Berlin und Uganda sammelt Spenden.
Frau Nyamwiza, sie waren jetzt einen Monat in einem Berliner Kindergarten zur Hospitation, was hat Sie in dieser Zeit besonders bewegt?