Jahrzehntelang war das Berliner Testament das Maß aller Dinge. Seit einigen Jahren verstärkt sich wegen der gestiegenen Immobilienpreise die Furcht vor der Erbschaftsteuer. Das Bedürfnis nach einer letztwilligen Regelung unter Ausnutzung möglichst vieler und möglichst hoher Erbschaftsteuerfreibeträge wächst. In der Folge entscheiden sich viele Menschen dafür, neben dem Ehegatten die Kinder in die testamentarische Erbfolge einzubeziehen. So entsteht ganz automatisch eine Erbengemeinschaft.
Im deutschen Erbrecht herrscht das Prinzip der Gesamtrechtsnachfolge, d.h. das gesamte Vermögen des Verstorbenen geht auf den oder die Erben über. Wenn es mehrere sind, müssen diese den Nachlass gemeinsam auseinandersetzen.
Dabei wird der Nachlass entsprechend den Erbquoten aufgeteilt. Bei teilbaren Gegenständen (z.B. Bankguthaben) ist dies selten problematisch. Wenn ein Erbe durch Zuweisung eines nicht teilbaren Gegenstandes (z.B. Immobilie) einen überquotalen Anteil erhält, wird eine Ausgleichszahlung geleistet. Anderenfalls wird der unteilbare Gegenstand veräußert bzw. teilungsversteigert und der Erlös geteilt. Und spätestens dann fangen meistens die Probleme an, weil ein Erbe die Immobilie übernehmen möchte, aber die Ausgleichszahlung nicht leisten kann oder will.
Oder ein Miterbe ist vor oder nach dem Erbfall in die Nachlassimmobilie eingezogen, und die Miterben streiten darüber, wer für welche Kosten im Zusammenhang mit der Immobilie aufzukommen hat. Hier kann es ratsam sein, einen Testamentsvollstrecker – der auch einer der Erben sein kann – einzusetzen, der die Verwaltung bzw. die Abwicklung des Nachlasses vornimmt.
Die FAZ hat schon wiederholt getitelt „Erbengemeinschaften sind der Vorhof zur Hölle.“ Dies muss aber nicht so sein.
Fazit: Bei kleineren Nachlässen ist eine Erbengemeinschaft häufig steuerlich nicht erforderlich. Bei umfangreichem Nachlass mag sie sinnvoll sein. Hier sollte der Erblasser auf eine Regelung der Verwaltung oder Abwicklung achten.
Agnes D. Wendelmuth
Rechtsanwältin
Fachanwältin für Erbrecht
Fachanwältin für Familienrecht
Deutsche Topanwältin laut FOCUS-Listen 2013 bis 2024.
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