Von kurios bis kriminell

Schwedt aktuell

Von kurios bis kriminell

Neu erschienen ,,Schwedter Geschichte(n) 1922“ heißt eine druckfrische Broschüre des Heimatvereins. Erstmals ausgegeben wird sie auf der Messe Inkontakt am 3. September.

Amtsgericht Schwedt: Viele spannende Geschichten aus der Historie des Hauses sind in der neuen Publikation des Heimatvereins nachzulesen. Foto: Eva-Martina Weyer

21.08.2022

Ein besonderer Kriminalfall hat 1929 ganz Schwedt erschüttert. Die kleine Stadt an der Oder hatte damals drei Zahnärzte. Einer von ihnen, Dr. Fritz Gutmann, praktizierte seit 1919 in Schwedt. Weil er in finanzielle Schwierigkeiten geraten war, soll er seine Frau umgebracht haben, um an die Lebensversicherung zu kommen. Diese Geschichte um seine Verhaftung, die Schwurgerichtsverhandlung in Prenzlau und das Urteil ist in der neuen Broschüre „Schwedter Geschichte(n) 1922“ nachzulesen. Der Heimatverein hat sie soeben für alle Interessenten der Regionalgeschichte herausgegeben. Zu den Autoren der Broschüre gehören unter anderem Mitglieder des Heimatvereins, aber auch Geschichtswissenschaftler.

Historie zum Schmökern

In elf Abhandlungen machen die Autoren das Leben von Schwedter Persönlichkeiten nachvollziehbar und erinnern an museale Schätze wie die Prunkuhr und das Barock-Gemälde von Kurfürstin Dorothea von Brandenburg.

Der Schwedter Heimatforscher Harald Sichtig hat den aufwändig recherchierten Beitrag über den Kriminalfall Gutmann aufgeschrieben. Sogar ausländische Zeitungen haben damals über den Prozess berichtet, der im Sommer 1930 stattfand. Die Staatsanwaltschaft hatte 17 medizinische Sachverständige und 50 Zeugen einbestellt. Im Prozess wurden auch die Geschehnisse um den mysteriösen Tod seiner ersten Ehefrau am 22. Dezember 1922 aufgerollt. Letztendlich wurde Gutmann zu lebenslanger Haft verurteilt. Er kam aber im KZ Auschwitz um, in das er 1942 überführt worden war.

Symbol für Staatsgewalt

Nicht weniger spannend sind die Fakten, die der Historiker Dr. Lutz Libert in seinem Beitrag über das Schwedter Amtsgericht darlegt. Die Stadt soll ursprünglich gar kein Interesse an einem eigenen Amtsgericht gehabt haben. Angermünde war da schlauer, bot einen eigenen Standort an und übernahm sogar die Kosten für den Bau des Gerichtsgebäudes. Am 1. Oktober 1850 nahm das Kreisgericht in Angermünde seine Tätigkeit auf. Erst 1896 begann der Bau eines eigenen Gerichtsgebäudes in Schwedt. Es steht noch heute am Vierradener Platz und ist ein zweigeschossiger Ziegelbau im neogotischen Stil. „Vor allem der vorgesetzte Eingangsbereich mit dem zinnenartig abgestuften Schaugiebel symbolisierte die hier ausgeübte Staatsgewalt“, schreibt Lutz Libert.

Im Gebäude des Amtsgerichtes war auch ein Gefängnis untergebracht. Besonders kriminell muss es in Schwedt nicht zugegangen sein. Denn von 1915 bis 1920 stand das Gefängnis leer. Deshalb konnten 25 Insassen aus anderen Haftanstalten nach Schwedt verlegt werden. Wer wissen will, wie es nach dem Zweiten Weltkrieg mit dem Gerichtsgebäude weiterging und warum Schwedt Mitte der 1960er Jahre eine Spitzenstellung in der Kriminalität einnahm, der möge sich in den Beitrag von Lutz Libert vertiefen.

Premiere am 3. September

Zahlreiche Fotografien und Abbildungen in der Broschüre machen die Geschichten über Schwedt anschaulich. Das Vorwort hat Daniela Höppner geschrieben, die neue Vorsitzende des Heimatvereins, die 1978 in Schwedt geboren wurde.

Die „Schwedter Geschichte(n) 1922“ werden der Öffentlichkeit erstmals auf der Regionalmesse Inkontakt am ersten September-Wochenende präsentiert. Dort ist das Heft am Stand des Heimatvereins zu haben. Danach wird das 112 Seiten umfassende Werk auch in der Verlagsbuchhandlung „Ehm Welk“, beim Verein MomentUM, im Stadtmuseum und natürlich auch weiterhin beim Schwedter Heimatverein erhältlich sein. Eva-Martina Weyer

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