Einzug von Mietern Ende 2022 geplant

Richtfest Kieslinghaus

Einzug von Mietern Ende 2022 geplant

Romy Schneider (I.) und Annekathrin Tschäpe übergeben dem Bauherrn Thomas Erbs die Figur „Die Tänzerin“, die aus den Trümmern gerettet wurde. Foto: Rene Matschkowiak

28.05.2022

Baudenkmal Bauunternehmer Thomas Erbs strahlte beim Richtfest für das Kießlinghaus in der Leipziger Straße über das ganze Gesicht. Jahrzehntelang fand sich kein Investor, behinderten unklare Eigentumsverhältnisse den Verkauf und eine Sanierung. Jetzt ist das Baudenkmal gerettet. Seit Mai 2021 lässt die E&R-Grundstücksgesellschaft OHG aus Genthin das Gebäude sanieren.

Von 1922 bis 1924 war das Gebäude nach Entwürfen von Martin Kießling für die Eisenbahndirektion Osten als Wohnhaus mit expressionistischen Schmuckelementen errichtet worden. Nach einem Großbrand 1991 zogen die letzten Mieter aus. 1994/1995 besetzten Jugendliche das Gebäude, um sich für die Instandhaltung einzusetzen. Zu diesem Zeitpunkt gehörte das Kießlinghaus noch der Bahn. Ab 1998 war dann eine Immobiliengesellschaft aus Hessen Eigentümerin, ließ das Haus jedoch verfallen.

„Ich bin damals jeden Tag an dem Haus vorbeigefahren und habe mich über den Anblick geärgert“, erinnert sich Romy Schneider. 2002 gründete sie eine Bürgerinitiative. Daraus entstand 2003 der Verein „DenkMal Kießlinghaus“. Romy Schneider und mit ihr viele Mitstreiter rückten die Immobilie wieder in den Fokus der Öffentlichkeit. Besonders brenzlig war die Lage 2014. Damals starb der Geschäftsführer der Eigentümergesellschaft, Erben gab es keine. Es drohte der Abriss. Die Vereinsmitglieder protestierten mit Erfolg. Wie es weitergehen sollte, war weiter ungewiss. Nachdem das Gebäude 2015 an das Land Hessen fiel, tat sich - abgesehen von provisorischen Sicherungsarbeiten durch die Stadt - nichts.

Bis 2020 Thomas Erbs das Haus und das Grundstück erwarb. Seit Mai 2021 läuft die Arbeit am Kießling-Großprojekt. „Hätten wir noch ein Jahr gewartet, wäre alles in sich zusammengefallen“. Erbs und die Mitgesellschafter der OHG gingen ein großes Risiko ein. Das Haus war voller Müll und es bestand Einsturzgefahr.

In enger Abstimmung mit dem Denkmalschutz folgten der Rückbau in einen rohbauähnlichen Zustand und der Wiederaufbau der Dachstühle. Auch die Sanierung der Fassade soll sich am historischen Vorbild orientieren. Im Bestandsgebäude entstehen 24 Mietwohnungen mit zwei bis vier Zimmern, ausgestattet mit Fußbodenheizungen und Balkonen.

In der Leipziger Straße 198 sind die Arbeiten am weitesten fortgeschritten. Trotz Corona, Krieg und Baustoffkostensteigerung „will ich schon, dass die ersten Wohnungen zum Jahresende belegt werden“, sagt Thomas Erbs. Auch der Startschuss für den Neubau - eine Rekonstruktion des verlorenen Kopfbaus - steht bald bevor.

Geplant sind sechs barrierefreie Eigentumswohnungen. Ende 2023 will Thomas Erbs fertig sein. Mehr als fünf Millionen Euro, finanziert über Kredite und aus Eigenmitteln, fließen in das Bauvorhaben. thg/ms