Hat das Stadtmuseum Strausberg illegale Bestände aus Müncheberg oder nicht? Antwort auf die kürzlich in einem Zeitungsbeitrag gestellte Frage gab es bei einer Veranstaltung in der Strausberger Einrichtung. Mike Hille, ehrenamtlicher Bodendenkmalpfleger aus Buchholz, hielt dort einen Vortrag über seine mehrjährige Recherchearbeit im urund frühgeschichtlichen Fundus des Hauses. Der Nachmittag war komplett ausgebucht.
Seit 2012 ist der Buchholzer denkmalpflegerisch tätig. Ein Spaziergang in der Nähe des Dorfs hatte seine historische Neugier geweckt. Er absolvierte einen zweijährigen Lehrgang, konnte fortan als Bodendenkmalpfleger wirken. Vom Regionalhistoriker Rolf Barthel bekam Hille ein Buch über Oberbarnimer Funde geschenkt. Er las darin, dass es auch bei Gielsdorf ein Gräberfeld gegeben hatte. Und auch, dass Funde im Strausberger Museum zu sehen seien. Also wollte er sie in Augenschein nehmen. 2017 schaute er sich dort um. Fand einiges in Vitrinen und bekam die Auskunft, dass noch viel mehr im Keller lagere. Einiges nicht sonderlich gut verstaut, wie er feststellte. Er bot sich an, die Stücke gemeinsam zu sichten. Rund zwei Jahre folgten, in denen mit Unterstützung der Museumsleitung und Mitarbeiter alles herausgeholt, fotografiert, vermessen, beschrieben und katalogisiert wurde. Unter anderem Funde aus der Bramer Siedlung - dem heutigen Ortsteil Schillerhöhe. Manches fand sich in alten Dokumenten, anderes passte nicht, war zum Teil doppelt nummeriert oder mit Fundorten oder gar Beschreibungen deklariert, die nicht stimmen konnten.
Als exemplarische Beispiele stellte er eine slawische Schale und eine bronzene Scheibenkopfnadel vor, erstere aus dem Raum Lebus, die Nadel aus Buckow. Dass deren Herkunft nun geklärt ist, ist einem Zufall zu verdanken. Denn bei einem Besuch im Oderland-Museum in Bad Freienwalde bei Reinhard Schmook fiel Hille dort auf dem Tisch ein alter Katalog des einstigen Lebuser Kreismuseums in Müncheberg ins Auge. Der war wie zwei andere Kataloge zuvor in einer alten Truhe verstaut, die der Müncheberger Heimatkundler Klaus Stieger 1998 vom Museum Viadrina erhalten hatte für eine neue Sammlung in seinem Ort. Nach Stiegers Tod wurde sie dem Museum in Bad Freienwalde vermacht.
Mit Hilfe dieser Aufzeichnungen ließ sich ein Teil der Strausberger Stücke dem Lebuser Museum in Müncheberg zuordnen. Das Haus in der früheren Brennerei des Gutshofes vor den Stadttoren war in den letzten Tagen des zweiten Weltkriegs zerstört worden, wurde später dem Erdboden gleichgemacht. Wahrscheinlich hätten Privatleute die Stücke nach Strausberg gebracht, weil es dort noch Räume dafür gab, vermutet Hille. Ende der 1950er-Jahre habe es eine Aufforderung an den Strausberg Museumsdirektor gegeben, das Inventar nach Frankfurt (Oder) ins Bezirksmuseum zu bringen, doch das war nicht passiert. Da Mitte der 1960er im damaligen Kreisheimatmuseum auch Inventarbücher für ungültig erklärt und unübersichtlich und fehlerhaft neu angelegt wurden, gab es zunächst Spekulationen, dass hier illegales Tun verschleiert werden sollte. Doch inzwischen ist auch ein offizieller Leihvertrag für die Stücke aus Müncheberg gefunden worden. ,,Darin ist verankert, dass sie so lange in Strausberg verbleiben sollen, bis es in Müncheberg ein neues Museum gibt", erklärt die neue Strausberger Museumsleiterin Juliane Günther-Szudra. Hille beurteilte jedenfalls positiv, dass Fundstücke aus der Region in der Region für die Öffentlichkeit zugänglich blieben. ,,Vieles liegt vielleicht noch irgendwo in Kisten, die bislang noch gar nicht geöffnet wurden", kann er sich vorstellen. Eine Handvoll Mitglieder aus dem Müncheberger Heimatverein, die Hilles Vortrag beiwohnten, gaben bei der Gelegenheit zu Protokoll, von Stieger nicht in etwaige Vermutungen eingeweiht gewesen zu sein.
Hille sprach auch von einem ,,Zwischenstand". Er hat 2022 den alten Katalog mit fast 1000 Einträgen aus altdeutscher Kurrent-Schrift in Latein übersetzt, recherchiert, was noch vorhanden ist und Fundorte verifiziert. Sein Urteil: Das Museum in Müncheberg besaß eine bedeutende vorgeschichtliche Sammlung, die fachmännisch betreut und beispielhaft geführt wurde. Er hält zudem eine Grabung am früheren Standort für sinnvoll, weil dort noch einiges an Artefakten verborgen sein dürfte.