Recht & Steuern

Elternrecht und Kindeswohl: Bundesverfassungsgericht stärkt Umgangsrecht

Das BVerfG entschied am 28.08.2025 in zwei Fällen zur Grenze zwischen Elternrecht und Kindeswohl bei Umgangsausschluss – mit differenzierten Maßstäben

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28.10.2025

Das Bundesverfassungsgericht hat sich in zwei aktuellen Entscheidungen vom jeweils 28.08.2025 - 1 BvR 316/24 und 1 BvR 810/25 dazu geäußert, wann der gerichtlich angeordnete Ausschluss des Umgangs eines Elternteils mit seinem minderjährigen Kind grundgesetzlich geschützte Elternrechte verletzt und wann noch nicht.

In dem Verfahren zum Aktz. 1 BvR 316/24 wurde die Regelung des Umgangs des Vaters mit dem 15-jährigen Kind auf Grund des entgegenstehenden Willens des Kindes vom Oberlandesgericht nicht für erforder-lich gehalten. Das Kind wollte selbst spontan entscheiden, wann es seinen Vater sehen wolle, jedoch nicht regelmäßig hierzu verpflichtet werden. Nach der Auffassung des Oberlandesgerichtes lagen zwar die Voraussetzungen für einen Umgangsausschluss nicht vor, allerdings sei das Bestreben des Kindes nach Autonomie und Selbstbestimmtheit zu berücksichtigen und deshalb eine Umgangsregelung nicht erforderlich.

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Das Bundesverfassungsgericht hat keine Verletzung des Elterngrundrechtes feststellen können. Die Ablehnung einer Regelung auf Umgang durch das Gericht kann zwar einem Umgangsausschluss gleichkommen und daher in das Eltern-recht unangemessen eingreifen. Die Nichtregelung des Umgangs ist eine besondere Art der Ausgestaltung des Umgangs, nämlich die Umgänge auf freiwillige Entschließung eines zur entsprechenden Willensbildung befähigten Kindes beruhen zu lassen. Das Eltern-grundrecht sei angemessen berücksichtigt, wenn die Entscheidung des Gerichtes am Kindeswohl ausgerichtet ist. Die Nichtberücksichtigung des Willens des 15jährigen Kindes und die dadurch verbundene Erfahrung der Missachtung der eigenen Persönlichkeit des Kindes hätte zu Entwicklungsgefahren geführt und unter Umständen mehr Schaden als Nutzen verursacht.

Im zweiten Fall zum Aktz. 1 BvR 810/25 strebte die Mutter eines noch jungen Schulkindes in mehreren Umgangsverfahren die gerichtliche Regelung an, wobei das Familiengericht die Anträge als Anregung verstand und bereits mehrfach „derzeit abgewiesen“ hat. Umgänge sollten nach Überzeugung des Gerichts nur in begleiteter Form stattfinden zur Abwendung einer Kindeswohlgefährdung. Die Kindesmutter wollte jedoch weiterhin ausschließlich unbegleiteten Umgang wahrnehmen. Grundsätzlich könne ein Umgangsverfahren ohne Umgangsre-gelung beendet werden, ohne dass dies mit dem Elterngrundrecht eines Elternteils unvereinbar wäre. In diesem Fall ergaben sich jedoch verfassungsrechtliche Bedenken.

Das Oberlandesgericht hatte die Kindeswohlgefährdung bei der Ausübung der von der Mutter angestrebten unbegleiteten Umgänge nicht in genügender Weise festgestellt.

Weiterführende Informationen gern bei Rechtsanwältin Eve Neugaertner, auch Fachanwältin für Familienrecht, Neuruppin


Pflichtteilsentziehung

Jeder Erblasser kann in einem Testament oder Erbvertrag diejenigen Personen einsetzen, die seine Erben werden sollen. Ebenso kann er auch diejenigen benennen, die keine Erben werden sollen. Das Gesetz hat für den Fall, dass der Erblasser keinen abweichenden Willen in einem Testament oder Erbvertrag regelt, festgelegt, wer Erbe in welcher Reihenfolge werden soll, sog. gesetzliche Erbfolge.

Dabei hat der Gesetzgeber auch dem Ehegatten sowie den Abkömmlingen (Kindern /Enkeln/ Urenkeln) oder den eigenen Eltern ein Pflichtteilsrecht zugeteilt, für den Fall, dass diese gesetzliche Erben wären und durch den Erblasser enterbt wurden. Die Enterbung eines Pflichtteilsberechtigten hat also zur Folge, dass diese ihren Pflichtteil von den Erben verlangen können.

Das Gesetz hat aber für den Fall das bestimmte Gründe vorliegen, die Möglichkeit geschaffen, dass der Erblasser dem Pflichtteilsberechtigten den Pflichtteil entziehen kann.

Die gesetzlichen Gründe sind:
1. dem Erblasser, dem Ehegatten des Erblassers, einem anderen Abkömmling oder einer dem Erblasser nahe stehenden Person nach dem Leben trachtet,
2. sich eines Verbrechens oder eines schweren vorsätzlichen Vergehens gegen eine der in Nummer 1 bezeichneten Personen schuldig macht,
3. die ihm dem Erblasser gegenüber gesetzliche Unterhaltspflicht böswillig verletzt oder
4. wegen einer vorsätzlichen Straftat zu einer Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr ohne Bewährung rechtskräftig verurteilt wird und die Teilhabe des Abkömmlings am Nachlass deshalb für den Erblasser unzumutbar ist. Gleiches gilt, wenn die Unterbringung des Abkömmlings in einem psychischen Krankenhaus oder in einer Entziehungsanstalt wegen einer ähnlich schwerwiegenden vorsätzlichen Tat rechtskräftig angeordnet wird.

Für eine Entziehung des Pflichtteils nach Nummer 4 muss zur Zeit der Errichtung des Testaments die Tat begangen sein und der Grund für die Unzumutbarkeit vorliegen. Beides muss in der Verfügung angegeben werden. Die Entziehung des Pflichtteils kann nur durch den Erblasser in einem Testament oder einen Erbvertrag erfolgen. Dabei muss der Grund der Entziehung in der Verfügung angegeben werden. Der bloße Bezug auf das Gesetz oder die Wiederholung des Gesetzestextes reicht nicht aus.

Juliane Böhm Fachanwältin für Erbrecht und Verkehrsrecht, Neuruppin und Wittenberge