Wie sich das Handwerk verändert hat

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Wie sich das Handwerk verändert hat

Von Handwerksordnung, Meisterbrief und einem Aufstand der Azubis - über Jahrtausende haben sich die Gewerke entwickelt und spezialisiert - nicht ohne Konflikte.

Tischler, Steinmetz, Dachdecker und Co: Es gibt noch viele Handwerksberufe, die sich seit Jahrhunderten kaum verändert haben. Aber Automatisierung und Digitalisierung gehen auch am Handwerk nicht vorbei. Foto: archiv

18.09.2023

Der Ursprung des Handwerks liegt jetzt schon 5000 Jahre bestimmt zurück. Vor dieser Zeit gingen die Menschen auf der Erde ganz allgemeinen Tätigkeiten nach. Sie waren Sammler und Jäger, bebauten das Land und hüteten das Vieh. Alles, was sie für ihren Lebensunterhalt benötigten, stellten sie selbst her. Niemand aber war ein Spezialist auf einem Gebiet und ging nur einer bestimmten Tätigkeit nach. Dann aber vor rund 5000 Jahren machten die Bewohner von Mesopotamien eine bedeutende Entdeckung.

Sie fanden heraus, dass man Kupfer schmelzen und mit Zinn versetzen kann, und dass die daraus entstandene Bronze sehr gut bearbeitet werden kann. Einige spezialisierten sich und schmiedeten und formten Waffen. So entstand die erste Arbeitsteilung und natürlich auch der Anfang des Handels.

Das Handwerk hat sich nach dem Zweiten Weltkrieg stark gewandelt

„Gerade in einer Zeit, in der von den Besatzungsmächten und oft auch vom Staate nicht immer genügend Verständnis für das Handwerk aufgebracht wird, ist es von größter politischer und wirtschaftlicher Bedeutung, daß auch das Handwerk ein Publikationsorgan besitzt, das seine Interessen vertritt.“ Dies schrieben die Präsidenten des bayerischen Handwerks 1949 in der ersten Ausgabe der Bayerischen Handwerker-Zeitung. Die Redaktion sollte dieses Versprechen einlösen.

Im Jahr 1953 beschloss der Bundestag die Handwerksordnung und schrieb mit den Stimmen aller demokratischen Parteien die Existenz der Kammern, den Meisterbrief und die duale Ausbildung fest, 125 Berufe wurden dem Handwerk zugeschlagen. 2004 fiel die Meisterpflicht für 53 Gewerke. In den 1970er-Jahren stellten Gewerkschaften die duale Ausbildung infrage, in den 2000er-Jahren zog Brüssel den Meisterbrief in Zweifel. Solch schicksalhafte Auseinandersetzungen forderten das Handwerk stets aufs Neue herausund verlangten starke Nerven.

Schicksalsjahr 1968

Das zeigte sich vor allem im Schicksalsjahr 1968, als sich die Lehrlinge in den Betrieben erhoben. Der Aufstand der Azubis wurzelte im Selbstverständnis der Lehrherren nach dem Krieg. Mancher Handwerker führte seinen Betrieb mit harter Hand. Nach dem Krieg verstanden viele Meister die Lehre als „Erziehungsverhältnis mit arbeitsrechtlichem Einschlag“. Doch Fabrikhallen fegen, Kopfnüsse kassieren, Privatarbeiten für den Ausbilder verrichten: Das wollten sich die jungen Leute Ende der 1960er-Jahre nicht mehr bieten lassen.

Handwerksvertreter beobachteten die Proteste der Lehrlinge mit Sorge. So hieß es Jahreswechsel zum 1968/1969 in der Handwerker-Zeitung: „Wir haben auch erlebt, daß manche erstrebenswerten und berechtigten Erneuerungswünsche in unserer Gesellschaft allzu schnell in gewalttätigen Radikalismus und Anarchismus ohne festes Ziel außer dem der Zerstörung aller Werte umschlagen können.“ Die Arbeitgeber beließen es indes nicht bei Appellen. Sie beseitigten die gröbsten Ungerechtigkeiten in den Betrieben, so dass die Revolte der Azubis in sich zusammenfiel.

Industrielle Konkurrenz

Innerhalb weniger Jahre hatte das Handwerk sein Gesicht verändert. Die Maschinisierung verwischte die Grenzen zwischen Handwerk und Kleinindustrie. Konsumgüterhersteller wie Schneider, Bäcker, Metzger verloren an Bedeutung, Produktionsgüterhandwerke aus dem Metall- und Elektrobereich wuchsen. Doch der von Karl Marx im 19. Jahrhundert vorhergesagte, angeblich gesetzmäßige Niedergang des Handwerks angesichts industrieller Konkurrenz stellte sich nicht ein. Das Handwerk erwies sich als anpassungsfähig.

Forscher rechnen das Handwerk inzwischen zu den Gewinnern der ökonomisch-technologischen Revolution. Experten sagen: Der gesellschaftliche Status der Handwerker nimmt zu, während Büroangestellte in der digitalisierten Arbeitswelt an Bedeutung verlieren. Und das trotz oder mit KI und Digitalisierungshochzeit. Deutsche Handwerkszeitung / cr


Das Handwerk in Zahlen

Das Handwerk bildet den Kern der Wirtschaft. Aktuell sind 1.032.374 Betriebe in die Handwerksrollen und in das Verzeichnis des handwerksähnlichen Gewerbes eingetragen. Dort arbeiten rund 5,6 Millionen Menschen, ca. 350.000 Lehrlinge erhalten eine Ausbildung. 12,3 Prozent aller Erwerbstätigen und 28,7 Prozent aller Auszubildenden im Handwerk tätig. zdh.de

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