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Recht & Steuern

Silke Schaffer-Nitschke: Erben - was ist gerecht?

Zwischen gesetzlicher Garantie und familiären Erwartungen

Silke Schaffer-Nitschke   Rechtsanwältin

18.11.2025

Art. 14 GG regelt die sog. Erbrechtsgarantie. Sie besagt, dass Vermögen privat über den Tod hinaus übertragen werden kann und nicht dem Staat zufällt. Das ist Testierfreiheit. Jeder kann mit seinem Vermögen verfahren, wie es ihm beliebt. Erblasser müssen daher weder an die nächsten Angehörigen denken noch ihr Vermögen gleichmäßig verteilen. Wer sich mit diesem Thema beschäftigt, wird feststellen, dass es durchaus Erwartungshaltungen von Angehörigen gibt, die nicht mit den Vorstellungen der Eltern übereinstimmen.

So stellt sich die Frage, warum mit Kindern über Testamentserrichtungen überhaupt gesprochen wird. Manch einer glaubt, durch Klarheit Streit unter Kindern zu vermeiden. Häufig soll alles gerecht verteilt werden. Doch was ist gerecht? Aus Sicht der Erblasser ist es manchmal gerecht, demjenigen, der sich in den letzten Lebensjahren weitaus mehr um die Eltern gekümmert hat oder es etwas schwerer im Leben hatte, höher zu bedenken als andere Abkömmlinge.

Manch einer hat lebzeitig Schenkungen erhalten, was ausgeglichen werden soll. Andere wiederum haben zu einem Kind ein besonderes Näheverhältnis. Manchmal gelingt es auch nicht, Vermögen gleich zu verteilen, weil es wie bei Immobilien nicht teilbar ist. Aus Sicht der Kinder hat Gerechtigkeit häufig eine andere Definition. 

Lebt z.B. eines der Kinder weit ab vom Wohnort der Eltern und kann sich nicht um Eltern kümmern, empfinden es diese häufig ungerecht, wenn sie im Erbfall vermeintlich nur wegen dieser Distanz weniger bedacht werden. Ich ermutige Mandanten, sich nicht von Kindern bei Testamentserrichtungen beeinflussen zu lassen, sondern sich ihrer Testierfreiheit bewusst zu sein. Es besteht keine Rechenschaftsverpflichtung. Im Erbfall kann es natürlich sein, dass sich der ein oder andere ungerecht behandelt fühlt und dann mit dem Erben oder Miterben Auseinandersetzungen, teilweise auch nur aus Prinzip führt. 

Was schon zu Lebzeiten brodelte wird emotional in die Erbauseinandersetzung getragen und stellt auch Fachanwälte für Erbrecht vor besondere Herausforderungen. Wir als Anwälte haben die Aufgaben, im Rahmen rechtlicher Möglichkeiten Pflichtteilsansprüche durchzusetzen, abzuwehren oder Erbengemeinschaften auseinanderzusetzen. Die Aufarbeitung von Familiengeschichten fällt zweifelsohne in das Fachgebiet anderer Spezialisten, dennoch - wissen wir um die durchaus schwierigen Konstellationen.
Silke Schaffer-Nitschke 
Rechtsanwältin und Fachanwältin für Erbrecht

Rechtsanwältin Silke Schaffer-Nitschke hält regelmäßig Vorträge zu erbrechtlichen Themen.
Am 26.11.2025 um 18.00 Uhr referiert sie im Gelben Salon im Fontane Klub (Ritterstr. 69, 14770 BRB) zum Thema: Was Eheleute im Erbrecht wissen sollten. Die Veranstaltung ist kostenfrei. Eine Anmeldung ist unter der Tel. Nr. 03381 22 72 99 erforderlich. Anmeldungen per E-Mail sind nicht möglich. Näheres unter: www.kanzlei-nitschke.de


Schäden durch kranke Straßenbäume

Das Land Brandenburg ist für seine zahlreichen Alleen und mit den Alleebäumen im Zusammenhang stehenden Unfällen bekannt. Anders als bei den oft von Fahrern selbst verschuldeten Zusammenstößen mit Alleebäumen können von Straßenbäumen direkt Schäden an Personen und Fahrzeugen verursacht werden. 

Grund für solche Schäden sind oft herabstürzende Äste oder gar umfallende Bäume. Für den Geschädigten ist es dann oft schwierig, Schadenersatz zu erhalten. Ansprechpartner für zu stellende Schadenersatzforderung ist zunächst die Gemeinde oder das Land, welcher oder welchem die Verkehrssicherungspflicht an dem betreffenden Baum oblag.

Streitpunkt ist dann, ob die Gemeinde ihrer Verkehrssicherungspflicht erfüllt hat oder nicht. Denn nicht für jeden Unfall oder Schaden muss die Gemeinde bzw. das Land haften. Wenn sich ein "normales“ Lebensrisiko verwirklicht, muss der Geschädigte dann damit leben und bleibt auf seinem Schaden sitzen. 

Der BGH hat in einem älteren Fall entschieden, wann ein Geschädigter seinen Schaden von der Gemeinde ersetzt verlangen kann. Zunächst geht der BGH davon aus, dass die Gemeinde ihre Verkehrssicherungspflicht erfüllt, wenn sie die Straßenbäume zweimal im Jahr, einmal im belaubten und einmal unbelaubten Zustand auf deren Stand- und Bruchsicherheit überprüft. Wie intensiv die Kontrolle dabei zu erfolgen hat - bloße Sichtkontrolle vom Boden aus oder ob zur Kontrolle ein Hubwagen zu verwenden ist - wird von den Gerichten unterschiedlich beurteilt und hängt von verschiedenen Faktoren ab. 

Unternehmen aus der Region

Doch selbst wenn der Gemeinde oder dem Land ein Verstoß gegen Ihre Verkehrssicherungspflichten vorgeworfen werden kann, heißt das noch nicht, dass der Geschädigte seinen Schaden ersetzt bekommt. Der Geschädigte muss nämlich auch nachweisen, dass der begangene Pflichtverstoß, also die unterlassene ordnungsgemäße Kontrolle der Bäume, ursächlich für seinen Schaden war. 

So wurde vom BGH in einem Fall entschieden, dass der Geschädigte trotz Pflichtenverstoß der Gemeinde keinen Schadenersatz erhält, da der Ast aufgrund eines Sturmes heruntergefallen sei, was gegebenenfalls auch durch eine ordnungsgemäße Kontrolle nicht hätte vermieden werden können. Es zeigt sich, dass es für den Betroffenen zwar nicht immer leicht sein wird, seinen Schaden von der öffentlichen Hand ersetzt zu bekommen, aber es ist auch nicht unmöglich. Gegebenenfalls sollte sich der Geschädigte eines Rechtsanwaltes bedienen, dessen Kosten die Gemeinde übernehmen wird, soweit sie für den Schaden haftet.



Andreas Lau
Fachanwalt für Familienrecht