Haftet betrunkener Beifahrer mit?

Recht & Rechtsschutz

Haftet betrunkener Beifahrer mit?

Finger weg vom Alkohol am Steuer: Aber auch der Beifahrer behält besser stets einen noch klaren Kopf. Foto: Andreas Arnold/dpa/dpa-mag

25.04.2022

Wer sich neben einen betrunkenen Autofahrer setzt, haftet für seine erlittenen Verletzungen nach einem Verkehrsunfall mit - in der Regel zu einem Drittel.

Dass ein Beifahrer selbst erheblich alkoholisiert war, ändert daran nichts. Das zeigt ein Urteil (Az.:7 U 2/20) des Oberlandesgerichts Schleswig, auf das die Arbeitsgemeinschaft Verkehrsrecht des Deutschen Anwaltvereins (DAV) hinweist.

Im konkreten Fall ging es um einen Mann, der am Nachmittag des Unfalltages mit dem späteren Fahrer bereits erhebliche Mengen an Alkohol getrunken hatte. Beide arbeiteten am Garagentor des Fahrers und fuhren anschließend mit dem Auto in eine Gaststätte.

Schwerer Unfall am frühen Morgen

Frühmorgens fuhren die beiden mit dem Auto los, der spätere Kläger als Beifahrer. Die Fahrt endete bei überhöhter Geschwindigkeit in einem Aufprall auf ein landwirtschaftliches Fahrzeug. 

Beim Fahrer wurden 1,68 Promille ermittelt, beim Beifahrer 1,71 Promille. Dieser erlitt beim Unfall schwerste Verletzungen und konnte auch nach   langer stationärer Behandlung nicht mehr als selbstständiger Metallbauer arbeiten. Zunächst zahlte die Versicherung des Fahrers ein Schmerzensgeld von 30 000 Euro sowie weitere 10 000 Euro als frei verrechenbaren Vorschuss.

Der Mann forderte, auch aufgrund erlittener Dauerschäden, insgesamt 95 000 Euro. Die Versicherung warf dem Mann vor, gewusst oder zumindest erkannt zu haben, dass der Fahrer betrunken war. Auch hätte er zum Zeitpunkt des Unfalls keinen Gurt getragen.

Für ein Drittel muss der Geschädigte selbst haften

Der Mann brachte ein, er hätte nicht bemerkt, dass der Fahrer betrunken gewesen war. Er sagte aus, er hätte sich die meiste Zeit in der Gaststätte in deren Toilette mit Magen-Darm-Problemen befunden. Gerichte mussten klären.

Das Landgericht gab dem zum Teil statt. Der Mann musste sich ein Mitverschulden von einem Drittel anrechnen lassen, so dass ihm nur weitere rund 43 000 Euro zustanden. Und künftiger Schaden sei auch nur zu zwei Dritteln zu ersetzen. Dass der Kläger nicht angeschnallt war, sah das Gericht als erwiesen an. Außerdem habe er gegen die Eigensorgfalt verstoßen, als er zu dem Betrunkenen einstieg. Dass er selbst ebenfalls alkoholisiert war, stand demnach seiner Mitschuld nicht entgegen.

Zu betrunken, um die Fahruntauglichkeit des Fahrers zu erkennen

Als weitere Instanz bestätigte das Oberlandesgericht das Urteil. Die Untersuchungen eines Sachverständigen untermauerten: Der Kläger war nicht angeschnallt gewesen. Auch das Eigenverschulden wurde bekräftigt, da der Mann bei einem «erkennbar betrunkenen Fahrer» ins Auto stieg.

Daran änderte auch der Einwand nichts, aufgrund der eigenen starken Alkoholisierung nicht die des Fahrers erkannt haben zu wollen. Das wertete das Gericht als fahrlässig. Er habe sich durch den Alkoholkonsum in einen Zustand versetzt, in dem man nicht mehr über die zum Selbstschutz erforderliche Einsichtsfähigkeit verfüge. dpa


Schluss mit langer Laufzeit: Handy-Verträge sind leichter kündbar

Was bei Handyverträgen schon seit dem vergangenen Jahr gilt, greift jetzt auch für viele andere Laufzeitverträge: Wer zum Beispiel ein neues Fitnessstudio- oder Streamingdienst-Abo abschließt, kann seinen Vertrag nach Ablauf der Mindestvertragslaufzeit monatlich kündigen.

Eine automatische Vertragsverlängerung gleich um ein ganzes Jahr, ohne vorzeitige Kündigungsmöglichkeit, ist gesetzlich nicht mehr zulässig. Das teilt die Verbraucherzentrale Niedersachsen mit.

Die Neuerung des Faire-Verbraucherverträge-Gesetzes gilt für alle seit dem 1. März abgeschlossenen Neuverträge, die die regelmäßige Lieferung von Waren oder die regelmäßige Erbringung von Dienst- oder Werkleistungen umfassen.

Verbraucherinnen und Verbraucher sollten vor Vertragsschluss prüfen, ob die Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) der neuen Rechtslage entsprechen, rät Christopher Vernon, Rechtsexperte der Verbraucherzentrale Niedersachsen. „Enthalten die AGB die Neuerung nicht, können Betroffene den Anbieter darauf hinweisen und eine Anpassung fordern.“ Zwar seien anderslautende Klauseln letztlich ungültig, die Anpassung könne aber einen späteren Rechtsstreit vermeiden. dpa